Darf auf einer Bierflasche ein Mohr abgebildet werden? Um diese Frage drehte sich eine heftige Diskussion in Vorarlberg, dem sonst eher ruhigen Land im Westen Österreichs. Der Grund: Das am häufigsten getrunkene Bier dort stammt aus der Mohrenbrauerei und es zeigt einen Schwarzen mit Merkmalen, die von Kritikern als rassistisch bezeichnet werden. Das Logo des beliebten Biers zeigt ein Gesicht im Profil – mit dicken Wulstlippen, starkem Kraushaar und Stupsnase.
Zwei Jahre lang währte die Diskussion, bei der auch Rassismusvorwürfe laut wurden. Die Brauerei reagierte anfangs mit Unverständnis und verwies auf die einfache Idee, die hinter dem heute als problematisch empfundenen Kopf stand: Der Gründer von Brauerei und dazugehöriger Gaststätte hieß Josef Mohr.
Der bürgerliche Braumeister hatte kein Familienwappen, also wählte er das Bild zu seinem sprechenden Namen – eben einen Mohren. Das war im Jahr 1763. Mohrs gedanklicher Sprung von seinem Namen auf die Figur des Mohren speist sich aus der kirchlichen Tradition. Der Gastwirt bezog sich auf den bekannten Heiligen Mauritius – einen afrikanischen Offizier in römischen Diensten und späteren Märtyrer.
Kritiker bleiben enttäuscht
Diese Argumentation machte sich auch die Brauerei zu eigen, doch fruchtete das nicht. Kritiker hielten dem alt eingeführten Unternehmen – mit 48 Prozent Marktanteil in Vorarlberg – Betriebsblindheit vor. Außerdem verwiesen sie auf andere Unternehmen, die ihre Markenzeichen längst abgeräumt haben – den Sarotti-Mohr ebenso wie den berühmten Mohrenkopf, der seit Jahren umbenannt ist. Der Entrüstungssturm in den sozialen Netzwerken war derart heftig, dass die Brauerei ihre digitalen Kanäle zeitweise aussetzte.
Das Management der Brauerei ging in sich. Die Firma ist bis heute Familienbetrieb. 1834 erwarb Familie Huber Brauerei und Gasthof. Heute wird die Mohrenbrauerei von Heinz Huber geleitet, der in sechster Generation mälzen, sieden und abfüllen lässt.

„Wir haben uns in den vergangenen eineinhalb Jahren intensiv mit unserer Marke, unserem Logo, unserer Tradition, unserer gesellschaftlichen Verantwortung und unseren Werten auseinandergesetzt,“ erklärt Marketingchef Andreas Linder. Man habe den von außen erzwungenen Prozess „mit einem weißen Blatt Papier“ begonnen. Unter den Vorschlägen war die Idee, das schwarze Profil durch einen Birnbaum zu ersetzen.
Im Frühjahr präsentierte der Dornbirner Marktführer das Ergebnis. Die Kritiker trauten ihren Augen nicht: Der Kopf auf der Bierflasche bleibt – indes nur leicht verändert. Der Käufer einer Flasche sieht also noch immer einen schwarzen Mann, doch hat er nun eine feinere Nase, keine Kraushaare und einen schmalen Mund. Die Kritiker sind enttäuscht.

Die Änderung geht ihnen nicht weit genug, sie sehen darin nur eine Retusche: „Ich und viele andere fühlen uns veräppelt“, sagt Emmeraude Banda, ein Sprecher der Anti-Rassismus-Bewegung „Black Voices Volksbegehren“. Die Überarbeitung bezeichnet er als „Fehlschlag“. Das Logo in Kombination mit dem Firmennamen reproduziere noch immer rassistische Gesellschaftsstrukturen. Nicht gelten lässt er das Argument der Brauerei, dass ein weithin bekanntes Logo ein Markenzeichen ist, das eine Firma nicht ohne Weiteres aufs Spiel setzt.
Altes Logo bleibt noch eine Weile
Bereits die anstehende Umstellung wird Jahre dauern, berichtet Marketingchef Linder. Im gesamten Westen Österreichs flattern noch immer die alten Mohrenfahnen, die ihre Schuldigkeit längst nicht getan haben. Bierdeckel, Bierbänke, Spielkarten – zwischen Bregenzer Wald und Bodensee sehen die wenigsten einen Grund, die alten Werbemittel zu tauschen. Selbst das hypermoderne Biermuseum hat das neue Logo noch nicht in die Ausstellung eingebaut.
Und die Biertrinker? Viele Einheimische stehen hinter dem alten und dem neuen Logo. Als die Diskussion aufbrandete und die Telefone in der Firmenzentrale heiß liefen, gründete sich eine Bürgerinitiative. Sie warb für die Beibehaltung des Firmennamens wie auch des Firmenbildes. 6500 Menschen schlossen sich der Petition an – während die Gegner immer als lautstarke Einzelpersonen auftreten. Mohrenbräu sah sich bestätigt.
„Es hat sich gezeigt, dass wir als regionales Unternehmen eine starke Community haben, die voll zur Marke steht und uns in der schwierigen Zeit den Rücken gestärkt hat“, sagte Geschäftsführer Heinz Huber. Die Menschen aus Vorarlberg würden das Unternehmen kennen und wissen, dass es mit Rassismus nichts am Hut habe.
Wer sich in Dornbirn umhört und nach der Meinung über das Erscheinungsbild der Brauerei fragt, könnte überrascht sein: Die breite Mehrheit hängt am Mohren-Motiv. Die Debatte darüber sei von außen aufgezwungen, heißt es. Man schade einem bewährten regionalen Betrieb, der nur eines wolle: angenehme Getränke brauen und verkaufen. Im Übrigen sei Durst stets unpolitisch.