Herr Guhl, das Gesundheitswesen und die Kur waren in der Öffentlichkeit das alles bestimmende Thema des vergangenen Jahres. Wird das im neuen Jahr so bleiben?
Es stimmt, die Entwicklung des Campus hat uns im letzten Jahr enorm gefordert und viel Energie gekostet. Aber wir haben auch viel geschafft. Wir können jetzt endlich über das ehemalige Krankenhausgelände alleine verfügen. Dies zu erreichen, war ein großer Kraftakt. Aber jetzt können wir unseren Gesundheitscampus unabhängig planen.
Was war denn so schwierig?
Das Krankenhaus wurde vom Landkreis erst vor einem Jahr geschlossen. Es wird vielfach übersehen, dass wir hier nur über zwölf Monate reden. Im Januar 2018 stand nur die Idee des Gesundheitscampus im Raum. Heute sind wir so konkret, dass bald die Bagger rollen werden. Und das auch durch die tolle Arbeit von Campusmanager Peter Mast. Aber von Anfang an: Zunächst mussten wir die Interessenslage unter den niedergelassenen Ärzten abklopfen wie auch bei anderen Betrieben, die im Gesundheitswesen arbeiten. Es folgte die Gründung der Campus GmbH als städtische Tochter. Dann die schwierige Auslotung der künftigen Kooperation mit der Waldshuter Spitäler GmbH. Es war nicht ganz einfach zu konkretisieren, wie die Zusammenarbeit zwischen Campus und Akutkrankenhaus stattfinden soll. Förderanträge musste gestellt werden. Ein hartes Stück Arbeit waren vor allem die Verhandlungen zum Erbbaurechtsvertrag mit dem Landkreis Waldshut. Aber das Ergebnis ist: Wir mussten jahrelang zuschauen, wie dort oben alles wegbrach, jetzt können wir endlich selber planen. Und in diesen Planungen sind wir schon weit, denn wir wollen nächstes Jahr öffnen.

Wie sieht das konkret aus?
Von Seiten der Ärzteschaft kommt ernsthaftes Interesse von Orthopäden, Kardiologen, Frauenärzten, Hausärzten. Was wir noch brauchen, ist ein Radiologe, da sind wir noch in Verhandlungen. Zwei Anker-Mieter werden die Großbetriebe Rehaklinikum und das Pflegeheim Marienhaus. Auch dies hat sich – in einem teilweise schmerzhaften Prozess – in diesem Jahr ergeben. Die Insolvenz der Rehaklinik hat viel Kraft gekostet, könnte mit der Gläubigerversammlung Ende Januar aber beendet werden. Ich bin optimistisch. Weil das Gebäude stark sanierungsbedürftig ist, soll die Klinik in den Campus umziehen, ebenfalls das Marienhaus. An dieser Stelle großen Dank an den Gemeinderat. Hätte das Gremium nicht mitgezogen, hätten wir die Rehaklinik nicht mehr im Betrieb halten können.
Sie haben bereits letztes Jahr enorm aufs Tempo gedrückt und tun das offenbar weiter. Liegt das an der Wahl? Wollen Sie bis dahin noch was vorweisen?
Diese Frage musste ja kommen. Natürlich muss bis dahin mit den baulichen Arbeiten am Campus begonnen worden sein. Aber nicht nur der Wahl wegen, wir müssen ja so oder so weitermachen, ob Wahl ist oder nicht. Der Campus wird für die Versorgung der Bürger der Stadt und der umliegenden Gemeinden dringend benötigt. Deshalb geht das jetzt Schlag auf Schlag. Wir brauchen schnell eine Entscheidung über Abriss oder Sanierung des Spitalgebäudes. Ich favorisiere eine Sanierung. Noch im Januar wird sich der Gemeinderat mit dem geplanten Kinderhaus auf dem Campus befassen. Ich kann mir vorstellen, dass der Vincentiusverein die Trägerschaft übernimmt. Ich hätte gerne, dass der Kindergarten schon im Herbst in Betrieb geht. In den nächsten Wochen brauchen wir dann außerdem die endgültigen Planungen für das Ärztezentrum im Erdgeschoss, damit wir dort mit dem Bauen beginnen können. Und für das neue Rot-Kreuz-Rettungszentrum müssen wir einen Bauplatz ausweisen, die wollen baldmöglichst ihre Förderanträge stellen.

Mindert diese Bilanz ihren Makel, der Bürgermeister zu sein, dem das Krankenhaus geschlossen wurde?
Gut, in meiner Amtszeit wurde das Spital geschlossen, das ist objektiv so. Ich sehe das als eine politische Niederlage an, obwohl ich alles getan habe, was in meiner Macht stand. Dass ich dieses Schicksal mit vielen anderen Bürgermeistern der Republik teile, macht es nicht besser. Allerdings kann ich für mich in Anspruch nehmen, dass ich nicht tatenlos zugeschaut habe. Wir haben gekämpft, das Krankenhaus zwar verloren, aber wir sind auf dem Weg für die Region eine Gesundheitsversorgung hinzukriegen, die Modellcharakter haben könnte. Ich hätte auch lamentieren können, wie ungerecht das alles ist, anstatt über ein Zukunftsprojekt nachzudenken, das nun für die Stadt eine Chance wird.
Was hat die Stadt im letzten Jahr denn außer Campus sonst noch bewegt?
Im Januar 2018 ging nach vielen Jahren das Brennet-Areal in Betrieb. Und aus heutiger Sicht müssen wir sagen: „Alles richtig gemacht“. Gerade, was den Verkehr angeht, haben sich die Unkenrufe nicht bewahrheitet. Das Parkhaus ist saniert, im Scheffelgymnasium läuft die Generalsanierung, die Mensa bei der Hans-Thoma-Schule wurde gebaut, ebenso die Sportturnhalle, die Badmattenhalle wird auf Vordermann gebracht – allesamt Millionen-Projekte. Das läuft alles relativ geräuschlos, und das obwohl wir auf Amtsleiterebene großer Veränderungen hatten.
Eine andere wichtige Baustelle in der Stadt ist der Wohnungsmangel. Was tut die Stadt dagegen?
Wir haben einige Projekte auf diesem Gebiet angeschoben. Das Baugebiet Leimet III wird im ersten Quartal den Gemeinderat beschäftigen, daneben gibt es Projekte in Obersäckingen. Aber ich denke, wir müssen das grundsätzlicher anpacken. Denn Wohnungsmangel geht ja meist automatisch mit hochpreisigen Mieten einher. Ich denke an das Thema städtischer Wohnbau und möchte dies auch als Wahl-Thema platzieren. Ich bin überzeugt davon, dass man keinen bezahlbaren Wohnraum hinbekommt, wenn man das nur der Privatwirtschaft überlässt. Deshalb halt ich kommunales Engagement hier für notwendig. In meiner Heimatstadt Horb existiert seit der Nachkriegszeit eine Wohnbaugesellschaft, an der die Stadt die Mehrheit hält. Mit im Boot sind neben Kreditinstituten vor allem auch örtliche Bauhandwerker. Was ich sicherlich nicht vorhabe, ist mit einer städtischen Firma in das „Bauträgergeschäft“ einzutreten. Es geht alleine um das Ziel, günstigen Wohnraum zu schaffen. Da halte ich eine Wohnbaugenossenschaft nach dem Horber Modell für sehr interessant.

Bei allem, was die Stadt tut, ist sie gerade bei der Kür durch das Korsett des geringen finanziellen Spielraumes eingeengt. Wie sieht es mit der Schuldenlast aus?
Als ich 2012 angetreten bin hatten wir im städtischen Haushalt einen Schuldenstand von 29,9 Millionen Euro. Heute haben wir zum Jahresende 30,2 Millionen. Gleichzeitig haben wir in den vergangenen sieben Jahren viel bewegt, ohne den Schuldenstand wesentlich zu erhöhen. Ich nenne da vor allem die Millionen-Investitionen in Kinder, Jugend und Bildung: Der Kindergarten St. Elisabeth, das Kinderhaus Rheinau, die Hans-Thoma-Mensa, die Schulsporthalle, Investitionen in die Werner-Kirchhofer-Realschule, Scheffelgymnasium, Weihermattenschule, daneben die Sanierung der Holzbrücke, die Anschaffung von drei Feuerwehrautos. Das alles ging in den zweistelligen Millionenbereich und musste erst mal geschultert werden. Gleichzeitig haben wir aus der hochverschuldeten Tourismus GmbH Kredite übernommen. Die Verschuldung der GmbH sank so von 6,7 Millionen in 2012 auf heute 2,4 Millionen. Das alles hat der Stadt-Etat relativ gut verdaut. Wir haben Schweizer-Kredite getilgt und das Währungsrisiko rausgenommen, gleichzeitig auch zu günstigeren Zinsen umgeschuldet. Unsere Zinsbelastung ist damit in den letzten zehn Jahren von einer Million Euro auf fast die Hälfte gesunken und die Liquidität der Stadt hat sich erheblich verbessert.
Erwarten Sie im Herbst einen Gegenkandidaten?
Ich kann es ehrlicherweise nicht sagen? Grundsätzlich halte ich mehrere Kandidaten bei einer Wahl für etwas normales – das ist das Wesen der Demokratie. Wenn es keinen gibt, bin ich auch nicht unglücklich. Und wenn ich die letzten Jahren resümiere, finde ich im Übrigen, dass ich ganz ordentliche Arbeit geleistet habe. Ich würde mich natürlich freuen, wenn die Bürger der Stadt und der Gemeinderat das ebenso sehen und das Gefühl haben, dass ich ein Bürgermeister für „alle“ bin. Natürlich bin ich Mitglied in der SPD; in der täglichen Arbeit spielt dies aber keine Rolle und ich kann in den wichtigen Fragen zu den anderen Parteien keine Gegensätze erkennen.
Wann wird Wahl sein?
Wir werden den 6. Oktober vorschlagen. Über den genauen Wahltermin hat der Gemeinderat zu befinden.
Fragen: Andreas GerberZur Person
Alexander Guhl (48) ist seit 2. Januar 2012 Bürgermeister der Stadt Bad Säckingen. Der aus Horb am Neckar stammende Guhl ist Volljurist, Bankkaufmann und Bankbetriebswirt. Bei der Wahl im Herbst 2011 erhielt Alexander Guhl im ersten Wahlgang die meisten Stimmen der zehn Kandidaten. Im zweiten Wahlgang setzte er sich gegen die verbleibenden vier Kandidaten durch. Bei der Wahl diesen Herbst stellt er sich wieder zur Wahl.