In Lottstetten, 2300 Einwohner, drei Autominuten von der Schweiz entfernt, steht etwas bundesweit Einzigartiges. Hier, im östlichen Zipfel des Landkreises Waldshut, testet der Discounter Lidl ein neues Konzept: Keine Lebensmittel, sondern nur sogenanntes Non-Food, also Haushaltsgeräte, Textilien, Werkzeuge, Kleidung und Sportausstattung finden Kunden dort.
„Das Konzept ist durchaus bemerkenswert und mutig“, schreibt Carsten Kortum, Handelsexperte und Professor an der Universität Heilbronn, auf Nachfrage. Non-Food-Produkte seien sowohl bei Lidl als auch bei Aldi schon immer ein Frequenz- und Ertragstreiber, allerdings bisher nur im Aktionsgeschäft.
„Seit vielen Jahren organisiert Lidl in Deutschland je nach Bedarf bundesweit regelmäßig zeitlich begrenzte, lokale Sonderverkäufe von Non-Food-Produkten“, so die Lidl Pressestelle auf Anfrage zur neuen Filiale. Diese soll nun dauerhaft als Anlaufstelle für lokale Verkäufe dienen. Wie Carsten Kortum sagt, versucht Lidl mit dieser Filiale, beliebte Aktionsware nun dauerhaft anzubieten.
Strategischer Standort an der Schweizer Grenze
Auf dem Parkplatz des neuen Lidl stehen fast ausschließlich Autos mit Schweizer Kennzeichen. Auf der anderen Straßenseite befinden sich ein normaler Lidl Discounter und ein dm – der neue Standort schließt sich somit direkt an weitere Einkaufsmöglichkeiten an.

Die strategische Wahl des Standorts ist auch für den Handelsexperten Carsten Kortum interessant. „Lidl dürfte hier klar auf Einkaufstourismus setzen“, so der Experte. Zudem seien Artikel aus dem Non-Food-Bereich, im Gegensatz zu Lebensmitteln, weniger durch zoll- oder steuerrechtliche Regeln begrenzt. Das mache den Einkauf für grenzüberschreitenden Konsum besonders interessant. Warum genau Lottstetten als Standort gewählt wurde, dazu äußerte sich das Unternehmen auf Nachfrage nicht.
Sortiment fast ohne Lebensmittel
„Alles für dein Zuhause“ – damit wirbt die neue Lidl-Filiale. Aber: Ein paar Lebensmittel stehen doch im Non-Food-Laden. Nudeln, Chips und Süßigkeiten sowie Getränke finden die Kunden dort.
Simone und Alexander Hubert wollten eigentlich nur im normalen Lidl einkaufen, wie die beiden erzählen. Sie wohnen in Dielsdorf, etwa 35 Minuten von Lottstetten entfernt. „Wir haben jetzt einfach nochmal reingeschaut, was hier ist“, sagt Alexander Hubert.
Die neue Filiale macht aber Action, Tchibo oder Woolworth keine Konkurrenz, wie er sagt: „Meiner Meinung nach ist es ein komplett anderes Angebot. Action hat ja mehr Kruscht, hier sind es eher die Eigenmarken, die sie verkaufen. Das, was du im Angebot hast, ist hier dauerhaft drin.“
Dennoch lohnt sich für die Familie das Angebot nicht wirklich, wie sie sagen: „Also nur für den Lidl Plus würden wir nicht nochmal herkommen. Wenn man es mit dem normalen Einkauf verbindet, ist es okay, aber ansonsten nein.“

Etwas anders sieht Marinella Dünki aus Rafz, ebenfalls in der Schweiz, das Angebot: „Finde ich super. Es hat es viel mehr Auswahl, als wenn es im normalen Lidl wäre. Es gibt unheimlich viel für die Werkstatt, für Männer, auch für Hausfrauen und für den Garten richtig tolle Sachen.“

Auch die Preise sind sehr günstig, wie Marinella Dünki sagt. Solche Besorgungen mache sie gerne in Deutschland und würde deshalb würde auch in Zukunft öfter vorbeischauen.
Im neuen Laden stöbern auch Doris Utzinger und Tochter Leila. Sie kommen aus Wallisellen, aus der Nähe von Zürich. „Wir sind zum Einkaufen gekommen und haben gesehen, dass der Laden hier neu ist. Da haben wir gesagt, ein zweiter Lidl, ganz was anderes, gehen wir rein und schauen wir“, sagt Doris Utzinger.
Der erste Eindruck von der Filiale ist für beide sehr positiv, wie sie sagen: „Sehr aufgeräumt, sehr ordentlich.“ Und auch die Preise überzeugen Mutter und Tochter. „Es ist extrem günstig. Ich habe gerade bei der Induktionsplatte gesagt, ich habe das fünffache bezahlt, für das gleiche Produkt, aber natürlich in der Schweiz. Schon verlockend“, so Doris Utzinger.

Dass die Preise für ähnliche Produkte in der Schweiz höher sind, kann auch Handelsexperte Carsten Kortum bestätigen: „Gerade Artikel aus den Bereichen Heimwerken, Wohnen oder Mode sind in der Schweiz spürbar teurer.“ Vor allem für Schweizer Kunden, die günstige Preise und gute Qualität suchen, sei der neue Laden daher besonders attraktiv.