Vor dem Nato-Gipfel hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) die Bereitschaft Deutschlands betont, mehr Verantwortung im Bündnis zu übernehmen. In seiner Regierungserklärung im Bundestag bekräftigte er das Ziel, die Bundeswehr zur stärksten konventionellen Europas machen und die Nato-Ostflanke mit der Stationierung einer Brigade in Litauen stärken zu wollen.
„Deutschland ist wieder zurück auf der europäischen und der internationalen Bühne“, sagte der Kanzler. Die neue Entschlossenheit Deutschlands werde in der Welt registriert und von den Partnern begrüßt.
„Wir haben diesen Irrtum erkannt“
Merz betonte, dass die Warnungen der kleineren Nato-Staaten im Osten des Bündnisgebiets vor der Bedrohung aus Russland viel zu lange überhört worden seien. „Wir haben diesen Irrtum erkannt. Hinter diese Erkenntnis gibt es keinen Weg zurück.“ Es gelte der Grundsatz: „Die Sicherheit von Litauen ist auch die Sicherheit von Deutschland.“
Seine Vorstellung von der Rolle Deutschlands beschrieb Merz mit den Worten: „Wir brauchen zugleich Stärke und Verlässlichkeit nach innen und nach außen.“ Den bevorstehenden Nato-Gipfel nannte er schon vor Beginn „historisch“.
Nato-Ziel für Verteidigungsausgaben soll auf 5 Prozent steigen
Kurz nach der Debatte will Merz nach Den Haag reisen, wo der Gipfel am Abend beginnt. Am Mittwoch wollen die 32 Mitgliedstaaten des transatlantischen Bündnisses beschließen, dass jeder Mitgliedstaat bis 2035 die Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöht. Mindestens 3,5 Prozent des BIP soll dabei auf klassische Militärausgaben entfallen. Zudem werden Ausgaben für die Terrorismusbekämpfung oder militärisch nutzbare Infrastruktur angerechnet werden können.
Außerdem wird es in den Haag um den Ukraine-Krieg gehen – ein Thema, das auch beim anschließenden EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag auf der Tagesordnung steht. Weitere Themen sind wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Migration. Bei beiden Gipfeln wird es zudem um den Krieg zwischen Israel und dem Iran gehen, in den nun auch die USA eingetreten sind.
Merz begrüßt Aufruf Trumps zur Waffenruhe
Der Iran hatte als Vergeltung für die Bombardierung seiner Atomanlagen durch die USA gestern Abend einen US-Militärstützpunkt in Katar angegriffen – nach Angaben von US-Präsident Donald Trump waren die USA vorgewarnt und der Angriff konnte abgewehrt werden. Trump hat nun zu einem Waffenstillstand aufgerufen, dem Israel und der Iran zugestimmt haben sollen.
Merz begrüßte den Aufruf des US-Präsidenten. Gleichzeitig verteidigte er die Angriffe Israels und der USA auf die iranischen Atomanlagen in den letzten Tagen. Er hoffe, dass sie den Iran dauerhaft davon abbringen werden, „seinem zerstörerischem Ziel noch näher zu kommen“. Merz betonte, welche Bedrohung vom iranischen Atomprogramm für Israel und die Welt ausgehe und sagte: „Unsere Staatsräson ist die Verteidigung des Staates Israel in seiner Existenz.“
Merz will auch Waffenstillstand in Gaza
Nun sei auch der Moment gekommen, einen Waffenstillstand im Gazastreifen abzuschließen, sagte Merz. Er mahnte einen „menschenwürdigen Umgang mit den Menschen im Gazastreifen an“. Gleichzeitig wies er Bestrebungen in der EU zurück, das Assoziierungsabkommen mit Israel auszusetzen.
Mit Blick auf den Ukraine-Kreg bemängelte der Kanzler, dass der russische Präsident Wladimir Putin keinerlei Friedensbereitschaft zeige. Er warb deswegen erneut für eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Russland. Er zeigte sich „zuversichtlich“, dass auch die US-Regierung diesen Weg mitgeht. „Putin versteht nur die Sprache der Stärke“, betonte er.
Gemeinsamer Beitrag mit Macron
Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron betonten bereits vor der Regierungserklärung in einem gemeinsamen Gastbeitrag für die „Financial Times“ ihre Entschlossenheit, die Freiheit und Sicherheit in Europa zu verteidigen. Die größte Bedrohung für Europas Stabilität gehe von Russland aus, das danach strebe, europäische Länder zu destabilisieren und die Weltordnung infrage zu stellen, hieß es in dem Beitrag.
Über die russische Bedrohung und die Unterstützung der Ukraine hinaus, gehe es um die Abwehr von Terrorismus und die Verteidigung von Staatsgebiet, Bevölkerung sowie eigenen Interessen weltweit. „Wir werden uns diesen Herausforderungen stellen müssen. Nicht weil uns jemand darum bittet, sondern weil wir klarsichtig sind und es unseren Bürgern schuldig sind, dies zu tun.“ (dpa)