Manchmal können Kleinigkeiten große Streitigkeiten auslösen – selbst Betonsockel. An Bahnhöfen stehen sie als Fundament für Fahrkartenautomaten. Im Beton liegt ein Leerrohr und „wenn wir Glück haben, ein funktionstüchtiges Elektrokabel.“ So beschreibt es Martin Hörl.
Er ist Geschäftsführer der Transdev Vertrieb GmbH mit Sitz in Leipzig. Das Unternehmen hat die Ausschreibung des Landes für den stationären Fahrkartenverkauf im Südosten Baden-Württembergs gewonnen. Damit geht der Verkauf nach Jahrzehnten von der DB Vertrieb an ein anderes Unternehmen. Das betrifft 123 Standorte mit etwa 180 Automaten – auch den Bodenseekreis. Wie so oft bei Erbschaften kommt es auch hier bei der Übergabe des Bestands zu Differenzen.
In diesem Zusammenhang wirft Martin Hörl der DB Vertrieb vor, ein schlechter Verlierer zu sein. Statt wie bisher 2000 Euro verlange das Unternehmen 7000 Euro je Fahrkartenautomatenfundament. So schreibt er es in einem Beitrag im Sozialen Netzwerk Linkedin. Dort macht er seinem Ärger Luft. Er schreibt: „Kaum zehn Wochen nach Abschluss der letzten Vereinbarung erreichte uns ein mit ‚Angebot‘ überschriebenes Schreiben, in welchem die DB Vertrieb für ein neues Projekt eine Preiserhöhung um 350 Prozent ankündigte.“ Dieses Projekt betrifft auch die Übernahme der Haltestellen am Bodenseekreis.
Enorme Preissteigerung
Von den etwa 180 Automaten stehen 35 Automaten im Bodenseekreis. Bei einem Preispunkt von 7000 Euro für jeden ersten Automatensockel und 3000 Euro für jedes weitere Fundament wäre das ein Kostenpunkt von 197.000 Euro. Allein die beiden Sockel in Überlingen tragen, Stand jetzt, also ein Preisschild von 10.000 Euro. In Friedrichshafen Stadt stehen gleich sechs Sockel. Beim laut Hörl bisherigen Preis von 2000 Euro wären es für sämtliche Automaten im Bodenseekreis lediglich 70.000 Euro gewesen.

Kein Kommentar
Den neuen Preispunkt habe die DB mit der allgemeinen Preissteigerung begründet, sagt Hörl. Die Bahn beantwortet in diesem Zusammenhang keine der Anfragen des SÜDKURIER und lässt lediglich wissen: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu internen Vertragsangelegenheiten nicht öffentlich äußern“, teilt das Unternehmen über eine Pressesprecherin mit. Der Vereinbarungsentwurf der DB Vertrieb selbst liegt dieser Zeitung allerdings vor und bestätigt die Kostenpunkte.

Hat das Konsequenzen für die Passagiere?
Was bedeutet das für die Übernahme des stationären Fahrkartenverkaufs? Martin Hörl sagt dazu: „Das Schlimmste, was passieren könnte, ist, dass es zu Verzögerungen kommt“. Die DB Vertrieb habe ihm zufolge angekündigt, notfalls die Fundamente zurückzubauen. Transdev als neuer Anbieter könne dann eigene Fundamente errichten. Dann wäre die Übernahme kaum bis Ende des Jahres zu schaffen.
„Die Migration wird vermutlich stattfinden wie geplant“, sagt der Geschäftsführer im Gespräch mit dem SÜDKURIER. „Wir bauen unsere Automaten auf, komme, was wolle.“ Seine Firma habe einen Zehn-Jahres-Vertrag, die Ausgaben werden sich über die Zeit amortisieren, auch wenn der erwartete Gewinn vorerst geringer ausfalle. Aber: „Es wäre für den Vertriebswettbewerb schädlich, wenn die Bahn einfach Preise aufrufen kann, wie sie will, und so Mitbewerber aus dem Geschäft drängt.“ Hörl will deshalb gegen die Preissteigerung übers Kartellamt oder die Bundesnetzagentur vorgehen.
Was sagt das Verkehrsministerium?
Die Übernahme der Automatensockel sei grundsätzlich zwischen aktuellem und zukünftigem Eigentümer zu organisieren, schreibt Benjamin Hechler, Pressesprecher des Verkehrsministeriums, auf Anfrage. „Eine vertragliche Übernahme der Automatensockel durch das Land sowie anschließende Weitervermittlung an Transdev oder Vergleichbares ist nicht vorgesehen.“ Als Auftraggeber habe das Land gegenüber der Transdev Vertrieb die klare Erwartungshaltung kommuniziert, dass der Vertrag eingehalten und sichergestellt wird, dass die Inbetriebnahme rechtzeitig organisiert werde.
Andere Infrastruktur wie Bahnsteige oder Bahnhofsflächen sind nach Angaben von Tina Georgi, die als Projektleiterin verantwortlich ist, für die Übernahme der Stationen nicht betroffen: „Die sind in Besitz der DB Infra Go beziehungsweise von Privatleuten. Dort befinden wir uns mit den Beteiligten in einer konstruktiven Zusammenarbeit“, schreibt sie auf Anfrage.