Der Deutsche Bundestag hat mehreren Mitarbeitern von Abgeordneten wichtige Voraussetzungen für ihre Arbeit verwehrt: den Dienstausweis zum freien Zugang in die Gebäude und den Zugriff auf die internen IT-Systeme.

Die Maßnahme ist erstens selten, zweitens hart und drittens richtig: Laut Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) liegen so viele und schwere „sicherheitskritische Erkenntnisse“ über einen möglichen Missbrauch der Zugänge „zu verfassungsfeindlichen Zwecken“ vor, dass die Ablehnung „zwingend erforderlich“ war.

So weit, so bedenklich. Personen mit offenkundigen Eignungszweifeln verfügen über einen dauerhaften Zugang zu sensiblen Parlamentsbereichen? Das darf nicht die neue Normalität sein. Zur Norm sollte dagegen Transparenz werden: Die Öffentlichkeit erfährt, wenn Anträge scheitern – und warum.

Betroffene stammen aus dem AfD-Umfeld

Nach übereinstimmenden Recherchen stammen die Betroffenen ausschließlich aus dem AfD-Umfeld. Besonders brisant: der Fall Philipp R. Er stammt aus dem Bodenseekreis und arbeitet angeblich als „Koordinator Sicherheit“ für die AfD-Bundestagsfraktion. Nebenbei ist er vorbestraft, weil er Geflüchtete bedrohte, beschimpfte und vor ihnen mit einer Schreckschusspistole in die Luft ballerte.

Überraschen darf das alles niemanden mehr: Bereits 2024 wurde bekannt, dass die Fraktion über 100 Personen beschäftigte, die in rechtsextremen Organisationen aktiv waren, von der „Identitären Bewegung“ über die „Neue Rechte“ bis zu Neonazi-Gruppen. In der Folge verschärfte der Bundestag die Zugangsregeln, unter anderem mit regelmäßigen Wiederholungen der Sicherheitsprüfungen.

Wer kein Interesse an Demokratie hat und diese gar aktiv bekämpfen könnte, hat im Bundestag nichts verloren. Ganz gleich, welcher Partei sie oder er sich verbunden fühlt. „Keine Kompromisse“ bei der inneren und äußeren Sicherheit des Bundestags, nennt Klöckner das Prinzip.

Bürger erfahren kaum etwas

Nur ist der Bundestag auch bei der Transparenz kompromisslos. Bürgerinnen und Bürger erfahren kaum etwas über potenzielle Gegner der Verfassung, und dies auch nur, wenn und weil Medien hartnäckig recherchieren. Niemand verlangt, personenbezogene Details breitzutreten. Doch die Geheimhaltung der Fraktionszugehörigkeit durch die Bundestagsverwaltung ist nicht zeitgemäß und schadet der demokratischen Hygiene.

Wer Personal einstellt, verantwortet dessen Eignung. Das zeigt der Fall Philipp R. eindrücklich. Beschäftigen Abgeordnete verurteilte Personen, die als Sicherheitsrisiko gelten, sagt das etwas über die Standards dieser Abgeordneten und ihrer Fraktion. Freiheit des Mandats bedeutet auch freie Wahl des Personals. Was es nicht bedeutet: Sicherheitsbedenken spielen keine Rolle.

Transparenz dient der Prävention

Transparenz ist kein Pranger, sie ist zumutbar und geboten – auch zur Prävention. Die Öffentlichkeit weiß aktuell nicht, wie viele Mitarbeiter die gewählten Abgeordneten wo einsetzen. Warum keine quartalsweisen Berichte aus der Bundestagsverwaltung, ohne Namensnennung, aber unterteilt nach Fraktionen und inklusive besagter „sicherheitskritische Erkenntnisse“?

Die jüngste Entscheidung zeigt erstens: Die Sicherungen im Parlament sind intakt. Wer sie unterläuft, bleibt im Idealfall vor der Tür, hat es mindestens aber deutlich schwerer, dort zu arbeiten. Sie legt zugleich Schwachstellen offen. Die Intransparenz kann beseitigt werden, mit klaren Regeln zur Veröffentlichung anonymisierter, aber aussagekräftiger Zahlen. Bis dahin bleiben Fragen, die sich jede Fraktion gefallen lassen muss: Welche Maßstäbe legt ihr an und für wen tragt ihr Verantwortung?