Im Verein wird Eike Mintenbeck „Machinegun“ genannt, zu deutsch: Maschinengewehr. Von einer brachialen Waffe hat der 26-Jährige allerdings wenig, zumindest wenn er nicht gerade im Ring steht. Wenn sein Trainer Sven Trettner vom Fight Club Radolfzell über sein Ausnahmetalent, seine körperlichen Voraussetzungen für den Sport und seine Disziplin spricht, dann lächelt der Leistungssportler glücklich, ein wenig stolz. Von Arroganz fehlt jede Spur. Mintenbeck lacht viel, wirkt offen, nahbar. Spricht er selbst über seine sportlichen Erfolge, beschreibt er hauptsächlich die harte Arbeit, den Respekt vor dem Gegner und die Demut vor dem Kampf.

Eike Mintenbeck ist Weltmeister im K1 beim Weltverband AFSO, also der World All Fight System Organization. K1 ist eine spezielle Wettkampfform, es vereint verschiedene Kampfsportarten wie Kickboxen, Boxen oder Karate. Erlaubt sind Schläge und Tritte mit Beinen und Knie – auch gegen den Kopf. Es ist die höchste Kategorie, in der Amateure überhaupt noch mitkämpfen dürfen.

Und Eike Mintenbeck ist für den Moment einer der besten unter ihnen. „Wir nennen ihn Machinegun, weil er so schnell ist“, erklärt Trettner den Spitznamen. Kämpfer seiner Gewichtsklasse seien für gewöhnlich etwas träger. Nicht so Mintenbeck. In einem sehr eindeutigen Kampf gegen Amin Farmi holte der Radolfzeller bei der Fight Night in Kreuzlingen im Mai dieses Jahres den Weltmeistertitel in der Gewichtsklasse von 79,4 Kilogramm.

Eike Mintenbeck ist unbesiegt im Ring

Nicht der erste Titel für den Studenten. Diverse Landesmeister-, Deutsche Meister- und Weltmeistertitel verschiedener Kampfsportverbände kann der 26-Jährige vorweisen. Er ist im Ring unbesiegt, den Weltmeistertitel jetzt entschied er klar mit k.o. in der ersten Runde. In seinem Verein Fight Club Radolfzell ist Mintenbeck schon länger eine Berühmtheit, gibt Autogramme auf T-Shirts und Handschuhen. Bei seinen Kämpfen ist nicht selten ein ganzer Fanblock vor Ort. Immer dabei: seine Eltern.

Jüngst wollte auch der Radolfzeller Oberbürgermeister Simon Gröger persönlich gratulieren und lud Mintenbeck sowie die Trainer Sven Trettner und Thorsten Räffle vom Fight Club ins Rathaus ein. Der Weltmeistergürtel und Mintenbeck selbst begeisterten auch die Verwaltung, die sonst mit Kampfsport eher wenig Berührungspunkte hat.

Eike Mintenbeck genießt die Aufmerksamkeit, weiß sie aber auch auf die richtigen Themen zu lenken. „Ich bin dem Verein und meiner Familie für die große Unterstützung wahnsinnig dankbar“, so der 26-Jährige. Seit 2017 trainiert er im Fight Club Radolfzell, hatte davor verschiedene andere Sportarten ausprobiert: Handball, Fußball, Skateboard fahren. Bis er über einen Freund den Kampfsport kennengelernt hatte und im Fight Club eine neue Heimat fand.

Das Training ist hart, aber fair

„Der Trainingsstil gefällt mir gut, hart aber fair“, beschreibt er. Disziplin und gegenseitiger Respekt seien wichtiger als schnelle Erfolge. Ein Wertekodex, in dem sich auch Mintenbeck sieht. So konnten Zuschauer der Kreuzlinger Fight Night beobachten, wie der überlegenere Radolfzeller vor dem unterlegenen Amin Farmi kniete und sich verbeugte.

Auch der Oberbürgermeister möchte den Weltmeistergürtel aus der Nähe betrachten: (von links) Thorsten Räffle vom Fight Club Radolfzell, ...
Auch der Oberbürgermeister möchte den Weltmeistergürtel aus der Nähe betrachten: (von links) Thorsten Räffle vom Fight Club Radolfzell, OB Simon Gröger, Eike Mintenbeck, Chef-Trainer Sven Trettner und Axel Tabertshofer von der IG Sport. | Bild: Schneider, Anna-Maria

Den Gegner verhöhnen, das würde im Fight Club niemand tolerieren. Schon gar nicht Chef-Trainer Sven Trettner, der Mintenbeck auf seine Wettkämpfe vorbereitet und ihn während der Kämpfe anleitet. Manchmal muss er dabei den Ehrgeiz seines Schützlings bremsen. „Die acht Wochen vor einem Kampf sind besonders hart. Manchmal muss man ihn zur Ruhe regelrecht zwingen“, so Trettner.

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Jeden Tag mehrere Stunden Sport, eine spezielle Diät, Technik-Training, Kraft-Training und vor allem sehr viel Entbehrungen – so fasst Trettner die Vorbereitung zusammen. „In jedem Titel stecken jede Menge Blut, Schweiß, Tränen und Verzicht“, sagt er. Disziplin, die Mintenbeck in seinen Jahren beim Fight Club verinnerlicht habe.

Eike Mintenbeck im Kampf mit Amin Farmi.
Eike Mintenbeck im Kampf mit Amin Farmi. | Bild: Dennis Neuhäuser

Gerade dies mache ihn auch zu einem Vorbild für die jüngeren Mitglieder, von denen es im Kampfsportverein ziemlich viele gibt. Der Fight Club versteht sich als Verein für alle, Kinder, Jugendliche, Frauen, Männer oder Familien – jeder solle sich wohlfühlen und sportliche Erfolge erzielen. Das Miteinander stehe aber über dem Ehrgeiz.

Trainer sind nur ehrenamtlich tätig

„Wir machen das alle ehrenamtlich“, bringt Trettner in Erinnerung. Es gebe auch Clubs, die professionelle Trainer und eine deutlich bessere Ausstattung hätten. Diese würden dann aber auch die Preisgelder für die Finanzierung benötigen. Der Druck zu gewinnen sei höher.

Vertrauen sich blind: Trainer Sven Trettner (links) und sein Schützling Eike Mintenbeck.
Vertrauen sich blind: Trainer Sven Trettner (links) und sein Schützling Eike Mintenbeck. | Bild: Familienalbum Mintenbeck

Der Druck für Eike Mintenbeck komme wenn dann von ihm selbst. Auch wenn der Weg in den Ring jedes Mal eine Überwindung sei. „Natürlich hat man Angst, das hört auch nie auf, egal wie oft man es macht“, sagt er. Doch sei es das Ziel, diese Angst mit guter Vorbereitung und Konzentration zu überkommen. Daraus wachse dann neues Selbstvertrauen. Den Gegner dürfe man nie unterschätzen, auch nicht als unbesiegter Weltmeister. „Man muss sich klarmachen, der andere hat genauso hart trainiert wie ich, um hier zu sein“, so Mintenbeck.

Nach dem Kampf gibt es kein böses Blut zwischen den Kontrahenten: Eine Umarmung beschließt den sportlichen Wettstreit.
Nach dem Kampf gibt es kein böses Blut zwischen den Kontrahenten: Eine Umarmung beschließt den sportlichen Wettstreit. | Bild: Dennis Neuhäuser

Wie es für den 26-Jährigen sportlich weitergeht, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar. Er könnte eine Profikarriere anstreben, ist sich sein Trainer sicher. Am Talent und der richtigen Einstellung mangele es nicht, aber davon leben werde schwierig. „Nur etwa 1 Prozent der Profi-Kämpfer verdient genug mit dem Sport“, so Trettner. Er rät deswegen seinem Schützling, sich auf eine bürgerliche Karriere zu fokussieren.

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Eike Mintenbeck hat an der Universität Konstanz BWL studiert und ist mit seiner Hündin Julie nach Köln gezogen, um dort den Master zu machen. Einen neuen Club hat er noch nicht gefunden, sagt er. Die Hoffnung, dass der Ausnahmesportler eines Tages zurück in den Fight Club Radolfzell kehrt, ist zumindest beim Verein am Bodensee sehr groß.