Niedereschach – Seit es Kommunen möglich ist, andere Gemeinden, aus denen Schüler die Schulen besuchen, an Investitionskosten zu beteiligen, gibt es nach Worten des Niedereschacher Bürgermeisters Martin Ragg ein „Hauen und Stechen – und am Ende kommt vielleicht nichts raus“. Der Gemeinderat will sich an diesem Hauen und Stechen nicht beteiligen und hat – „um ein Zeichen zu setzen“– einstimmig beschlossen, aktuell keine Investitionskostenbeteiligungen bei den Umlandgemeinden anzufordern trotz des Risikos, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine Kostenbeteiligungsforderung eventuell nicht mehr möglich ist. Die Gemeinde – und das ist Teil des Beschlusses – behält es sich dennoch vor, zu einem späteren Zeitpunkt Kosten anzufordern beziehungsweise aufzurechnen, falls andere Städte und Gemeinden von der Gemeinde Niedereschach eine Kostenbeteiligung verlangen.

Was Rottweil betrifft, ist der Fall bereits eingetreten. Rottweil hat den Worten Raggs zufolge der Gemeinde Niedereschach für drei Schüler aus Niedereschach, die dort angeblich eine Schule besuchen, 45.000 Euro in Rechnung gestellt. Und dies, ohne der Gemeinde unter Verweis auf den Datenschutz die Namen der drei Schüler zu nennen, damit die Gemeinde prüfen kann, ob diese überhaupt und wenn ja zu welcher Zeit in Niedereschach gemeldet sind oder waren. Als „problematisch“ sieht es Ragg zudem an, dass es bei den Rechnungen um Investitionen aus der Vergangenheit gehe, über welche die Gemeinde im Vorfeld weder informiert noch eingebunden war.

Da es unter dem Dach der drei Gemeinden Niedereschach, Deißlingen und Dauchingen die Gemeinschaftsschule Eschach-Neckar (GMS) und diesbezüglich eine öffentlich rechtliche Vereinbarung gebe, betreffe die Situation diese drei Gemeinden untereinander nicht, so der ausdrückliche Hinweis des Schultes. Von Deißlingen wisse er, dass der dortige Gemeinderat beschlossen habe, gegenüber anderen Städten und Gemeinden außer Niedereschach und Dauchingen, deren Schüler die GMS besuchen, Forderungen geltend zu machen.

„Wir können nur gegen einen solchen Schwachsinn sein“: Mit diesen Worten eröffnete Gemeinderat Rüdiger Krachenfels im Vorfeld der Beschlussfassung die Diskussion. Da müsse sich der Gesetzgeber erklären, sonst gebe es Chaos, so Krachenfels weiter. Er könnte sich sogar vorstellen, eine Petition in die Wege zu leiten. Sein Ratskollege Michael Asal vertrat dieselbe Meinung. „Das ist Quatsch, und für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass hier von anderen rückwirkend und, ohne eingebunden worden zu sein, Geld gefordert wird“, echauffierte sich Asal. Er hält es für richtig, dass die Gemeinde Niedereschach nur an die Städte und Gemeinden eine Rechnung stellt, die ihrerseits Forderungen an Niedereschach stellen.

Reinhold Hummel unterstützte den später in einen einstimmigen Beschluss mündenden Vorschlag der Verwaltung. Ob gestellte Rechnungen für die betroffenen Gemeinden zumutbar und berechtigt sind, müssen am Ende wohl auch die Gerichte entscheiden. Siegfried Reich ist überzeugt, dass es am Ende für alle Städte und Gemeinden ein Nullsummenspiel wird. „Mögen sich andere an dem Hauen und Stechen beteiligen, deren Verwaltungen keine anderen Aufgaben haben“, so Reich.

Markus Dietrich bezeichnete das Ganze als „Irrsinn“ und könnte sich vorstellen, dass sich die Gemeinde Niedereschach direkt an die Landesregierung wendet, um in der Sache Klarheit zu schaffen. „Wer investiert, muss sich vorher Gedanken machen und betroffene Gemeinden bei der Planung und Entscheidung einbinden“, ist sich Dietrich mit Blick auf Forderungen, zurückliegende Investitionen betreffen, sicher. Armin Müller wies darauf hin, dass er es genau wie seine Vorredner sehe und man nur an die Gemeinden Forderungen stellen solle, die ihrerseits mit Forderungen auf die Gemeinde zukommen.

Im Einklang mit Bürgermeister Martin Ragg hielt es Regina Rist nicht für sinnvoll und zielführend, sich direkt an die Landesregierung zu wenden. Vielmehr müsse sich der Gemeindetag des Problems annehmen und eine Lösung vermitteln. Der Gemeindetag sei mit dem Ministerium bereits in Kontakt, wusste der Schultes zu berichten. Für die „Rückwirkungsgeschichte“ sei jedoch noch keine Lösung in Sicht, und was die Zukunft betrifft, könnte es eventuell eine Lösung über den Finanzausgleich geben.

Peter Engesser ärgerte sich darüber, dass die Stadt Rottweil die Namen der betroffenen Schüler nicht nennen will, während Reinhold Hummel diesbezüglich etwas Verständnis zeigte. „Sonst wird es noch auf dem Rücken der betroffenen Familien ausgetragen“, befürchtet er.

Bürgermeister Martin Ragg wies darauf hin, dass es unter den rund 1100 dem Gemeindetag angehörenden Gemeinden und Städten auch viele gebe, die das Urteil begrüßen, weil sie sich dadurch finanzielle Einnahmen versprechen.