Karlheinz Fahlbusch

Das Obertor dürfte wohl das markanteste Bauwerk der Linzgaustadt sein und gilt als einzigartige Doppeltoranlage im Bodenseeraum.

2020: So präsentiert das Pfullendorfer Wahrzeichen im Jubiläumsjahr.
2020: So präsentiert das Pfullendorfer Wahrzeichen im Jubiläumsjahr. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

Wenn man sich nun vorstellt, man hätte noch mehr Stadttore und die wären alle durch eine begehbare Stadtmauer verbunden, dann wäre das bestimmt eine Touristenattraktion. Doch leider ist das nicht so. Schuld daran ist aber kein Krieg. Es waren die Stadtväter von Pfullendorf, die wohl keinen Sinn für die Historie hatten und drei der vier Stadttore abreißen ließen.

Auch Obertor sollte ursprünglich abgebrochen werden

Beinahe wäre auch das heutige Wahrzeichen der Stadt der Spitzhacke zum Opfer gefallen. Denn auch sein Abbruch war ursprünglich vorgesehen. Auch später war der Fortbestand nicht gesichert. Als man den monumentalen Bau 1913 renovierte, da soll es Pfullendorfer gegeben haben, die „das Verkehrshindernis“ gern dem Erdboden gleichgemacht hätten. Glücklicherweise konnten sie sich nicht durchsetzen. Als dann die 750-Jahre-Feier näher rückte, ließ die Stadt nicht nur das Obertor renovieren, sondern auch die Gebäude daneben abbrechen. 1968 wurde die Durchfahrt durch das Tor dann nach nebenan verlegt, wo sie bis heute geblieben ist.

Schönste Toranlage in der Region

Wenn man vor dem Obertor steht, dann muss man den Kopf schon sehr in den Nacken beugen, will man die Spitze des mächtigen Turms in Augenschein nehmen. 39 Meter geht es da in die Höhe. Wer bei einer der zahlreichen Stadtführungen die Innentreppe hochsteigt, der muss weit über hundert Stufen überwinden. Die gesamte Anlage besteht eigentlich aus drei Teilen: dem Vortor, dem inneren Tor und dem Obertorturm.

Nepomuk ist eine Brückenheiliger. Trotzdem steht er im Durchgang des Obertors. Aber das hat seinen Grund.
Nepomuk ist eine Brückenheiliger. Trotzdem steht er im Durchgang des Obertors. Aber das hat seinen Grund. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

Von Ostrach her kommend, fällt sofort das schöne Vortor ins Auge. Die angelehnten Vortürme links und rechts mit einem rschönen Relief erinnern sehr an den Eingang eines Schlosses.

Statue des heiligen Nepomuk im Obertor

Unter der Kreuzigungsgruppe kann man das Stadtwappen mit dem Reichsadler und zwei urwüchsige wilde Männer entdecken. Zwischen dem Vortor und dem Haupttor gab es früher einen Wassergraben. Dieser muss sogar recht tief gewesen sein. Wie berichtet wird, soll dort im Jahr 1728 ein Mann ertrunken sein. Der Wassergraben dürfte auch der Grund sein, warum im inneren Torbogen eine Statue des Brückenheiligen Nepomuk zu finden ist.

Dorfgasthaus aus den Resten des Gebsentors

Fährt man von Pfullendorf in Richtung Mengen, so kommt man durch den Stadtteil Mottschieß. Rechts an der Durchgangsstraße steht der wuchtige Bau des Gasthauses Frieden. Dieses wurde aus den Steinen gebaut, die eigentlich das Gebsentor bildeten, das als Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung etwa dort stand, wo heutzutage die Heiligenberger Straße zwischen Hotel Adler und dem Kik-Gebäude durchführt. Dort beginnt auch die Straße An der Mauer. Hier führte die Stadtmauer vom Gebsen-Tor in Richtung Obertor. Einige Teile sind noch vorhanden. Vom Tor selbst ist gar nicht übrig geblieben. Die damaligen Stadtoberen hatten es am 5. März 1855 für 236 Gulden zum Abbruch verkauft.

Wasser für die Stadt vom Steinbrunner Tor

Gegenüber des Fachwerkhauses des ehemaligen Gasthauses Sonne stand das Steinbrunner Tor. Den Namen hatte es vermutlich von einem steinernen Brunnen, der von Quellen aus dem Bergwald gespeist wurde. Es diente ebenfalls als Wachturm. Rückten Feinde an, dann gab ein Wächter auf dem Kirchturm in Aftholderberg ein entsprechendes Signal und die Stadt konnte die nötigen Vorkehrungen treffen. Das Steinbrunner Tor hatte aber auch noch eine besondere Aufgabe. Im Inneren war ein Kunstpumpwerk eingebaut, mit dem das Wasser aus dem nahegelegenen Weiher, wo sich heute der Stadtgarten befindet, in 30 Meter Höhe gepumpt wurde. Der Falldruck des Wassers reichte aus, um drei Brunnen in der Oberstadt mit Wasser zu versorgen. Für die damalige Zeit war das eine enorme technische Leistung. Mit dem Abbruch des Tores im Jahr 1831 gab auch das Pumpwerk seinen Dienst auf.

Aus dem Engelinstor wird ein Schulgebäude

Vermutlich zur selben Zeit wie das Steinbrunner Tor verschwand auch das Engelinstor, benannt nach dem Kloster Zu den Engeln am unteren Stadteingang.

1817: Das Engelinstor stand beim in der Unterstadt beim heutigen Geschäft Klaiber.
1817: Das Engelinstor stand beim in der Unterstadt beim heutigen Geschäft Klaiber. | Bild: Fahlbusch, Karlheinz

Es stand in etwa an der Stelle, wo heute das Geschäft Klaiber zu finden ist. Die Treppe daneben, die in die Oberstadt führt, befand sich schon damals innerhalb der Stadtbefestigung. Urkundlich erwähnt wird das Tor erstmals im Jahr 1340. Fallbrücke und Fallgatter gehörten wie bei den anderen drei Toren zur Standardausrüstung und auch hier gab es einen tiefen Wassergraben entlang der Stadtmauer. Auch das Engelinstor wurde abgebrochen und die Steine gingen ins heutige Aach-Linz, wo das Schulhaus damit gebaut wurde. Bezahlen mussten die Nachbarn dafür nichts. Als Gegenleistung musste die Abbruchstelle aber vollkommen von den Resten des Tores gereinigt werden.