Ende September steht für Roland Ketterer wieder eine Reise nach Chala, einer 10.000-Einwohner-Ortschaft im Westen von Tansania, an. Es ist nicht seine erste Reise, doch dieses Mal ist alles ein bisschen anders. „Früher ging es nicht, weil es keinen Flug gab“, erklärt der Gründer von Elimu4Afrika. Für die Einreise muss er einen gültigen und auch negativen Corona-Test nachweisen, wenn er zurückkommt, steht erst einmal eine Quarantäne an. Doch vor Ort sei die Situation nicht so schlimm: „Tansania ist wider erwarten von Corona nicht so schlimm betroffen“, erklärt Ketterer.

Mit Vieh und Anhänger werden schwere Teile zur Baustelle transportiert.
Mit Vieh und Anhänger werden schwere Teile zur Baustelle transportiert. | Bild: Ketterer, Roland

Doch auch in dem afrikanischen Land gibt es Sicherheitsvorkehrungen. „Aber 55 Prozent der Bevölkerung sind unter 15 Jahren, deswegen ist das Risiko nicht so groß“, sagt Ketterer. Aber auch wirtschaftliche Auswirkungen hat die Pandemie – vor allem auf die Baustelle, auf der Ketterer nach dem Rechten schauen möchte. Denn nach einem Trinkwasserbrunnen baut der Donaueschinger Verein dort gerade eine Gewerbeschule mit Internat. Zwei Drittel des Bauwerkes stehen bereits, inklusive einer Kläranlage, die europäischen Standards entspricht. „Wir bauen da schließlich keine Gewerbeschule wie in der Steinzeit.“ Jetzt steht der Innenausbau an, aber aktuell geht es etwas langsamer voran: „Normalerweise haben wir 50 Leute auf der Baustelle, jetzt dürfen es noch maximal zehn Arbeiter sein“, sagt Roland Ketterer.

Roland Ketterer besucht die Baustelle oft, um nach dem Rechten zu sehen und kräftig mitanzupacken.
Roland Ketterer besucht die Baustelle oft, um nach dem Rechten zu sehen und kräftig mitanzupacken. | Bild: Ketterer, Roland

Doch auch die Situation hier in Deutschland hat Auswirkungen auf den Verein. „Es ist schwierig geworden, was das Spendenaufkommen betrifft. Jeder hat sich etwas zurückgezogen und die Hilfe zur Hilfe kommt erst an dritter Stelle“, erklärt der Pfohrener. Außerdem sei es ja in den vergangenen Monaten auch nicht möglich gewesen, Veranstaltungen zu machen, um so zu Spenden für das Projekt aufzurufen. „Das Ziel, Ende des Jahres fertig zu werden, hat sich mangels Geld und Masse zerschlagen“, sagt der Elimu4Afrika-Chef. Es wird wohl Ende 2021 werden.

Bild 3: Stein für Stein entsteht ein Schulhaus: Warum ein regionaler Verein eine Baustelle in Tansania hat
Bild: Ketterer, Roland

150 Schüler und auch Schülerinnen sollen dort dann nicht nur unterrichtet werden, sondern auch leben. „Es werden 60 Prozent Männer und 40 Prozent Frauen sein“, erklärt Ketterer. Für das sehr konservativ geprägte Tansania sei das ungewöhnlich. Die Position der Frau habe sich in den vergangenen zehn Jahren zwar verbessert, sei aber noch weit von Gleichberechtigung entfernt. „Allerdings kann man Tansania nur mit den Frauen voranbringen, sie sind zuverlässiger und ehrgeiziger“, erklärt Ketterer. Und auch auf der Baustelle bringen sie vollen Einsatz. Zu normalen Zeiten waren es zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen. „Ich kann aber nicht sicher sagen, wer eigentlich mehr schafft“, sagt Ketterer mit einem Lachen. Vieles müsste man den Arbeitern erst auch noch beibringen. „Es gibt kaum Handwerker, sondern nur Akademiker und Tagelöhne.“

Bild 4: Stein für Stein entsteht ein Schulhaus: Warum ein regionaler Verein eine Baustelle in Tansania hat
Bild: Ketterer, Roland

Und das war auch genau der Grund, warum Ketterer und seine Elimu4Afrika-Unterstützer dort eine Gewerbeschule bauen. „Entweder konnte ich jedes Mal runterfliegen, wenn etwas am Trinkwasserbrunnen kaputt ist oder wir bringen ihnen bei, wie man es selbst repariert“, erklärt er. Zwei Jahre lang sollen die Schüler alles zum Thema Wasserversorgung und Solar lernen, um so eine Chance in ihrem Land zu erhalten. „Die Menschen haben so eine Perspektive und kommen gar nicht auf die Idee zu flüchten und in Europa enttäuscht zu werden“, sagt Clemens Willmann, der zwar schon länger Mitglied im Verein ist, sich nun aber verstärkt einbringen will. Und Roland Ketterer ist sich sicher, dass die Ausbildung Chancen bietet: „Fachkräfte sind gefragt: Die Schüler haben meist schon einen Job, bevor sie überhaupt richtig mit der Ausbildung angefangen haben.“

Bildunterschrift
Bildunterschrift | Bild: Ketterer, Roland

Doch für die Ausbildung braucht es dann auch Lehrer. Das ist einer der nächsten Schritte, die auf der To-do-Liste stehen, neben vielen anderen Punkten, die Ketterer und seine Mitstreiter noch in Angriff nehmen wollen. Uni-Absolventen aus Tansania sollen den Unterricht übernehmen. Die ersten zehn Jahre sollen sie aber unterstützt werden von deutschen Berufsschullehrern. „Wir suchen dann Leute, die für ein paar Monate unten bleiben wollen“, erklärt Ketterer.

Clemens Willmann und Roland Ketterer besprechen die nächsten Schritte.
Clemens Willmann und Roland Ketterer besprechen die nächsten Schritte. | Bild: Jakober, Stephanie

Und wenn die Schule läuft, gibt es da ja noch ein Solarfeld, das dort unter anderem auch für Schulungszwecke gebaut werden soll und das Pellets-Projekt. „Es wird dort unten eigentlich nur mit Holzkohle geheizt, deshalb sind die ganzen Hänge abgerodet und kahl“, sagt Ketterer. Aus nachwachsenden Rohstoffen sollen die Frauen selbst Pelletts pressen und verkaufen. „Das kurbelt die Wirtschaft an und ist außerdem ein Beitrag für den Umweltschutz“, sagt Roland Ketterer. Und so wird er wohl noch einige Male nach Tansania fliegen. Nicht nur um nach den Projekten zu sehen, sondern einfach auch, um die Menschen zu treffen, von denen viele zu Freunden geworden sind.