Anna-Maria Schneider und Frank Hohlfeldt

Es gibt Menschen, die können singen und es gibt Naturally 7. Die A capella-Gruppe aus New York eröffnete das Milchwerk Musik Festival in Radolfzell und begeisterte fast 700 Besucher. Und das allein mit ihren Stimmen. Jeder auf seine Weise ist ein hervorragender Stimmenkünstler.

Zusammen schaffen sie eine musikalische Bandbreite, die mit jeder Band inklusive Instrumenten mithalten kann. In ihrem Programm zeigten sie eigene Interpretationen von berühmten Musik-Hits der Zeitgeschichte und faszinierten mit der Fähigkeit, alle Instrumente, sei es Gitarre, Schlagzeug, Trompete, Posaune oder Mundharmonika, allein durch ihre Stimmen erklingen zu lassen.

Bild 1: Eine Band ohne Band: So war der Auftritt von Naturally 7 im Milchwerk
Bild: Schneider, Anna-Maria

Schon der Auftakt mit Phil Collins „In the air tonight“ zeigte den voll besetzten Milchwerk, was von dem Abend zu erwarten war. Langsam baute sich der Song auf, immer mehr Instrumente, also Sänger, stiegen mit ein. Was der begnadete Schlagzeuger Phil Collins auf dem Drumset vollbrachte, schaffte Warren Thomas, der bei Naturally 7 als dritter Tenor auch die Schlaginstrumente abdeckt, allein durch seine Stimme. Dass auf der Bühne alleine sieben Männer standen und keine ganze Band war akustisch nicht zu vernehmen.

Bild 2: Eine Band ohne Band: So war der Auftritt von Naturally 7 im Milchwerk
Bild: Schneider, Anna-Maria

Ähnlich brillant zeigte sich die Gruppe bei dem Beatles-Klassiker „ While my guitar gently weeps“. Es ist mutig sich an die Beatles heranzuwagen. So macher würde vielleicht sogar behauptet, dies sei Blasphemie. Aber die sieben Männer haben es geschafft, sich diesen Song so zu eigenen zu machen, und zu einer souligen, stimmgewaltigen Rocknummer, inklusive E-Gitarrensolo zu verwandeln. Vielleicht der Höhepunkt an diesem Abend.

Für den Zuschauer war es kaum er erfassen, wie diese Töne, diese präzise Darstellung einer elektrischen Gitarre, stimmlich überhaupt möglich ist. Immer wieder ist deutlich zu hören, dass die Sänger ihre Wurzeln im Kirchenchor haben. Oft wirkt der Einstieg fast sakral, wie bei „Going Home“, einer eigenen Komposition der Band. Die Tenöre und Bass-Sänger schaffen es ihre Stimmen fast fragil klingen zu lassen.

Alle haben jamaikanische Wurzeln

Eine weitere Gemeinsamkeit, die alle verbindet, ist die jamaikanische Herkunft. So war es für die sieben Sänger eine Herzensangelegenheit, Stings „Englishman in New York“, in der Version von Shinehead „Jamaican in New York“ zu singen. Mehrmals an diesem Abend standen die Besucher begeistert auf, konnten mit den stehenden Ovationen gar nicht aufhören oder sangen begeistert einfach nur mit.

Bob Marleys „One love“ wurde im kompletten Milchwerk gesungen. Ein Liedtext, den jeder kennen würde, wie Frontmann Roger Thomas dem Publikum verriet. „Wir sind schließlich auch eine Welt, ein Volk, diese Botschaft ist heute wichtiger denn je“, sagte der musikalische Leiter der Gruppe ans Publikum gerichtet.

Bild 3: Eine Band ohne Band: So war der Auftritt von Naturally 7 im Milchwerk
Bild: Schneider, Anna-Maria

Etwas Unterstützung von einer helleren Frauenstimme holten sich Naturally 7 für den Song „Hello“ von Adele. Eine gewisse Berühmtheit haben sie durch eine Kollaboration mit Helene Fischer erlangt, die diesen Titel für das Album eingesunden hat.

In Radolfzell sang nicht Helene, sondern Dwights Stewards Ehefrau Seon Scott. Über eine Video-Leinwand im Hochkant-Smartphone-Format sang sie mit den sieben Sängern diese herzzerreißende Ballade mit so viel Wehmut und Schmerz. Ein echter Gänsehaut-Moment.

Bild 4: Eine Band ohne Band: So war der Auftritt von Naturally 7 im Milchwerk
Bild: Schneider, Anna-Maria

Dagegen wirkte „You‘re the voice“, von John Farnham – eine Synthie-Pop-Hymne aus den 80ern mit Bierzeltcharakter – als Zugabe etwas deplatziert. Das sensibel und eingängig gesungene „Fix you“ von Coldplay zeigte die eigentlich musikalisch überragende Leistung und das sonst sehr sorgfältig ausgewählte Programm von Naturally 7.

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