Sie wohnten gerne direkt am See, parkten ihr Fahrzeug vor der Haustür und hatten einen nachhaltigen Ansatz, was die Rohstoffe für ihre Transportmittel angeht. Wenn Gunter Schöbel, Leiter des Pfahlbaumuseums, von den Menschen in der Bronzezeit erzählt, klingt das irgendwie vertraut. Der Archäologieprofessor verspricht sich bald mehr Erkenntnisse über die Menschen aus der Zeit, die nicht nur ihre Behausungen aus Holz bauten. Auch die Wasserfahrzeuge waren aus dem Material. Man geht davon aus, dass die Menschen damals Waldstücke mit alten Bäumen pflegten, um große, gerade Stämme für Einbäume zu haben. „Sie haben langfristig und nachhaltig gedacht“, so Schöbel.
Über 3100 Jahre alter Einbaum geborgen
Ein besonderes Fahrzeug dieser Art beschäftigt zurzeit die Fachwelt: Der vor einem Jahr in Wasserburg bei Lindau geborgene, über 3100 Jahre alte Einbaum. Er wird zurzeit von den Experten der Archäologischen Staatssammlung Bayerns bei München konserviert. Bis das Wasser aus den Holzporen gewichen und durch Kunststoff ersetzt ist, wird es noch bis zu drei Jahre dauern.
Gunter Schöbel war vor Kurzem dort und hat sich den Sensationsfund mit Fachkollegen angesehen. „Dieser Einbaum ist kein einfacher“, sagt der Archäologe. Der Stamm sei bei der Fällung ungefähr 170 Jahre alt gewesen und habe einen Standort mit viel Licht gehabt. Die Experten fanden aber auch Spuren von einem Blitzeinschlag und viele Astlöcher. „Wir fragen uns, warum haben sie den genommen?“
Ein Loch im Bootsboden für einen Mastfuß?
Und was hat es mit dem von Menschenhand gefertigten Loch im Bootsboden auf sich – eine Aussparung für einen Mastfuß? „Das ist spannend, denn vielleicht war das gar kein klassischer Einbaum“, sagt Gunter Schöbel. Auf dem großen See mit seinen bisweilen hohen Wellen waren Einbäume nur bedingt nutzbar. Daher sei es durchaus denkbar, dass die Menschen Flöße, gekoppelte Boote oder Segler nutzten.

Der Bodensee und sein Ufer boten Nahrung, Baumaterial sowie einen einfachen Transportweg. „Der Seeweg war viel schneller“, betont Gunter Schöbel und erinnert daran, dass es an Land keine Wege aber oft lästige Sümpfe gab. Der Einbaum aus Wasserburg stammt aus einer Zeit, aus der bisher nur Urnenfelder gefunden wurden. Jetzt wollen die Archäologen bei neuen Tauchgängen nach Siedlungsresten suchen. Dabei wollen sie sich mehr mit der Schifffahrt auseinandersetzen. Bis jetzt sei alles, was in Ufernähe gefunden wurde, den Hauskonstruktionen zugeordnet worden. Vielleicht waren dabei aber auch Teile, die zu Booten gehörten. „Das muss eventuell neu gedacht und interpretiert werden“, räumt Schöbel ein.
Pfahlbaumuseum baut Sensationsfund nach
Das Pfahlbaumuseum geht das Thema experimentell an und beginnt in diesem Jahr mit einem Nachbau des Wasserburger Einbaums. Schöbel hat nach intensiver Suche im Illenauer Wald bei Achern eine zwölf Meter hohe Eiche mit einem Stammdurchmesser von 1,20 Metern gefunden. Davon gibt es nicht mehr viele und wenn, sind es Naturdenkmäler. Aber diese wies Schäden auf und musste gefällt werden. Sobald der Stamm im Außengelände des Museums in Uhldingen eintrifft, wollen sie mit den Arbeiten beginnen, die die Besucher verfolgen können. Mit der Fertigstellung rechnen sie im kommenden Jahr.
Im Einbaum rüber zur Insel Mainau gepaddelt
Es ist nicht der erste Einbaum, den Schöbel und sein Team nachbauen. Im Jahr 2000 fertigten sie eine Kopie eines aus dem Starnberger See geborgenen 13 Meter langen prähistorischen Einbaums an. Er galt bis zu dem Fund im Bodensee als ältestes Wasserfahrzeug Bayerns. Den Wissenschaftlern ging es auch darum, herauszufinden, ob sich damit wirklich größere Strecken auf dem See zurücklegen ließen. Den Test machten acht Jugendliche des Überlinger Ruderclubs, die den Einbaum vom Pfahlbaumuseum auf die andere Seeseite zur Insel Mainau paddelten.
Die Hinfahrt gelang ohne Probleme, aber auf dem Rückweg schwappte die Bugwelle eines vorbeifahrenden Kursschiffs über die niedrige Bordwand und der Einbaum lief voll Wasser. Er sank zwar nicht, war aber auch nicht mehr fahrtüchtig, sodass die Jungs von den Begleitbooten aus dem herbstlichen See geborgen werden mussten. Allerdings erst, nachdem ausreichend Fotos von der im Wasser treibenden Mannschaft gemacht waren, wie sich einige Teilnehmer mit entsprechender Empörung erinnern.

Archäologie in den Ferien
Im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen gibt es verschiedene Einbäume, die dazugehörigen Paddel und Werkzeuge für die Bearbeitung zu sehen. Dazu können Familien und Gruppen in den Osterferien ihre Geschicklichkeit bei der Steinzeit-Olympiade messen. Zu den Disziplinen gehören Holzhasen jagen oder ein Einbaum-Wettrennen. Das Pfahlbaumuseum, Strandpromenade 6 in Uhldingen-Mühlhofen, hat täglich von 9 bis 18.30 Uhr geöffnet. Kontakt unter 0 75 56/9 28 90. Informationen auf http://www.pfahlbauten.de
Das Archäologische Landesmuseum in Konstanz stellt einen sieben Meter langen Einbaum aus dem Schluchsee aus. Er wurde etwa 700 Jahre nach Christus gebaut. Dazu sind Spielzeug-Einbäume aus dem Bodenseeraum zu sehen. In den Osterferien, bis Sonntag, 28. April, können Kinder im Museum versteckte Hasen suchen. Wer alle findet, darf sich über eine Belohnung freuen. Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg, Benediktinerplatz 5 in Konstanz, hat dienstags bis sonntags sowie feiertags jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet und ist unter 0 75 31/9 80 40 zu erreichen. Informationen auf http://www.konstanz.alm-bw.de