Erwischt! Wer die ersten dunklen Wolken und Wetterprognosen nicht ernst genommen hat und bei einem Ausflug auf freiem Feld von einem Gewitter überrascht wird, hat oft wenige Optionen, sich unterzustellen. Und zu vielen vermeintlichen Unterschlüpfen sollte man besser Abstand halten. Ein Fakten-Check, wo man am ehesten sicher ist.

Behauptung eins: Ich sollte weit weg von Strommasten bleiben

Das stimmt. Ein Blitz trifft am ehesten hohe, im Gelände hervorragende Punkte – also zum Beispiel Masten.

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Daher rät der Deutsche Wetterdienst (DWD), sich möglichst weit weg von allen hohen Objekten zu bewegen, wenn man während eines Gewitters keinen Unterschlupf in einem Gebäude suchen kann – also zum Beispiel auch von Aussichtstürmen und einzelnen Bäumen.

Behauptung zwei: Ich sollte sich den tiefstmöglichen Punkt im Gelände suchen

Auch das stimmt. „Man sollte sich möglichst klein machen, um nicht die höchste Erhebung in der Umgebung zu sein“, erklärt DWD-Meteorologe Sebastian Schappert. Am besten sucht man sich also eine Senke oder Mulde.

„Auf der anderen Seite: Man kann in Gefahr geraten, wenn man auf der Suche nach dem tiefsten Punkt in eine Schlucht oder in ein ausgetrocknetes Flussbett geht, dann enorme Niederschlagsmengen herunterkommen, sich irgendwo sammeln und als Flutwelle da durchrauschen“, so Schappert.

Behauptung drei: Regenschirme sollte ich schließen

Stimmt. „Es ist besser, den Regenschirm zusammenzuklappen und wegzupacken“, sagt Meteorologe Schappert. Er ist ja quasi eine Verlängerung des Körpers in einer Situation, in der man sich so klein wie möglich machen sollte.

Hier kommt es aber natürlich auf den Standort an: In der Stadt zwischen Hochhäusern ist ein Regenschirm natürlich weniger ein Risiko als auf freiem Feld.

Behauptung vier: Ich sollte mein Fahrrad und Motorrad mit Abstand abstellen

Das ist richtig. Wenn man im Freien in der besagten Mulde Schutz suchen muss, dann sollte man Metallobjekte wie Fahrräder und Motorräder mit Abstand abstellen, empfiehlt Schappert. Denn schlägt der Blitz in das Rad ein, kann dieser sich möglicherweise über die Erde weiterverbreiten.

Schnell weg! Bei einem Gewitter muss man sich entweder in einem Gebäude in Sicherheit bringen – oder vom Rad absteigen und Schutz ...
Schnell weg! Bei einem Gewitter muss man sich entweder in einem Gebäude in Sicherheit bringen – oder vom Rad absteigen und Schutz in einer Mulde suchen. | Bild: Julian Stratenschulte, dpa

Behauptung fünf: Ich sollte im freien Feld besser einzeln Schutz suchen

Schon richtig, aber nicht immer machbar. „Bei einem Blitzeinschlag kann Spannung in der unmittelbaren Umgebung überschlagen. Es geht bei diesem Tipp also darum, dass es die anderen nicht auch erwischt, wenn es einen erwischt“, erklärt Schappert.

Insofern ist es durchaus sinnvoll, sich in einer Mulde mit Abstand in die Hocke zu begeben. „Aber mit kleinen Kindern oder Hunden ist das nicht wirklich umsetzbar.“

Behauptung sechs: Ich bin sicherer in einem Wald als auf einem Feld

Das kommt auf die Umstände an. „Beides – weder im freien Feld noch im Wald – ist nicht optimal“, so Schapperts Einschätzung. Dabei spielen für ihn mehrere Faktoren eine Rolle. „Es ist sicherlich unbehaglich im Freien, wenn es hagelt oder sehr kräftig regnet. Dann ist man wahrscheinlich lieber im Wald, denn die Bäume halten ein bisschen was davon ab“, so der Meteorologe.

Hier ging‘s vermutlich noch gut, aber Blitze treffen vergleichsweise häufiger hohe Punkte im Gelände – wie solche Windräder.
Hier ging‘s vermutlich noch gut, aber Blitze treffen vergleichsweise häufiger hohe Punkte im Gelände – wie solche Windräder. | Bild: Julian Stratenschulte, dpa

„Aber auch im Wald sollte man sich eine Senke oder jüngere Bäume, die noch kleiner sind als die Bäume in der Umgebung, suchen.“ Hier gilt also die übliche Regel: So gut wie möglich von den höchsten Objekten in der Umgebung Abstand halten. Allerdings kann man im Wald auch stärker gefährdet sein als auf dem freien Feld, etwa wenn man mit Orkanböen rechnen muss. Sie können Bäume umstürzen. Auch ein Faktor: Wenn ein Blitz in einen Baum einschlägt, kann dieser regelrecht explodieren. Die umherfliegenden Trümmerteile können Menschen verletzen.

Behauptung sieben: Buchen sollst du suchen, Eichen musst du weichen

Der bekannte Spruch stimmt nicht. Alle Bäume können vom Blitz getroffen werden. Es gibt aber eine Erklärung für diese alte Volksweisheit, die auf überlieferten Beobachtungen basiert. So findet sich an der Rinde von Buchen fast nie ein sichtbares Zeichen eines Blitzeinschlags, heißt es bei Wohllebens Waldakademie, einer Seite von Förster und Fachbuchautor Peter Wohlleben.

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Der Grund: Ihre Rinde ist glatt und Regenwasser fließt gut an ihr herunter. Bei einem Blitzeinschlag werde der Strom über den Wasserfilm in den Boden geleitet, ohne den Stamm zu beschädigen. Bei der rauen Rinde der Eiche ist das anders. Kurz zusammengefasst: Hier läuft es bei einem Blitzeinschlag darauf hinaus, dass die Hitze das Wasser im äußeren Stammteil verdampfen und diesen so aufplatzen lässt.

Behauptung acht: Ich bin nur in Gefahr, wenn das Gewitter unmittelbar über mir ist

Vorsicht! Diese Annahme ist unter Umständen lebensgefährlich. Blitze können in Ausnahmefällen weite Wege zurücklegen. Schappert nennt als einen solchen Fall besonders heftige Gewitter mit hohen Wolken und starken Auf- und Abwinden.

Aufziehende Gewitterwolken können schon gefährlich sein, denn manche Blitze legen weite Strecken zurück.
Aufziehende Gewitterwolken können schon gefährlich sein, denn manche Blitze legen weite Strecken zurück. | Bild: Nicolas Armer, dpa

Daher rät der Meteorologe, nicht nur Schutz zu suchen, wenn man unmittelbar unter Gewitterwolken ist, sondern auch schon bei heranziehenden und bei abziehenden Wolken. Bei solchen starken Gewittern entstünden dann Blitze „mit einer guten Power quasi aus heiterem Himmel“, so Schappert. „Aber das heißt nicht, dass die Wahrscheinlichkeit besonders hoch ist, dann vom Blitz getroffen zu werden. Es sind einzelne Blitze, die ab und zu mal auftreten.“

Behauptung neun: Ein Auto ist ein sicherer Unterschlupf

Das stimmt nur bedingt. Ein normales Auto bildet einen sogenannten Faradayschen Käfig, der die elektrische Entladung um die Insassen herum lenkt und sie so schützt. Auch in einem geschlossenen Cabrio gibt es laut ADAC kein gesteigertes Einschlagsrisiko. Allerdings rät der Automobilclub, nach einen Einschlag keine Metallteile im Fahrzeug-Innenraum zu berühren, die mit der Karosserie in Verbindung stehen. Diese haben aber ohnehin nicht mehr alle Autos. Da heute Kunststoffauskleidungen üblich seien, dürfte dies also kein großes Problem sein, so die Auto-Experten.

Eine weitere Gefahr: Ein Blitzeinschlag kann die Insassen blenden und das Auto leicht beschädigen. Daher lautet der Expertenrat, wenn man im Auto Unterschlupf suchen muss: Dieses besser nicht in exponierter Lage wie auf einem Hügel parken, damit sich das Risiko eines Blitzeinschlags verringert. Fenster und Schiebedach schließen und alle Antennen, soweit das möglich ist, einziehen. (dpa)