Man könnte sagen, es geht drunter und drüber am dritten Tag der Verhandlung wegen versuchten Totschlags und anderer Vorwürfe im Landgericht Konstanz. Wie schon am vorherigen Prozesstag bleibt ein Zeuge dem Gerichtsaal fern, ein weiterer ist für das Gericht nicht erreichbar. Der Vorsitzende Richter Arno Hornstein freut sich daher über den ersten Zeugen, der an diesem Tag aussagt.

Verhandelt wird, weil ein 37-Jähriger im Oktober 2024 einen 27-Jährigen mit einem Messer lebensbedrohlich verletzt haben soll. Dass er zugestochen hat, hat der Angeklagte bereits am ersten Prozesstag eingestanden. Im Fokus steht am dritten Verhandlungstag die Frage, ob bei dem Angeklagten angesichts seines Drogenkonsums eine verminderte Schuldfähigkeit infrage kommt.

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Am frühen Morgen des 19. Oktober 2024 war der Angeklagte mit zwei Begleitern in der Tankstelle an der Reichenaustraße, um Alkohol zu kaufen. Ein Überwachungsvideo zeigt den 37-Jährigen, der mit einer Flasche zur Kasse kommt. Nach einem kurzen Wortwechsel zieht er nach und nach mehrere Dosen aus seiner Jacke. So schildert auch ein Zeuge vor Gericht den Ablauf. Er erinnert sich an das auffällige Verhalten des 37-Jährigen. Als es um die Bezahlung ging, starrte der Angeklagte bloß in die Luft, reagierte nicht. Einer der Begleiter bezahlte schließlich.

Zeuge stand nur wenige Meter vom Tatort entfernt

Als es zu den lebensgefährlichen Messerstichen kommt, ist ein anderer Zeuge ganz in der Nähe. Der 42-Jährige war gerade bei der Arbeit, als er in der Nähe des Bodenseeforums eine laute Menschengruppe hört. Dann macht er vor Gericht die Stichbewegung vor, die er an diesem Tag gesehen hat. Ein Mensch ging daraufhin zu Boden, andere hätten sich gleich um ihn versammelt.

Die Person, die die Bewegung ausgeführt hatte, entfernte sich daraufhin, warf noch etwas in den Seerhein. Die Aussage vor dem Landgericht wird durch eine Sprachbarriere erschwert. Spontan bietet sich der Vertreter der Nebenklage behelfsmäßig als Übersetzer an – sichtlich zur Freude des Zeugen.

Der Angeklagte wird am ersten Tag der Verhandlung in den Saal geführt.
Der Angeklagte wird am ersten Tag der Verhandlung in den Saal geführt. | Bild: Simon Wöhrle

Was genau in den See geworfen wurde, konnte der Zeuge nicht erkennen. Mehrere Taucher suchten die Stelle ab, allerdings erfolglos, berichtet der Hauptsachbearbeiter der Polizei für diesen Fall dem Gericht. Er gibt an, dass es in diesem Fall schwierig war, von den Zeugen der Tat belastbare Aussagen zu bekommen.

Einer sei allerdings herausgestochen: Ein Bekannter des Angeklagten habe detaillierte Angaben gemacht, sagt der Polizist. Und habe ausgesagt, dass der Angeklagte an diesem Tag womöglich nur auf eine Gelegenheit gewartet hätte, zu eskalieren. Dieser Zeuge sollte ebenfalls vor dem Landgericht aussagen, erschien jedoch nicht.

Welche Rolle spielte der Drogenkonsum bei dem Angriff?

Eine wichtige Frage, mit der sich das Gericht beschäftigen muss, ist die der Schuldfähigkeit. Der Drogenkonsum des Angeklagten wird mehrfach thematisiert, auch ein Zeuge, der im gleichen Gebäude wie der 37-Jährige lebt, spricht über den andauernden Konsum. Er beschreibt darüber hinaus eine wahrnehmbare Veränderung über mehrere Monate, in denen der Angeklagte in dem Gebäude lebte. Eine Haarprobe des Angeklagten wurde auf mehrere Substanzen untersucht, sie legt für einige Drogen einen häufigen Konsum nahe.

Zur Frage der Schuldfähigkeit wurde ein Gutachten bei einem Sachverständigen beauftragt, das dieser dem Gericht vorstellt. Darin geht er auf bisheriges Konsumverhalten des Angeklagten ein. Auch zwei abgeschlossene Langzeittherapien erwähnt er. Hinweise auf eine psychiatrische Erkrankung lägen nicht vor. Allerdings würde der Suchtkonsum sich durch das Leben des Angeklagten ziehen, in den vergangenen Jahren zudem die Leistungs- und Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen.

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Wie groß die Rolle des Drogenkonsums am Tattag im Oktober 2024 war, das kann das Gutachten nicht beantworten. Ob eine akute Intoxikation, also eine Störung der Körperfunktionen, eine Rolle gespielt hat, sei schwer zu sagen. Auf den Überwachungsvideos sei etwa keine Beeinträchtigung bei den Bewegungen des Angeklagten zu sehen.

Was genau der Angeklagte konsumiert hat, sei nicht klar. Teilweise hätten die Substanzen, deren Konsum der 37-Jährige angegeben hat, entgegengesetzte Wirkungen. Schlussendlich lasse sich nicht ausschließen, dass durch Drogen oder Alkohol die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten eingeschränkt war, so der Sachverständige. Wie das Gericht entscheiden wird, das wird sich voraussichtlich am Dienstag, 1. Juli, zeigen. Für diesen Tag werden die Plädoyers sowie das Urteil erwartet.