Die Sonne scheint, der Himmel ist blau: Perfektes Wetter zum Spazierengehen erwartet an diesem Montagvormittag die Ehrenamtlichen und Sprachlernwilligen an der Uferpromenade. Weil das Projekt „Deutsch to go“ noch recht neu ist, erklärt Organisatorin Simone Hartel allen, die dazustoßen, nochmals kurz das Konzept.
Deutsch-Lernende und freiwillige Deutsch-Lehrende treffen hier aufeinander, finden sich in Tandems zusammen. Sie entscheiden dann, ob sie zum Üben der Sprache spazieren gehen, sich auf eine Bank oder in ein Café setzen wollen. Dann verbringen sie die kommenden 45 Minuten gemeinsam bei einem ungezwungenen Gespräch. „Das Angebot richtet sich so beispielsweise auch an Eltern mit Kind, die keinen Platz in einem Deutschkurs mit Kinderbetreuung gefunden haben“, erklärt Simone Hartel. Generell sei es offen für alle.
Anita Speth war schon beim letzten Mal dabei und hat dem Regen getrotzt. Sie lacht und sagt: „Wir hatten ja Schirme und feste Schuhe.“ Immerhin vier Sprachtandems hatten sich beim Auftakttermin trotz der ungemütlichen Witterung zusammengefunden.
38-Jähriger nutzt jedes Angebot, von dem er erfährt
An diesem zweiten Montag sind anfangs weniger Lernwillige als Lehrende da, doch ein paar Nachzügler später können sich fünf Tandems bilden. Speth geht diesmal mit Ibrahim Narinerzincanli spazieren, der aus der Türkei stammt und zum ersten Mal dabei ist. „Letztes Mal hat es geregnet“, erklärt er, daher sei er nicht gekommen. Dabei, so schildert der 38-Jährige, nutzt er jedes Integrationsangebot, von dem er erfährt: „Ich habe vor einem Monat meinen Integrationskurs beendet, jetzt mag ich jedes Angebot nutzen. Wenn ich nicht spreche, geht mein Deutsch unter.“ Manchmal übe er mit seiner Frau Deutsch, sie selbst warte noch auf die Zulassung zum Integrationskurs, spreche daher auch erst ganz wenig. Sie ist erst im März per Familiennachzug zu ihm gekommen. „Ich möchte mehr Kontakt zu Deutschen, damit mein Deutsch flüssiger wird“, sagt Narinerzincanli.
Anita Speth empfiehlt Anschluss an Vereine
Anita Speth empfiehlt ihm, sich dafür doch mal nach einem Verein umzusehen. „Da gibt es alles, Musik, Sport“, erklärt sie. Dann erzählt sie ihm von dem Reparaturcafé, in dem sie sich engagiert. „Aber da kommen die Deutschen?“, fragt er und grübelt dann: „Wenn ich alleine komme, fühle ich mich vielleicht nicht gut, weil mein Deutsch nicht so gut ist.“
Überhaupt nehme er bisher nur an Integrationsprojekten teil, nicht an solchen „für Deutsche“. Anita Speth wirft ein: „Aber die sind doch für alle, nicht nur für Deutsche.“ Gemeinsam überlegen sie, wie es besser gehen könnte. Dabei stoßen sie auf ein Problem: Viele Projekte werden in der Zeitung angekündigt. Die 65-Jährige will die Anregung mitnehmen, auch fürs Reparaturcafé, zusätzlich mehr online zu kommunizieren, „damit auch wirklich alle davon erfahren.“
Deutsch sei schwierig, aber „Türkisch ist komplizierter“
Wie schwer fällt Narinerzincanli eigentlich das Deutschlernen? „Türkisch ist komplizierter, denke ich“, sagt er, trotzdem sei Deutsch eine schwierige Sprache. Anita Speth fragt ihn, wie es ihm mit dem Schwäbischen ergeht. Er muss schmunzeln und sagt, dass es schon etwas Probleme mache, wenn jemand Dialekt oder sehr schnell spreche. „Aber meine Lehrerin im Integrationskurs kam aus Hamburg. Sie sagte, sie verstehe auch manchmal gar nichts, wenn jemand Schwäbisch spricht.“ Außerdem finde er Dialekte schön, es sei Vielfalt und das bedeute Reichtum. „In der Türkei ist das ähnlich: Ich komme aus der Nähe von Ankara, meine Frau aus dem Norden. Meine Schwiegermutter und ich verstehen uns manchmal nicht“, ergänzt er.
Zum Abschied bedankt er sich bei seiner Gesprächspartnerin, er möchte auf jeden Fall wiederkommen. „Und vielleicht bringe ich meine Frau mit“, sagt er. In einem solchen Zweierformat könne sie sicherlich gut üben, auch wenn sie Deutsch erst auf dem A1-Niveau beherrsche.