Heute vor genau zwei Jahren trat in Deutschland die Ehe für alle in Kraft. Zuvor hatte der Bundestag mit 393 von 630 Stimmen ein entsprechendes Gesetz verabschiedet – und dadurch die juristische Gleichstellung mit der Ehe zwischen Mann und Frau erwirkt.
Seit dem 1. Oktober 2017 können sich somit auch homosexuelle Paare das Ja-Wort geben. In Konstanz war laut der Standesbeamtin Renate Reisch insbesondere zu Beginn der Andrang groß.
„Kurz vor und auch nach Inkrafttreten des Gesetzes gab es extrem viele Nachfragen“
61 Eheschließungen gleichgeschlechtlicher Paare hat das Konstanzer Standesamt in den vergangenen zwei Jahren registriert. Im gleichen Zeitraum heirateten knapp 1080 heterosexuelle Paare. „Kurz vor und auch nach Inkrafttreten des Gesetzes gab es extrem viele Nachfragen“, sagt Renate Reisch.
Bis zur ersten Vermählung dauerte es deshalb gerade einmal fünf Tage: Am 6. Oktober 2017 gaben sich zwei Männer vor dem Standesamt das Ja-Wort. Bis zum Ende des Jahres folgten 15 weitere homosexuelle Paare ihrem Beispiel.
Eingetragene Lebenspartnerschaften werden nicht automatisch umgewandelt
Zum Vergleich: 15 sogenannte eingetragene Lebenspartnerschaften waren in Konstanz zuvor in einem durchschnittlichen Jahr geschlossen worden. Die Ehe für Alle und die daraus resultierende Gleichstellung hat diese vom Staat anerkannte Gemeinschaft überflüssig gemacht, durch die homosexuelle Paare gesondert behandelt und damit diskriminiert wurden.
Trotzdem erlischt eine solche bestehende Lebenspartnerschaft nicht einfach, erklärt Renate Reisch. Sie kann jedoch umgewandelt werden in eine Ehe.
Der anfängliche Schwung hat im zweiten Jahr spürbar nachgelassen
Und wie haben Betroffene die Gleichstellung empfunden? „Auf jeden Fall wurde das Gesetz positiv aufgenommen“, sagt Renate Reisch. „Das ist auch heute immer noch zu hören: Die Paare sind froh, endlich richtig und nicht halbherzig heiraten zu können.“ Mittlerweile hat der Schwung jedoch nachgelassen.
Nachdem im ersten Jahr nach Inkrafttreten noch 41 Paare geheiratet hatten, waren es im zweiten Jahr nur noch 20.
Aktivistin kritisiert: trotz juristischer Gleichstellung fehlen Toleranz und Akzeptanz
Christin Löhner ist Mitorganisatorin des Konstanzer Christopher Street Days. Die transsexuelle Frau kennt die Schwulen- und Lesben-Szene in der Region – und die weiterhin vorhandenen Vorurteile gegenüber homosexuellen Menschen. Trotz des vor zwei Jahren in Kraft getretenen Gesetzes, sieht die transsexuelle Frau Nachholbedarf – vor allem im gesellschaftlichen Verständnis: „Die juristische Gleichstellung gibt es“, sagt Löhner, „aber es fehlen teilweise weiterhin Toleranz und Akzeptanz.“
Das zeige sich beispielsweise immer wieder beim Versuch gleichgeschlechtlicher Paare, ein Kind zu adoptieren. „Hier werden den Betroffenen oftmals Steine in den Weg gelegt“, sagt sie. Als Aktivistin möchte Löhner, die im Oktober 2018 in Stockach heiratete, genau für diese Probleme ein Bewusstsein schaffen. Auch zwei Jahre nach der Ehe für alle.