Mit historischer Bausubstanz ist es so eine Sache: Sie ist in vielen Fällen schön anzuschauen und prägt den Charakter eines Ortes. Doch in ebenso vielen Fällen ist sie auch nicht gerade praktisch und beispielsweise unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht unbedingt ideal – etwa wenn Geschäftsräume klein und verwinkelt sind. Stadtverwaltung und Gemeinderat möchten historische Bausubstanz in der Innenstadt mit Hilfe einer Erhaltungssatzung schützen. Das Thema hat die städtischen Gremien mehrfach beschäftigt, auch im OB-Wahlkampf im Sommer 2021 spielte es eine Rolle.

Die Erhaltungssatzung soll im Innenstadtbereich für historische Gebäude gelten. Nun ist die Beteiligung der Öffentlichkeit abgeschlossen. Herausgekommen sind bei etwa 150 angeschriebenen Eigentümern acht Rückmeldungen, von denen die Stadtverwaltung sechs als Einsprüche im eigentlichen Sinne einstuft. Dies wurde im Ausschuss für Stadtplanung, Bauen und Umwelt (SBU) des Singener Gemeinderats nun deutlich. Karin Leyhe-Schröpfer (Grüne), die sich schon früher für die Erhaltungssatzung ausgesprochen hatte, sagte in der Sitzung, diese niedrige Zahl spreche für sich: „Es ist kein Stillstand gefordert, sondern eine vorsichtige Entwicklung.“

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Ähnlich hat es auch Christine Keinath vom Architekturbüro Urba aus Stuttgart formuliert. Man arbeite schon lange mit diesem Büro zusammen, erklärte der federführende Stadtplaner Tilo Brügel von der Stadtverwaltung dazu. Keinath legte in ihrer Präsentation dar, dass das Singener Zentrum von Bauten aus der Gründerzeit geprägt sei, als die Stadt durch die Industrialisierung rasant wuchs. Nehme man eines dieser prägenden Gebäude weg, fehle etwas. Gebaut werden solle daran daher im Geist der Gründerzeit.

Es gibt auch Kritik an der Satzung

Kritik an der Satzung gibt es trotzdem. So beklagt Andreas Pusel, zu dessen Familie ein Eigentümer eines betroffenen Gebäudes gehört, dass eine solche Satzung wirtschaftliche Folgen habe. Schließlich schränke sie die Möglichkeiten ein, ein Gebäude umzubauen oder abzureißen oder ein Grundstück dichter zu bebauen. Außerdem sei ihm mitunter nicht richtig klar geworden, warum die Erhaltungssatzung für manche historischen Gebäude nicht gelten soll. Wäre dies transparent für alle, hätte er kein Problem mit der Satzung, sagt Pusel.

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Thomas Mügge, Fachbereichsleiter Bauen bei der Stadtverwaltung, erklärt dazu auf Anfrage, dass es nur wenige Ausnahmen unter den Gebäuden aus der Gründerzeit gebe, etwa wenn schon so viele Umbauten vorgenommen wurden, dass sie nun nicht mehr erhaltungswürdig seien. Und wenn jemand umbauen möchte, könne das zum Beispiel dann gehen, wenn hinter dem Haus noch Platz sei: „Bei den meisten Objekten gibt es Entwicklungsmöglichkeiten.“ Das Büro Urba werde ein Datenblatt mit den wesentlichen Merkmalen jedes Gebäudes erstellen. Die Häuser sollen ja erhalten bleiben, Investitionen seien also erwünscht. „Aber man muss mit uns reden“, sagt Mügge genau wie in der Ausschusssitzung auch Oberbürgermeister Bernd Häusler: „Wenn ein Haus weg ist, ist es weg. Und dann wurde es in der Vergangenheit mitunter beklagt“, so das Stadtoberhaupt.

Der Ausschuss SBU hat das Vorhaben mit vier Gegenstimmen von CDU und FDP für den Gemeinderat empfohlen. Das Gesamtgremium soll in seiner Sitzung am Dienstag, 31. Mai, ab 16 Uhr im Bürgersaal des Rathauses entscheiden.