Es gibt zu wenig Kinderärzte in und um Villingen-Schwenningen. Das trifft viele deutsche Eltern hart. Sie werden zum Teil aufgefordert, mit ihren Kindern für eine medizinische Untersuchung bis in den Ortenaukreis zu fahren. Doch besonders tangiert sind nun auch ukrainische Familien, die in der Villinger Flüchtlingsunterkunft des Schwarzwald-Baar-Kreises leben.

Oft sind es Mütter, die mit ihren Kindern aus der umkämpften Heimat fliehen und die Ehemänner und Väter zuhause zurücklassen mussten. Sie stehen nicht selten vor dem Problem, dass sie nicht arbeiten können, da nicht genügend Kindergartenplätze für die geflüchteten Kinder zur Verfügung stehen.

Untersuchungen fehlen

Jetzt kommt eine neue Schwierigkeit auf sie zu. Weil die VS-Kinderarztpraxen so voll sind, dass keine Patienten mehr aufgenommen werden, fehlen oftmals die nötigen medizinischen Untersuchungen, um eine Kindergartenbetreuung oder Einschulung zu ermöglichen.

„Diese Notsituation macht die Einschulung und auch die Kindergartenbetreuung von den ukrainischen Kindern unmöglich.“
Aus dem Brief der Flüchtlinge

Aus diesem Grund haben etwa 20 Flüchtlingsfamilien, die im ehemaligen Villinger Heilig-Geist-Spital untergebracht sind, einen Hilferuf an den SÜDKURIER geschickt und auf das Problem der mangelnden ärztlichen Versorgung hingewiesen.

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„Unsere Kinder brauchen dringend medizinische Versorgung. Es ist leider unmöglich heute eine Kinderarztpraxis zu finden. Alle Praxen sind voll und nehmen keine Patienten mehr auf“, heißt es in dem Schreiben, das vom Ehepaar Oxana und Vadim Vinnitski für die Unterzeichner verfasst wurde.

Die Zeit drängt

Die Betroffenen verweisen darauf, dass „diese Notsituation die Einschulung und auch die Kindergartenbetreuung unmöglich macht“. Die schulpflichtigen Kinder bräuchten die Einschulungsuntersuchung und die Masernimpfung. Weil jetzt das Schuljahr beginne, sei ihnen eine Lösung des Problems besonders wichtig.

Die Flüchtlinge, vor allem die Kinder, haben das Trauma des Kriegs zu verarbeiten, nun warten aber zusätzliche Probleme: Eltern sehen ...
Die Flüchtlinge, vor allem die Kinder, haben das Trauma des Kriegs zu verarbeiten, nun warten aber zusätzliche Probleme: Eltern sehen die Einschulung der Kinder in Gefahr. | Bild: Zahorka Dominik

Man mache sich Sorgen, dass die Kinder wegen fehlender Masernimpfungen und Gesundheitsbescheinigungen nicht rechtzeitig eingeschult werden könnten und so zusätzlich zum Trauma der Flucht auch noch ein Defizit an Bildung erleiden müssten. „In unserem Fall benötigen wir Hilfe von den Ämtern“, heißt es in dem Schreiben weiter.

Doch auch diese scheinen mit dem Ärzteproblem überfordert, wie mehrere Anfragen aufzeigen: „Das Problem im Hinblick auf den Ärztemangel insgesamt ist uns bekannt und betrifft nicht nur alleine ukrainische Geflüchtete, sondern alle Bürgerinnen und Bürger“, lautet beispielsweise die Antwort des Landratsamtes.

Die Sicherstellung der hausärztlichen und fachärztlichen ambulanten Versorgung und somit letztlich für die Vergabe der Arztsitze im Landkreis und in der Region sei die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW) in Stuttgart zuständig. Trotzdem werde versucht, über Kontakte zu Ärztinnen und Ärzten zu helfen sowie kurzfristig eine Lösung zu finden.

Hoffen auf unbürokratische Maßnahmen

Sowohl in den Gemeinschaftsunterkünften, in denen der Landkreis zusammen mit dem Roten Kreuz die Betreuung der Flüchtlinge wahrnehme, als auch im Integrationsmanagement, zuständig für die Flüchtlinge in den Städten und Gemeinden des Landkreises, werde an schnellen und unbürokratischen Maßnahmen gearbeitet.

Die Stadtverwaltung Villingen-Schwenningen wollte trotz Anfrage auf die prekäre Situation nicht eingehen. Die ukrainischen Flüchtlinge sind auch deswegen auf unbürokratische Unterstützung angewiesen, weil sie oft über kein Fahrzeug verfügen.