Nach der Hitze und der langen Trockenperiode sind die Wasserstände in Flüssen und Bächen am Hochrhein allmählich bedenklich. Manche Bäche sind nur noch Rinnsale oder fast völlig ausgetrocknet. Die Folge: Seit dem 4. August gilt ein vom Landratsamt Waldshut erlassenes generelles Wasserentnahmeverbot.
Beobachter berichten indes, dass Felder und Wiesen am gegenüberliegenden Ufer mit Rheinwasser benetzt werden. Sie fragen: Und hier dürften wir das nicht? Gelten bei uns Landkreis strengere Verordnungen als bei unseren Nachbarn in der Schweiz?
Der SÜDKURIER hat bei den entlang des Rheins liegenden Schweizer Kantonen (Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Aargau, Zürich, Schaffhausen) und beim Landratsamt Waldshut nachgefragt, was denn eigentlich derzeit bei der Wasserentnahme noch erlaubt ist und was nicht.
Landratsamt erteilt generelles Wasserentnahmeverbot
Das Landratsamt Waldshut sagt in seiner Pressemitteilung vom 3. August deutlich: „Aufgrund der anhaltenden Trockenheit verschärft das Landratsamt das Verbot vom 14. Juli zur Wasserentnahme mittels Pumpvorrichtung. Ab dem 4. August ist die Wasserentnahme aus Gewässern generell untersagt.“ Betroffen sind laut Angaben alle Wasserentnahmen aus Fließgewässern wie Bächen, Flüssen und Triebwerkskanälen sowie aus Weihern und Seen. Dies gelte auch für den Gemeingebrauch.
Fragen zur Wasserentnahme:

Dem Rhein darf noch Wasser entnommen werden
Dass in Deutschland kein Wasser aus dem Rhein gezogen werden darf, stimmt so nicht. Das Landratsamt formuliert ebenso klar: „Von dem Verbot ausgenommen ist lediglich die Entnahme aus dem Rhein beziehungsweise aus oberirdischen Gewässern im wasserrechtlich erlaubten Umfang.“
Auf Nachfrage erklärt das Landratsamt: Wer eine wasserrechtliche Erlaubnis besitzt, darf Wasser entnehmen. Aber auch nur dann, und es gilt ebenso für Landwirte. Im Rahmen des Gemeingebrauchs sind Entnahmen nur dann zulässig, wenn die kritischen Bezugspegelstände überschritten sind. Der Rhein ist davon ausgenommen.
Landratsamtssprecher Tobias Herrmann schreibt: „Der Rhein führt auch in der Trockenzeit große Wassermengen, sodass der Gemeingebrauch nicht eingeschränkt werden muss.“
Auch in der Schweiz braucht es Bewilligungen
Maßgebend für die Wasserentnahme in der Schweiz ist das Eidgenössische Gewässerschutzgesetz, an das sich die Kantone halten müssen. So schreiben die fünf Kantone übereinstimmend, dass jeder, der Wasser aus Oberflächengewässern über den Gemeingebrauch hinaus entnimmt, eine Bewilligung braucht. Dabei ist eine Mindestrestwassermenge festgelegt.
Kanton Schaffhausen: Wasser nur noch aus Rhein und Wutach
Im Kanton Schaffhausen würden Bewilligungen nur für die großen Fließgewässer wie Biber, Wutach und Rhein erteilt. Aus den Bächen im Kantonsgebiet dürfe grundsätzlich kein Wasser entnommen werden. Was die Landwirte betrifft, sind Bewilligungen an bestimmte Bedingungen geknüpft, wie Jürg Schulthess, Abteilungsleiter Gewässer im Kanton, schreibt: „Aktuell darf im Kanton Schaffhausen nur noch aus dem Rhein und aus der Wutach Wasser entnommen werden.“
Kanton Zürich: Die Mengen sind beschränkt
Auch der Kanton Zürich erteilt zur Entnahme zu Bewässerungszwecken Konzessionen. „Solche erteilt er nur für genügend große über- und unterirdische Gewässer. Die Entnahmemengen sind beschränkt“, erklärt Wolfgang Bollack, von der Medienstelle der kantonalen Baudirektion. Das Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft könne bei anhaltender Trockenheit den Gemeinden die Kompetenz übertragen, vorübergehend Wasserentnahmen aus den großen Seen und Flüssen zu bewilligen, um landwirtschaftliche Kulturen zu bewässern. Was den Rhein betreffe, seien die entnommenen Wassermengen hier marginal.
Kanton Aargau: Fast alle Bäche schon unter dem Limit
Im Kanton Aargau seien die im Eidgenössischen Gewässerschutzgesetz definierten Mindestwassermengen in fast allen Bächen längst unterschritten, schreibt Geografin Susette Burger, Sektionsleiterin der Abteilung Landschaft und Gewässer im kantonalen Departement Bau, Verkehr und Umwelt. „Bei den Flüssen sieht das zum Glück noch anders aus, dort sind Wasserentnahmen noch möglich.“
Der Pegel im Rhein sinke zwar ebenfalls, aber die Bewilligungen aufzuheben, hätte einen vernachlässigbaren Effekt. Burger: „Sollte sich die Abflusssituation aber weiter und deutlich verschärfen, wären grenzüberschreitende Maßnahmen (Schweiz-Deutschland und kantonsübergreifend) sinnvoll und wichtig.“
Basel-Landschaft: Noch genug Wasser in Rhein und Birs
Die anhaltende Trockenheit habe im Kanton Basel-Landschaft zur Folge, das aus den meisten Gewässern auf dem Kantonsgebiet auch mit einer Konzession kein Wasser mehr entnommen werden dürfe, schreibt Andrea Bürki, Mediensprecherin der Bau- und Umweltschutzdirektion. Doch Rhein und Birs verfügten noch über eine ausreichend hohe Abflussmenge. Wer eine Konzession besitzt, darf hier noch Wasser entnehmen.
Kanton Basel-Stadt: Badeverbot in Wiese und Birs
Landwirtschaft spielt im Kanton Basel-Stadt hingegen nahezu keine Rolle. Laut Brigitte Meyer, Generalsekretärin im Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt, wird dem Rhein im Kanton Wasser nur als Brauchwasser (Fabrikwasser) und zur Grundwasseranreicherung (Trinkwassergewinnung) in den Langen Erlen entnommen. Meyer weiter: „Im Rhein sind aufgrund des nach wie vor ausreichenden Abflusses keine Einschränkungen der Wasserentnahmen nötig.“ An Wiese und Birs gelte wegen der niedrigen Wasserstände und der hohen Temperaturen seit dem 19. Juli ein Bade-, Betreuungs- und Fischereiverbot zum Schutz der Fische.
Fazit: Auf Schweizer Rheinseite ist, was die Wasserentnahme aus Oberflächengewässern betrifft, nicht mehr erlaubt als in Deutschland. Und: An beiden Ufern des Rheins sind Entnahmen noch erlaubt.
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