Maria Wendel

Das Arbeitslosengeld (ALG 1) unterstützt Menschen, die arbeitslos geworden sind, dabei, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, bis sie eine neue Anstellung gefunden haben. Um Anspruch auf die Unterstützung zu haben, muss man einige Voraussetzungen erfüllen. Außerdem kann ALG 1 nur für eine bestimmte Dauer bezogen werden, da es nur zur Überbrückung dient. Wie lange man Arbeitslosengeld bekommen kann, hängt von zwei Punkten ab, informiert die Bundesagentur für Arbeit. Erstens: wie lange man versicherungspflichtig war. Zweitens: wie alt man beim Entstehen des Anspruchs ist.

Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft hat ermittelt, dass mehrere Milliarden Euro gespart werden könnten, wenn man die verlängerte Bezugsdauer von Arbeitslosengeld für Ältere abschafft und die Dauer stattdessen auf zwölf Monate vereinheitlicht. Auch weitere Auswirkungen, etwa auf den Fachkräftemangel, wurden betrachtet.

Arbeitslosengeld für maximal 24 Monate: So ist es aktuell geregelt

Aktuell ist es in Deutschland so geregelt, dass Personen, die jünger als 50 Jahre sind, für höchstens zwölf Monate Arbeitslosengeld bekommen – wenn sie zuvor 24 Monate oder länger versicherungspflichtig waren, informiert die Bundesagentur für Arbeit.

Ab dem vollendeten 50. Lebensjahr steigt die Anspruchsdauer in mehreren Schritten an. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) zeigt folgende Anspruchsdauer beim Arbeitslosengeld:

Diese Staffelung berücksichtigt, dass Ältere im Schnitt länger für die Wiedereingliederung brauchen. Davon abgesehen gibt es einen Sonderfall, bei dem man die Leistung unter Umständen sogar länger als zwei Jahre erhalten kann: wenn man Arbeitslosengeld bekommt und gleichzeitig eine berufliche Weiterbildung macht, die von der Agentur für Arbeit gefördert wird.

Studie: Arbeitslosengeld nur für 12 Monate könnte 2 Milliarden Euro sparen

Eine aktuelle Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass eine Vereinheitlichung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld auf zwölf Monate nicht nur gerecht sei, sondern den Haushalt der Bundesagentur für Arbeit um über zwei Milliarden Euro entlasten und ältere Beschäftigte bis zur Regelaltersgrenze stärker am Arbeitsmarkt halten würde.

Die Begründung: Wer Arbeitslosengeld länger beziehen kann, dehnt im Schnitt die eigene Arbeitslosigkeit aus. Das hätten empirische Belege aus Deutschland und international bestätigt. Arbeitsuchende wägen dabei zwischen der Aussicht auf einen besser bezahlten Job und dem aktuellen Bezugssatz des Arbeitslosengelds ab. Die erweiterte Bezugsdauer fördere so ungewollt Langzeitarbeitslosigkeit.

Bei einer Vereinheitlichung auf zwölf Monate Anspruchsdauer rechnet die Studie mit mehreren Einsparpotenzialen:

  • Einsparung von über zwei Milliarden Euro pro Jahr bei der Bundesagentur für Arbeit: In den jüngsten Erhebungsjahren 2023 und 2024 beliefen sich die Ausgaben für Arbeitslosengeldempfänger jenseits einer einjährigen Bezugsdauer auf diese Summe.

  • Mögliche Reduktion des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um 0,16 Beitragspunkte.

  • Durchschnittliche Ausgaben je Langzeitempfänger, also über zwölf Monate, betragen 2282 Euro pro Monat, während das Arbeitslosengeld im Gesamtdurchschnitt bei nur 2040 Euro liegt.

Einheitliche Bezugsdauer von Arbeitslosengeld: Wen würde die Kürzung treffen?

Betroffen wären von der Idee dieser Studie alle Personen, die im aktuellen System mehr als zwölf Monate Arbeitslosengeld beziehen, also vor allem Menschen über 50 Jahre. Je nach weiterer Verteilung der Betroffenen ergeben sich laut Studienbericht unterschiedliche Effekte: Entweder sie finden im dreizehnten Monat eine neue Beschäftigung, dadurch entfallen die Leistungszahlungen, dafür steigen Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen. Oder einige der Betroffenen wechseln in den vorgezogenen Ruhestand mit Abschlägen. Oder Arbeitslosengeldempfänger gehen nach den zwölf Monaten ins Bürgergeld über. Selbst dann bliebe laut Institut der deutschen Wirtschaft eine Nettoeinsparung von knapp 400 Millionen Euro.

Laut Fazit der IW-Studie würde eine einheitliche Bezugsdauer auch einen Beitrag zur Fachkräftesicherung leisten, indem Anreize für eine schnellere Rückkehr in die Erwerbstätigkeit geschaffen würden. Damit ließen sich Brücken in den Vorruhestand verringern und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass ältere Beschäftigte länger im Arbeitsleben verbleiben – ein wichtiger Baustein zur Milderung des Fachkräftemangels angesichts der demografischen Alterung.

Die SPD lehnt derweil eine Vereinheitlichung der Arbeitslosengeld-Bezugsdauer ab. „Wer lange gearbeitet und eingezahlt hat, hat sich im Fall der Arbeitslosigkeit eine besonders verlässliche Absicherung verdient“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Dagmar Schmidt dem Handelsblatt. Gerade Menschen über 50 hätten es nach einem Jobverlust deutlich schwerer, eine neue Stelle zu finden. Die verlängerte Bezugsdauer sei deshalb nicht nur sozial gerecht, sondern auch arbeitsmarktpolitisch vernünftig.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger scheint dem Vorschlag hingegen offen gegenüberzustehen. Ebenfalls dem Handelsblatt gegenüber sagte er, dass lange Arbeitslosigkeit niemandem helfe, und es deshalb Anreize brauche, sie schnell zu überwinden: „Ältere Menschen werden mit ihrer Erfahrung und Kreativität am Arbeitsmarkt gebraucht.“

Übrigens: Wenn man Arbeitslosengeld beantragt, kann man vom sogenannten Dispositionsrecht Gebrauch machene. Das erlaubt es der leistungsberechtigten Person, den Beginn ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld selbst zu bestimmen. Das kann zum Beispiel sinnvoll sein, wenn sich dadurch eine längere Anspruchsdauer auf das Arbeitslosengeld ergibt, etwa ab Vollendung des 50. Lebensjahres.