Einer der Höhepunkte in der Markdorfer Fasnacht ist das Stellen des Narrenbaums. Eigentlich fest auf Fasnachtssamstag terminiert, wird er von den Fuhr- und Zimmerleuten auf dem Marktplatz aufgestellt. In diesem Jahr fand das Ereignis bereits am 21. Januar statt, damit für das große Landschaftstreffen am vergangenen Wochenende ein Narrenbaum stand. Josef Weber ist seit fast 65 Jahren bei den Fuhrleuten dabei. "Damals hieß es halt, Junge du kannst schaffen, du gehst zu den Fuhrleuten", erinnert sich der 78-Jährige. Damals habe man den Baum noch aus dem Bestand tragen müssen, heute wird darauf geachtet, dass der Baum in der Nähe eines Kiesweges steht, damit er gut abtransportiert werden kann. Bernhard Brutsch, der als Forstwirt bei der Stadt tätig ist, sucht den passenden Baum aus. "Das ist nicht ganz so einfach. Man muss verschiedene Punkte wie beispielsweise Stärke und Größe beachten", sagt Brutsch. Die Fuhrleute schlagen und räppeln ihn und bringen den Baum anschließend nach Markdorf.
Die kleinen Zunftmitglieder haben dann die Aufgabe, den Baum sicher durch die Hauptstraße, das Untertor über die Marktstraße zum Marktplatz zu bringen. "Die Kinder ziehen den Baum", erklärt Zunftschreiberin Nicola Benz. Dabei werden sie von den Fuhrleuten begleitet, die aufpassen, dass alles glatt läuft. Die Fuhrleute tragen an diesem Tag blaue Kittel, schwarze Kniebundhosen sowie rote Halstücher und Strümpfe. In diesem Jahr war es am Tag des Narrenbaumstellens so eisig und kalt, dass sich Brutsch entschieden hat, mehr vom Baum wegzuschlagen. Jetzt misst der Narrenbaum 24 Meter.
Josef Weber kann sich noch an einen besonderen Baum mit zwei Gabelungen erinnern. "Der war so gleichmäßig, so einen haben wir nie wieder gefunden." Gefunden wurde dagegen ein Narrenbaum, der samt Wagen vor dem Stellen entwendet und versteckt worden war. "Den haben wir in einem Obstgarten Richtung Wangen wieder entdeckt", erzählt Weber. Wer hinter dem Streich steckte, ist bis heute nicht bekannt. Für die Fuhrleute gibt es normalerweise immer vom Zunftmeister und Präsidium ein Vesper. Als es in einem Jahr hieß, das würde es nicht mehr geben, hat Josef Weber den Narrenbaum kurzerhand um die Hälfte gekürzt. Damit hatte sich das Thema erledigt.
Der Baum wird dann von den Zimmerleuten aufgestellt. Diese sind vor Ort, wenn der Narrenbaum am Marktplatz eintrifft und für die Fuhrleute die meiste Arbeit getan ist. Sie sind für das Aufstellen des Narrenbaums verantwortlich und tun dies in bester Manier. Sie tragen die für Zimmermänner traditionelle schwarze Cordkluft mit großem schwarzen Schlapphut und sind übrigens nicht nur "närrische" Zimmerleute, sondern tun dies das ganze Jahr über hauptberuflich. Beide Gruppen, die Zimmer- und die Fuhrleute, sind keine Häsgruppen der Historischen Narrenzunft, sondern zwei lose Verbindungen – aber für die Markdorfer Fasnet am Narrenbaumstellen ganz wichtig. Deshalb treten sich auch nur dort in Erscheinung.
Die Serie
In der Serie „Figuren der Historischen Narrenzunft“ stellt der SÜDKURIER in loser Reihenfolge die verschiedenen Gruppen vor. Dazu gehören Hänseler, Kaujohle, Altmarkdorferinnen, Fahnenschwinger, Narrenrat und Präsidium, Zunftkapelle, Garde, Narrenbüttel, Narrenbolizei, Narreneltern, Vermessungstrupp, Jungnarrenrat und Fuhr- und Zimmerleute.