Maria Wendel

Mitten im Fels, tief unter dem Brennerpass, wurde ein Durchbruch erzielt – im wahrsten Sinne des Wortes. Der Erkundungsstollen des Brennerbasistunnels (BBT) ist nun vollständig durchgeschlagen und markiert damit einen entscheidenden Fortschritt beim Bau eines der größten Infrastrukturprojekte Europas. Was künftig Züge in Rekordzeit durch Tirol rasen lässt, ist heute noch eine gigantische Baustelle unter Tage. Der Brennerbasistunnel soll die Alpen durchqueren, den Güterverkehr entlasten und die Bahnverbindung zwischen Deutschland und Italien schneller machen. Doch trotz technischer Erfolge in der Tiefe drohen politische Streitigkeiten, finanzielle Engpässe und ungelöste Fragen beim Ausbau der Zulaufstrecken, das Projekt auszubremsen.

Tirol: Erster Durchbruch im Brennerbasistunnel – Meilenstein bei Bauprojekt

Wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete, wurde am Donnerstag, dem 18. September 2025, mit dem Durchbruch des Erkundungsstollens im Brennerbasistunnel ein bedeutender Meilenstein im Bau des größten Infrastrukturprojekts der Alpenregion erreicht. Aus diesem Anlass reisten die Regierungschefs beider Länder zum Brennerpass, unter dem die neue Bahnverbindung entsteht. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sprach laut der österreichischen Nachrichtenagentur APA von einem „wichtigen Schritt“. Die Fertigstellung des Tunnels werde dazu beitragen, den „Flaschenhals“ auf der Straßenverbindung über den Brenner zu entschärfen, erklärte sie.

Die Webseite des BBT informiert über die Funktion des in etwa 1400 Metern Tiefe liegenden Erkundungsstollens: Dieser verläuft parallel zu den beiden Haupttunnelröhren Ost und West des Brennerbasistunnels und liegt etwa zwölf Meter unterhalb von ihnen. Er erfüllt während der Bauphase zwei zentrale Aufgaben: Er liefert Erkenntnisse zur Beschaffenheit des Gesteins und ermöglicht die geologische Bewertung für den Ausbruch der Haupttunnel. Nach Inbetriebnahme des Basistunnels übernimmt der Stollen Funktionen zur Entwässerung sowie zur Wartung der technischen Infrastruktur. Der Erkundungsstollen hat demnach eine Gesamtlänge von 57,5 Kilometern – davon 27,2 in Italien und 30,3 in Österreich.

Brennerbasistunnel: Worum geht es bei dem Bauprojekt?

Laut dpa zählt der Brennerbasistunnel zu den wichtigsten europäischen Verkehrsprojekten. Ziel ist es, die Bahnverbindung zwischen Deutschland, Österreich und Norditalien deutlich zu beschleunigen und den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern.

Laut brennerbahn.eu soll der Brennerbasistunnel das zukünftige Herzstück der Eisenbahnverbindung München–Verona werden. Mit einer Länge von 64 Kilometern wird der Tunnel zwischen Franzensfeste (Italien) und Innsbruck/Tulfes (Österreich) in wenigen Jahren zu den längsten Eisenbahntunneln der Welt zählen. Der Verzicht auf größere Höhenunterschiede ermöglicht die Durchfahrt von mehr Güterzügen mit höherem Gewicht und größerer Länge. Auf der flacheren Trasse verbrauchen diese Züge weniger Energie als auf der bisherigen Strecke und erreichen ihr Ziel dank der verkürzten Route deutlich schneller.

Wie die Arbeitsgruppe Brenner Corridor Platform zeigte, sollen auch Personenzüge den Tunnel zukünftig mit einer Geschwindigkeit von über 200 Kilometern pro Stunde befahren können und eine deutliche Zeitersparnis für Reisende möglich machen: Zwischen Innsbruck und Bozen ist man zukünftig mit dem Personenfernverkehr durch den Basistunnel nur etwa eine Stunde unterwegs. Expresszüge zwischen München und Verona werden demnach nur noch 2,5 Stunden Fahrzeit benötigen.

Der Durchbruch der beiden Hauptröhren des Brennerbasistunnels ist laut dpa für das kommende Jahr vorgesehen, die Inbetriebnahme des Tunnels ist für 2032 geplant.

Ungelöste Fragen zum Ausbau und fehlende Mittel drohen Bauprojekt auszubremsen

Des Weiteren berichtete die dpa, dass für eine optimale Nutzung der Brenner-Route der Ausbau der Zulaufstrecke in Bayern erforderlich sei. Allerdings liege auf deutscher Seite bislang keine verbindliche Planung für die Trasse im Inntal vor. Der Vorschlag einer zusätzlichen Bahnlinie stoße auf Widerstand – insbesondere von lokalen politischen Vertretern und Bürgerinitiativen. Im Zentrum der Debatte steht demnach die Frage, wie viele Kilometer der Strecke unterirdisch verlaufen sollen und ob die sogenannte Verknüpfungsstelle bei Kirnstein in den Tunnel verlegt werden kann. Die Deutsche Bahn lehnt Letzteres mit Verweis auf geltende Sicherheitsvorschriften ab. Zudem würde eine solche Lösung die Baukosten erheblich steigern und den Zeitplan verzögern.

Zusätzliche Herausforderungen ergeben sich demnach durch die aktuelle Haushaltslage: Das Bundesverkehrsministerium hat zuletzt klargestellt, dass in den kommenden Jahren nicht ausreichend Mittel für Neu- und Ausbauprojekte im Bahnsektor zur Verfügung stünden.

Tirol und Italien: Kann der Brennerbasistunnel den Streit um den Lkw-Transit beilegen?

Der seit Langem schwelende Streit über den Lkw-Transit auf der Brennerroute – eine zentrale Verkehrsachse zwischen Deutschland, Österreich und Italien – trat bei der Feier zum Durchbruch im Erkundungsstollen vorübergehend in den Hintergrund, berichtete die dpa. Die Brennerroute zählt demnach zu den zentralen Nord-Süd-Verbindungen über die Alpen. Aufgrund der anhaltenden Überlastung der Straßenverbindung hat das österreichische Bundesland Tirol bereits vor einigen Jahren begonnen, den Lkw-Verkehr an bestimmten Tagen zu regulieren. Diese Maßnahmen führen regelmäßig zu erheblichen Staus, insbesondere auf bayerischer Seite. Italien reagierte darauf mit einer Klage gegen Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Österreichs Bundeskanzler Christian Stocker betonte laut dpa, dass der Brennerbasistunnel allein die bestehenden Transitprobleme nicht vollständig lösen werde. Er sprach sich für „nachbarschaftliche Lösungen“ aus, die sowohl den Straßen- als auch den Schienenverkehr einbeziehen.

Übrigens: Skifahren wird in Tirol in jeder Wintersaison teurer. Mancherorts wird im Winter 2025/26 erstmals die 80-Euro-Marke für ein Tagesticket geknackt.