Schonach – Zu dieser weiteren Veranstaltung im Rahmen von „750 Jahren Schonach“ hatte die Strohmanufactur in ihre Räumlichkeiten in der Hauptstraße eingeladen. Die Schonacherin Anni Hettich erzählte aus ihrem Buch „Die Schwarzwald-Bäuerin“. Ingrid Schyle, Vorsitzende des Fördervereins, begrüßte die zahlreichen Gäste und freute sich, dass Hettich sich bereit erklärt hatte, aus ihrem Leben zu erzählen. Sie habe, so Schyle, das im Jahr 2011 erschienene Buch kürzlich wieder gelesen, und es sei schon etwas Besonderes, befand sie.
Anni Hettich, Jahrgang 1938, kam auf dem Rohrhardsberg zur Welt, lebte dort mit den Eltern und acht Geschwistern in recht ärmlichen Verhältnissen auf dem Metzig-Hof, einer kleinen Domäne des Forstamts, das zwischen heutiger Skilift-Talstation und dem kleinen Ortskern von Rohrhardsberg lag. Der Vater kam aus Bayern, die Mutter aus Bad Mingolsheim. Ihre vier ältesten Geschwister kamen noch dort zur Welt, bevor es die Familie in den Schwarzwald zog, wo der Vater als Holzhauer arbeitete. Zur Schule im Ortskern sei es zwar nicht weit gewesen, zum Einkaufen oder zum Kirchgang jedoch musste man nach Schonach, ein Fußmarsch von rund eineinhalb Stunden.
Als sie in der fünften Klasse war, so erzählte Hettich, wurde sie Hirtenmädchen beim Bachmichelhof im Schonacher Turntal. Das sei die wohl schönste Zeit ihrer Kindheit gewesen, dort fand sie auch „Freunde fürs Leben“. Etliche Schicksalsschläge mussten sie und die Familie hinnehmen. So brannte 1953 die Metzig komplett ab, der zweitjüngste Bruder kam dabei fast ums Leben. Dank des Vaters, der den Jungen aus dem lichterloh brennenden Haus rettete, überlebte er. Die Familie stand vor dem Nichts, kam zwar dann in einer weiteren Domäne des Forstes, im Krautloch, unter, hatte aber ihr gesamtes Hab und Gut verloren.
Im selben Jahr verunglückte der Vater schwer beim Holzhauen am Elzbach, einen Tag später verstarb er im Krankenhaus. Noch heute erinnert ein Bildstock in der Elz direkt an der Landesstraße 109 an den Unglücksort. 1955 starb auch noch die Mutter, die neun Geschwister waren nun Vollwaisen.
Die Geschwister wohnten vorerst weiter im Krautloch, bewirtschafteten die Flächen in der Metzig, vor allem Anni arbeitete dort. 1957 beschloss sie, dass sie das nicht mehr wollte, bat ihren zweitältesten Bruder, in der Fabrik nach Arbeit für sie zu fragen und nach einem Baugrundstück zu suchen. So fing sie in der Burger-Fabrik an und ein Jahr später fand man einen Bauplatz im Schonacher Turntal. Gemeinsam bauten die neun Geschwister ihre neue Heimat auf, in Handarbeit. Den Tag über arbeitete man in der Fabrik, abends am Haus, dann ging es zurück ins Krautloch, um morgens um 6 Uhr wieder von vorne zu beginnen. Ende 1960 konnte man gemeinsam in das neue Haus einziehen. Einzig die älteste Schwester war verheiratet und wohnte woanders.
1966 lernte Anni ihren späteren Mann Helmut kennen, doch auch hier schlug das Schicksal zu. Helmut hatte einen Hof, den Sigmunden-Hof auf der Grub in Schonach. Das Paar bekam zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn. 1974 verstarb Helmut, Anni war alleine mit zwei kleinen Kindern, ihrer Schwiegermutter und einem alten Hof. Doch aufgeben kam für sie nicht in Frage. Ihre Geschwister halfen ihr, wo es ging, getreu dem Motto des Vaters: „Ihr müsst zusammenhalten“. Auch ihr Schwager Karl gab sein Bestes. 1979 baute sie den Stall um, 1980 folgte der Wohnbereich.
Anni lernte einen neunen Mann kennen, „natürlich ein Bauer mit Hof“ in Wolterdingen. Lange Zeit führten die beiden eine Fernbeziehung, bis Anni den Hof an ihre Tochter und deren Ehemann abgab und mit ihrem Edwin zusammenzog. „Trotz der Tatsache, dass das Schicksal manchmal so gemein war“, sei sie zufrieden. Und gerade wegen der Schicksalsschläge hatte sie schon lange den Wunsch gehegt, ihre Lebensgeschichte aufzuschreiben. Zusammen mit der Co-Autorin Sabine Eichhorst wurde dieser Wunsch dann 2011 wahr. Zum Abschluss ihres interessanten Vortrags in der Strohmanufactur las sie den Epilog aus ihrem Buch vor. Die zahlreichen Zuhörer waren tief beeindruckt und dankten Anni Hettich mit langen Applaus für ihre Geschichte.
Das Buch: „Die Schwarzwaldbäuerin“ erschien 2011 beim Ullstein-Buchverlag mit der ISBN-Nr. 9783471350621 und ist im Buchhandel und im Internet zu finden, auch eine E-Book-Ausgabe gibt es mittlerweile.