Eveline Guber-Klingler war entsetzt, als sie vor einigen Wochen das Grab ihrer Mutter auf dem Bad Säckinger Waldfriedhof besuchte. Auf dem gesamten Urnenfeld, auf dem auch ihre Mutter beerdigt ist, waren sämtliche Blumen, Gestecke, Grablichter abgeräumt. Alles, was bis zu diesem Zeitpunkt auf den Urnengrabplatten stand, sei daneben auf ein Rasenstück gelegen worden. Die Familie dachte zuerst an Vandalismus.
Doch der erste Eindruck täuscht
Doch nach ersten Recherchen stellte sich das als Maßnahme der Friedhofsgärtnerei heraus. „Wir haben uns bei der Gärtnerei und bei der Stadt erkundigt“, berichtet Eveline Guber-Klingler. Daraufhin sei der Familie mitgeteilt worden, dass „Grabzubehör“ auf den Urnenplatten nicht erlaubt sei. Denn es handle sich um ein „gärtnergepflegtes Grabfeld“.

Was neun Jahre ging, geht jetzt plötzlich nicht mehr
Die Familie verstand daraufhin die Welt nicht mehr. „Unsere Mutter ist vor neun Jahren verstorben“, berichtet Eveline Guber-Klingler. Während dieser neun Jahre sei Grabschmuck nie ein Problem gewesen.
Die Familie habe sich für ein gärtnergepflegtes Urnengrab entschieden, aber angenommen, dass ein bisschen Individualität möglich bleibe, was ja gängige Praxis gewesen sei. Wie auf benachbarten Urnengräbern hätten sie deshalb auch mal wechselnde Gestecke oder Blumen im Topf hingestellt, berichtet Eveline Guber-Klingler, und auch ein kleines Engelchen, das Mutter sehr geliebt habe.
„Und dann plötzlich, ohne jegliche Vorwarnung, räumt jemand die ganze Reihe von Urnengräber ab,“ empört sie sich. Dabei sei es zuvor immer ein bunter und sympathischer Anblick gewesen, sagt sie, „und nun herrscht hier kahle Tristesse und Uniformität.“
Vertrag sagt: Individuelle Gestaltung ist nicht möglich
Nachdem die Familie der Sache nachgegangen ist, kennt sie den rechtlichen Sachstand: Das Grabschmuck-Verbot hat die Familie selber unterzeichnet.
Denn für das Grab, es liegt auf dem Waldfriedhof innerhalb eines gärtnerbetreuten Feldes, wurde mit der Genossenschaft Badischer Friedhofgärtner im Jahr 2013 ein entsprechender Vertrag geschlossen. Auf diesen Vertrag hat die Genossenschaft in Karlsruhe die Familie nun nochmal hingewiesen. Darin steht, dass eine individuelle Gestaltung ist nicht möglich ist.

Ohne jede Vorwarnung wurden die Gräber abgeräumt
Eveline Guber-Klingler weiß, dass sie schlussendlich nicht im Recht ist. Dennoch findet sie das „unsensible Vorgehen“ nicht richtig. Sie findet, vor dieser Maßnahme hätte man zumindest die Hinterbliebenen informieren können und sie um Räumung der Grabplatten bitten.
Gärtnerei Maier: „Das war ein Fehler.“
Die für dieses Urnenfeld auf dem Waldfriedhof zuständige Gärtnerei Maier in Brennet räumt ein, einen Fehler gemacht zu haben. „Wir hätten im Vorfeld darüber informieren sollen“, gibt Gärtnerei-Chef Bernhard Maier zu. So sei es nun zu Irritationen gekommen.
Ein weiterer Fehler sei gewesen, dass seine Gärtnerei den Grabschmuck auf dem Urnenfeld „viel zu lange geduldet“ habe. Anfänglich sei der Grabschmuck noch im Rahmen gewesen, dann habe es aber überhand genommen – neben Blumen hätten sich auch Dinge wie blinkende Grablampen mit Batterie und Plastikpflanzen gefunden.
Er sagt, er habe im vergangenen Jahr die Kunden schriftlich auf das Grabschmuckverbot hingewiesen und die Gräber dann dieses Frühjahr abgeräumt. Auch wenn seine Kommunikation hätte besser sein könne, will Bernhard Maier bei der jetzt eingeschlagenen, strengen Linie bleiben: „Wir haben zu lange gewartet.“ Jetzt werde sein Betrieb die betreffenden Grabfelder alle 14 Tage kontrollieren.
Genossenschaft der Friedhofsgärtner: „Verlief unglücklich“
Harald Haug, Geschäftsführer der Genossenschaft Badischer Friedhofsgärtner, der auch die Gärtnerei Maier angehört, bittet um Verständnis für die Betriebe. Es sei ein schmaler Grat zwischen der individuellen Trauer und dem Gesamteindruck des Grabfeldes, so Haug. Zudem: Grabschmuck behindere die Grabpflege, dieser Mehraufwand sei nicht in der Kalkulation eingerechnet.
Daneben gehe es auch um die Einheitlichkeit des Grabfeldes, für die sich die Hinterbliebenen bei der Wahl ja auch entschieden hätten. Gleichwohl gesteht Haug ein, dass die Vorgehensweise im konkreten Fall „unglücklich“ war und es einer direkten Ankündigung bedurft hätte, bevor die Gräber abgeräumt werden.
Stadt bittet um feinfühligeres Vorgehen
Der Vorgang ist mittlerweile auch bei der Stadtverwaltung gelandet. Peter Weiß, Leiter der Bauverwaltung, ist der Fall bekannt. Die Stadt habe leider wenig Einfluss, sagte er. Es handle sich um eine privatrechtliche Abmachung zwischen Hinterbliebenen und der Friedhofsgärtnergenossenschaft.
Aber Weiß konzediert ebenfalls: Die Abräumaktion sei etwas unsensibel gewesen. Die Stadtverwaltung habe die Gärtnerei für die Zukunft um ein etwas feinfühligeres Vorgehen gebeten.