Kurz, hart und ohne eigene Verluste zuschlagen, den Gegner zur Kapitulation zwingen und dann die Lorbeeren einsammeln: US-Präsident Donald Trump will im Iran den schnellen Sieg. Bisher kämpfte Israel gegen die Führung in Teheran, doch seit der Nacht zum Sonntag ist dies Trumps Krieg. Dieser Krieg wird den Nahen Osten verändern – aber möglicherweise anders, als der US-Präsident das will.
Der US-Präsident erhoffte sich einen gefahrlosen und eindeutigen Triumph über die Islamische Republik. Doch das ist eine Schimäre: Das iranische Atomprogramm kann nicht mit einem einzigen Einsatz von US-Bombern zerstört werden.
Außerdem haben die Iraner nach eigenen Angaben wichtiges Atommaterial in den Tagen vor dem Angriff in Sicherheit gebracht. Trump muss nun befürchten, dass der Iran oder die Huthis im Jemen bei Vergeltungsschlägen amerikanische Soldaten töten; dann würden die USA wieder angreifen müssen und sich noch tiefer in den Konflikt verstricken.

Der Umgang mit aggressiven Regimen wie dem im Iran ist schwierig. Das Regime in Teheran will die Vorherrschaft im Nahen Osten, strebt die Vernichtung Israels an, drangsaliert seine Bevölkerung und nimmt ausländische Staatsbürger als Geiseln, um andere Länder zu erpressen. Verhandlungen sind mühsam. Doch Israel und die USA können den Iran nicht einfach wegbomben.
Selbst wenn die Luftangriffe iranische Atomanlagen zerstören, verschwindet damit nicht das iranische Know-How. Selbst wenn die iranische Theokratie stürzt, wird eine neue Führung in Teheran nicht automatisch zum Freund des Westens.
Die USA torperdieren Verträge
Eher werden die Iraner den Schluss ziehen, dass sie sich mit einer Atombombe wirksamer schützen können als mit Verträgen, die von den USA immer wieder torpediert werden. Der Iran hatte sich 2015 einem internationalen Atomabkommen unterworfen, das von Trump aufgekündigt wurde – jetzt beklagt der US-Präsident, dass es keine wirksamen Grenzen für das iranische Atomprogramm mehr gibt. Vorige Woche sagte Trump, er wolle der Diplomatie eine Chance geben – wenige Tage ließ er den Iran angreifen.
Wenn die Führung in Teheran angesichts dieser Heuchelei weitere Verhandlungen als sinnlos betrachtet, wäre das nicht verwunderlich. Iranische Politiker könnten sich fragen, warum Nordkorea trotz atomarer Bewaffnung und vieler Raketentests nicht angegriffen wird, der Iran aber schon. Und sie könnten jetzt erst recht versuchen, sich die Bombe zu besorgen.
Dies wiederum würde Staaten wie Saudi-Arabien und vielleicht auch das Nato-Mitglied Türkei nach der Bombe greifen lassen. Sie haben das nukleare Ungleichgewicht in der Region mit Israel als der einzigen Atommacht in Nahost bisher wegen ihrer Partnerschaft mit den USA akzeptiert. Zwei Atommächte in der Region würden sie nicht hinnehmen, das Ergebnis wäre ein nukleares Wettrüsten im Pulverfass Nahost.
Trump wird das Interesse verlieren
Nichts deutet darauf hin, dass Trump diese möglichen Folgen des amerikanischen Kriegseintritts durchdacht hat. Die Erfahrung aus seinem Verhalten im Ukraine-Krieg lehrt, dass er eher früher als später das Interesse verliert und andere Konflikte – Zollstreit, Migrationspolitik, China – anfacht, um seine Anhänger bei der Stange zu halten.
Europa ist zu schwach, um dem etwas entgegenzusetzen. Trump demütigte die Europäer sogar, indem er ihre Iran-Initiative als wertlos bezeichnete und weniger als 48 Stunden nach europäisch-iranischen Gesprächen die US-Bomber losschickte.
Trump kann schon morgen ein neues Fass aufmachen, wenn er sich davon politische Vorteile verspricht. Dagegen müssen die Menschen im Nahen Osten auf Jahre oder Jahrzehnte hinaus mit den Konsequenzen amerikanischer Interventionen leben. Als die Amerikaner im Jahr 2003 im Irak einmarschierten, versprachen sie Demokratie. Als sie ein knappes Jahrzehnt später abzogen, waren eine halbe Million Menschen tot.
Auch Israel könnte leiden
Selbst für Israels Premier Benjamin Netanjahu, der Trump zur Intervention gegen den Iran überredete, könnte der US-Militärschlag im Iran nach hinten losgehen. Der Iran dürfte seine Raketenangriffe auf Israel verstärken; in Israel werden laut Medienberichten schon jetzt die Abfangwaffen knapp.
Zudem ist Trump auch für Israel kein verlässlicher Verbündeter. Als Trump im März amerikanische Angriffe auf die jemenitischen Huthis befahl, wollte er wie jetzt beim Bombardement im Iran einen schnellen Erfolg. Doch die Huthis wehrten sich verbissen, der US-Einsatz kostete Milliarden. Zwei Monate später stimmte Trump einer Waffenruhe mit den Rebellen zu, ohne Netanjahu zu fragen. Seitdem schießen die Huthis wieder Raketen auf Israel, und die USA schauen zu. In Trumps Krieg ist niemand sicher.