Ein Behörden-Chef mauert, wenn Journalisten unbequeme Fragen stellen: Beim einstigen Landrat des Bodenseekreises, Lothar Wölfle, leider kein Einzelfall. Als es mit der Corona-Pandemie so richtig losging, weigerte sich das Landratsamt, dem SÜDKURIER ortsgenaue Infiziertenzahlen zu nennen, auch für kleinere Gemeinden, damit sich jeder Bürger selbst ein Bild davon machen kann, wie die Lage in seinem Wohnort ist.
Dabei gingen die meisten der umliegenden Landkreise damit völlig transparent um. Erst auf Druck weiterer Medien lenkte Wölfle ein stückweit ein, die Zahlen einzelner kleinerer Gemeinden wurden aber weiterhin größeren Nachbargemeinden zugeordnet – das Geschehen dort blieb also weiter intransparent. Eine Behörde als Dienstleister für seine Bürgerinnen und Bürger? Fehlanzeige!
Auch der Fall Adler zeigt: Am liebsten bestimmte Ex-Landrat Wölfle selbst, worüber das Landratsamt Auskunft gibt oder in welcher Detailtiefe. Eine Auffassung, die aus der Zeit gefallen ist und auch den Grundgedanken des Grundgesetzes nach Pressefreiheit und einer informierten Öffentlichkeit missachtet.
Was das Verwaltungsgericht Sigmaringen in seiner Urteilsbegründung schreibt, ist eine Ohrfeige für den Ex-Landrat: „Dem Beklagten (Landratsamt, Anm.d.Red.) steht eine Bewertung dahingehend, dass der Kläger (SÜDKURIER, Anm.d.Red.) sich bereits genügend mit dem Thema habe auseinandersetzen können, nicht zu. Denn die Durchsetzung des Informationsinteresses der Presse darf nicht von einer staatlichen Bewertung des Informationsanliegens abhängig gemacht werden, vielmehr darf die Presse nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden, was sie des öffentlichen Interesses für Wert hält und was nicht.“ Mit anderen Worten: Journalisten entscheiden, worüber sie Bürgerinnen und Bürger informieren, nicht der Landrat.
Dass in den Jahren 2015/2016 bei den Behörden ein immenser Druck herrschte, die große Zahl der Geflüchteten unterzubringen, ist nachvollziehbar. In einer Vielzahl von Immobilien-Anmietungen und auch beim Corona-Management haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landratsamts sehr gute Arbeit geleistet. Das stellt niemand in Abrede.
Aber warum schafft es ein Behörden-Chef nicht hinzustehen, wenn ein Fehler gemacht wurde und informiert seine Bürger? Es irritiert nicht so sehr, dass etwas mal schiefläuft mit in dem Fall schmerzlichen finanziellen Auswirkungen. Was irritiert ist der Umgang mit Fehlern. Da ist im Bodenseekreis Luft nach oben.