Nein, Bürgermeisterin zu werden, sei nicht von Anfang an das Ziel von Joana Carreira gewesen. Es sei ein Prozess gewesen, der sich erst im Laufe ihrer Zeit als Rechnungsamtsleiterin herauskristallisiert habe. „Ich habe in Stühlingen außerhalb des Amts viel machen dürfen. Und dabei gemerkt, dass ich gestalten möchte“, sagt sie.
Im April 2023 hat sie einen ersten Anlauf in Wutöschingen gemacht und als Bürgermeisterin kandidiert, der zweite folgte zum Jahresanfang in der Gemeinde Rümmingen. Jetzt verlässt die 33-Jährige das Stühlinger Rathaus, um ab 2. April 2024 die Geschicke der Gemeinde mit rund 1900 Einwohnern im Landkreis Lörrach zu lenken.
Dass sie so schnell einen neuen Anlauf auf einen Rathaussessel machen werde, sei nicht geplant gewesen. „Ich hätte auf die richtige Gemeinde gewartet“, sagt sie rückblickend.
Gegen Ende des Wahlkampfs in Wutöschingen, bei der offiziellen Kandidatenvorstellung der Gemeinde, habe Joana Carreira gemerkt, dass es für einen Sieg nicht reichen werde, reflektiert sie heute. Etwas mehr als 40 Prozent der Wählerstimmen fuhr sie ein. „Das Ergebnis hat mir dann doch gezeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin.“
Doch das Ziel Bürgermeisterin zu werden, blieb.
Die Bewerbung in Rümmingen
Carreiras Weg dorthin schien wieder kürzer, als sich ihr Sohn Jeremy (16) beruflich Richtung Basel orientieren wollte. Also fasste die alleinerziehende Mutter den Entschluss, sich erneut zu bewerben. Bei der Suche nach Gemeinden mit anstehenden Wahlen wurde sie schließlich in Rümmingen fündig. „Die Nähe Stadt-Land hat mich beeindruckt. Lörrach und Basel sind nah, aber man lebt ländlich.“
Jetzt freut sie sich vor allem darauf, die ihr wichtigen Dinge – Digitalisierung, Offene Jugendarbeit und den Klimaschutz – umzusetzen und zu gestalten. „Ich sehe Bürgermeisterin nicht als Beruf, sondern Berufung. Ich möchte auch außerhalb des Rathauses mit den Bürgern Zeit verbringen.“
Im Landkreis Waldshut gibt es mit Marion Frei in Dettighofen derzeit nur eine Bürgermeisterin, in Rümmingen folgt Carreira auf eine Frau. Auf die Frage, ob und warum die Kommunalpolitik mehr Frauen brauche, will die 33-Jährige keine geschlechterspezifische Antwort geben:
„Männer und Frauen haben bestimmt unterschiedliche Ansichten und schauen anders auf die Dinge. Aber letztendlich geht es in der Politik um Sachthemen. Man diskutiert, betrachtet die Sache zum Wohle der Gemeinde und kommt am Ende zu einem Ergebnis.“
Mit Blick auf die Kommunalwahl am 9. Juni und dass auf dem Großteil der Listen mehr männliche Bewerber stehen, sagt Carreira: „Wenn wir mehr Frauen hätten, wäre das eine Vorbildfunktion für andere Frauen.“ Allerdings müsse man in der Kommunalpolitik auch viel Zeit investieren, das sei schwierig für Frauen mit Familie.
Joana Carreiras Sohn ist mit 16 nun sehr selbstständig, wie sie sagt. „Wenn er jünger wäre, wäre ich diesen Schritt nicht gegangen. Die Rahmenbedingungen waren jetzt gut.“ Bei beiden Kandidaturen habe er sie unterstützt und bestärkt. Das sei ihr auch wichtig gewesen: „Sobald man sich für ein Amt entscheidet, steht man in der Öffentlichkeit. Deswegen muss man die Familie miteinbeziehen.“
Der Umzug folgt im Sommer
2019 habe auch Joana Carreira über eine Kandidatur bei der Kommunalwahl nachgedacht. „Ich habe damals noch in Küssaberg gewohnt und wollte in Küssaberg kandidieren. Durch meinen Beruf habe ich dann aber eine andere Richtung eingeschlagen“, sagt sie.
Was wird sie an Stühlingen und dem Landkreis Waldshut vermissen? „Die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat und den Kollegen. Wir hatten es auch immer lustig. Das ist auch wichtig.“ Zunächst wird sie aber von ihrem derzeitigen Wohnort Waldshut an ihre neue Wirkungsstelle pendeln, der Umzug steht im Sommer an.
„Ich freue mich auf den neuen Lebensabschnitt, mein Sohn freut sich auf seine Zeit in Basel“, sagt Carreira. Im Landkreis Waldshut leben ihre Familie und Freunde – kann sie sich eine Rückkehr vorstellen? „Ich habe schon vor, länger in Rümmingen Bürgermeisterin zu bleiben“, sagt die 33-Jährige selbstbewusst und mit einem Lächeln.