Zwar hätte sich Bürgermeister Andreas Schmid für die Bürgerwerkstatt am Sonntag eine größere Beteiligung gewünscht, dennoch hat sie erfolgreich gearbeitet. Es stehen genügend Dinge an, über die alle gemeinsam nachdenken konnte und das mit gutem Grund. Die Sanierung der Ortsmitte Öhningens wird sowohl die Gemeinde Geld kosten als auch private Investitionen benötigen.
Der Handlungsbedarf ist groß. Eine Erhebung hat beispielsweise ergeben, dass im Ortskern 55 Prozent aller Gebäude im Zeitraum von vor 1800 bis 1948 erbaut worden sind. Damals haben Bauherren und Gemeinde anders gedacht und hatten eine andere Anforderung an die Infrastruktur. Autos waren in diesem Zeitraum nicht wirklich ein Thema. Die Zeiten haben sich geändert. Seit November 2013 denkt die Gemeinde über eine Quartiersgarage am Stiftsplatz nach. Das Sanierungsgebiet "Dorf und Stift Öhningen" muss und wird sich verändern. Da es bei solchen Vorhaben um Geld geht, wollte die Verwaltung soviele Bürger wie möglich nach ihren Vorstellungen über die Zukunft Öhningens befragen.
Eine Öhninger Einwohnerversammlung im Juli 2016 hatte dann den Gemeinderat dazu bewogen, einmal einen anderen Weg zu gehen. Keine Fragebogenaktion, sondern eine Bürgerwerkstatt, bei der über die Gestaltung der Ortsmitte nachgedacht und über die unterschiedlichen Bedürfnisse von verschiedenen Zielgruppen nachgedacht werden sollte. Ziel dieser Bürgerwerkstatt war es, viele Vorschläge für die Gestaltung der Ortsmitte zu definieren, die Identifikation mit ihrem Wohnort zu steigern, sowie das Verständnis und die Akzeptanz für die zukünftigen Entscheidungen des Öhninger Gemeinderates zu erhöhen.
"Red mit – sei ein Teil vom wir" war mehr als nur ein Tagungsmotto, es war eine Aufforderung an alle Öhninger sich einzubringen. "Auch wenn, vielleicht hitzebedingt, heute nicht so viele Bürger anwesend sind, habe ich im Vorfelde mit vielen Bürgern gesprochen und deren Bedürfnisse vertrete ich hier", sagte Jörg Steinhäusler von der eigens für diese Bürgerwerkstatt eingesetzten Spurengruppe. Arbeit im Vorfeld der Werkstatt. Maximilian Stamm, verantwortlicher Projektleiter bei dem für diese Bürgerwerkstatt beauftragen Unternehmen Translake lobte: "Die gründliche Vorleistung der Gruppe der Spurensuche hat mich, ehrlich gesagt, sehr überrascht." So ein Engagement hätte er nicht vorausgesetzt. Dennoch hätten sich in diesem intensiven Dialog am Sonntag neue Sichtweisen ergeben und diese sollen jetzt zunächst einmal ausgewertet werden.
Jesko Partecke war einer der Bürger, der aktiv teilnehmen wollte. "Die Bürger wollen aktiv gestalten, es wäre aber sehr schade, wenn all das, was wir hier zusammentragen, eines Tages einfach unter den Tisch fallen gelassen wird", ist seine Befürchtung. Das soll auf keinen Fall passieren, versprach Projektleiter Stamm. Der erste Termin stehe schon fest. Am Donnerstag, 14. September, sollen die Vorschläge aus der Werkstatt an den Gemeinderat übergeben werden, der dann die Verwaltung beauftragen soll, die einzelnen, vorgeschlagenen Maßnahmen zu prüfen. Dort sei dann zu prüfen, ob die Maßnahmen auch machbar sind. Das ist verbunden mit einer Begründung, wenn etwas der Verwaltung als nicht umsetzbar erscheint. Damit sei es aber dann noch nicht abgetan. Noch bis Ende des Jahres soll ein Pflichtenheft erstellt werden, bei dem die Bürger Einfluss auf die Prioritäten nehmen können.
Am Ende der Veranstaltung entstand den Eindruck, diese Bürgerwerkstatt war deshalb so professionell gemacht und aufgezogen, weil es der Verwaltung und den Gemeinderäten Ernst ist um den Umgang, um die Bedürfnisse und die Mitgestaltung in Öhningen. Die zukünftigen Sitzungen erwarten alle mit Spannung.
Wie geht es weiter?
Noch im Herbst könnten kleinere Maßnahmen, die keinen Gemeinderatsbeschluss benötigen, umgesetzt werden. Auf den Ergebnissen der Ergebnisse der Werkstatt der Gemeinderat die Verwaltung ein Pflichtenheft zu erstellen und dieses den Bürgern auf einer Ergebniskonferenz vorzustellen. Danach können die Bürger auf die Prioritäten Einfluss nehmen. Die Änderungen sollen dann bis zum Winter vom Gemeinderat verabschiedet werden. (mij)