Der Kontrast ist deutlich. Allein 68 Millionen Euro an Gewerbesteuern flossen 2018 in den Stadthaushalt, 23 Millionen mehr als vorher eingeplant. Vor allem diese Geldquelle führte am Jahresende zu einem dicken Plus in der Stadtkasse von knapp 45 Millionen Euro. Geld, das investiert werden kann. So war es auch in den Vorjahren: Die Wirtschaft brummte, die Steuern sprudelten. So steht es im Rechenschaftsbericht für 2018, den das Rathaus am vergangenen Montag dem Finanzausschuss des Gemeinderates vorgelegt hat.

Auch ZF macht weniger Kasse

In diesem Jahr sieht die Welt schon anders aus, denn die Konjunktur stagniert und setzt zum Abschwung an. Das betrifft auch die Häfler Unternehmen. So hat ZF im August zum zweiten Mal in diesem Jahr seine Prognosen nach unten geschraubt. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen lag im ersten Halbjahr 2019 bei gerade mal 646 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum war das fast noch doppelt so viel. Und ZF gehört zu den fünf größten Steuerzahlern in Friedrichshafen, die nach Aussage von Stadtkämmerer Stefan Schrode im Schnitt zwei Drittel der Gewerbesteuer einzahlen.

Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt rechnet das Rathaus mit Einnahmen aus den Betrieben von maximal 39 Millionen in diesem Jahr, sechs Millionen weniger als geplant. Und während der Finanzplan der Stadt bis 2022 eisern mit 45 Millionen Euro und ein bisschen mehr gerechnet ist, erwartet man nun einen Rückgang der Gewerbesteuern. „Manche Brötchen werden kleiner sein als früher“, sagte Oberbürgermeister Andreas Brand angesichts der Zahlen. Und die eisern abgebaute Verschuldung wird ab 2020 wieder steigen, weil die Stadt voraussichtlich nicht darum herumkommt, neue Kredite aufzunehmen.

Das könnte Sie auch interessieren

Den Hinweis gab es deshalb, weil das Rathaus gerade den neuen Haushaltsplan 2020/21 entwirft. Im Dezember bekommt ihn der Gemeinderat auf den Tisch. Brand sieht die „spannendsten Haushaltsberatungen“ seit Langem voraus und baute bei den Stadträten schon mal vor. „Die Prioritäten müssen neu justiert werden“, sagte er. Im städtischen Haushalt seien nun „gewaltige Anstrengungen“ nötig, um keine Miesen zu machen. Für 2019 rechnet die Stadt unterm Strich bereits mit einem Minus von knapp vier Millionen Euro, was vor allem der neuen Bilanzsystematik geschuldet ist, der sogenannten Doppik. Diese schreibt den Kommunen nun zwingend vor, auch den Wertverlust ihres Vermögens zu erwirtschaften, also die Abschreibungen. Das sind in Friedrichshafen in diesem Jahr knapp 17 Millionen Euro.

Kein Geld für neue Projekte

Was bedeutet das alles nun konkret? Vor allem für neue Projekte sei „finanzwirtschaftlich erkennbar kein Raum“, steht in der Ratsvorlage. Dabei haben die Stadträte quer durch alle Fraktionen vor der Wahl ihre Vorhaben bereits platziert. Alles Makulatur? Denn selbst Investitionen, die der Gemeinderat bereits beschlossen habe, gehörten auf den Prüfstand, so OB Brand. Auch Grundsatzbeschlüsse des Rates müssten neu beraten und bewertet werden. Im städtischen Haushalt betrifft das beispielsweise die Neugestaltung des Uferparks und der Friedrichstraße, Veloring und Ausbau des Radverkehrs, neue Kreisverkehre und Schulbauten. Was davon geschoben oder gar gestrichen wird, da werden die Stadträte ein gewichtiges Wort mitreden.

Der Stadtbalkon im Uferpark
Der Stadtbalkon im Uferpark | Bild: SK

An manch dickem Brocken kommt die Stadt allerdings nicht vorbei. Dazu gehört die Finanzierung des Waggershauser B 31-Tunnels, für den noch 35 Millionen Euro zu zahlen sind. Ohne diese enorm hohe Kostenbeteiligung hätte der Bund dem Wunsch der Stadt nicht entsprochen, den Tunnel aus Lärmschutzgründen auf 700 Meter zu verlängern und einen Deckel drauf zu bauen.

Tunnel an Waggershauser Straße
Tunnel an Waggershauser Straße | Bild: Lange, Tobias

Großes Bauprogramm offen

Ohnehin hat die Stadt noch ein großes Bauprogramm aus den Vorjahren vor der Brust. So waren 2018 dank gefüllter Kassen Investitionen von knapp 84 Millionen Euro eingeplant, von denen aber fast die Hälfte (39 Millionen Euro) liegen geblieben sind. Ein Grund dafür: Planungs- und Baukapazitäten reichten nicht aus. Dieser Auftragsbestand schmilzt bis zum Jahresende 2019 nur auf knapp 33 Millionen Euro ab. Ein Beispiel für den „Restbestand“ ist die Erweiterung der Gemeinschaftsschule Schreienesch mit neuer Mensa. 2018 waren 5,7 Millionen Euro dafür eingeplant. Von dem Geld wurde aber auch 2019 nichts für dieses Projekt verbraucht. Im Rechenschaftsbericht steht, hier stehe die Grundsatzentscheidung zum Raumprogramm noch aus.

Das könnte Sie auch interessieren

 

Und die Stiftungskasse?

  • Der Haushalt der Zeppelin-Stiftung (Einnahmen und Ausgaben von 373 Millionen Euro) hatte 2018 erstmals ein deutlich größeres Volumen als der städtische Haushalt (278 Millionen Euro). Laut Rechenschaftsbericht flossen 192 Millionen Euro als Gewinnbeteiligung aus den Stiftungsbetrieben in die Stiftungskasse – über 100 Millionen Euro mehr als im Vorjahr.
  • Der Grund dafür: Ende 2017 hatte der Gemeinderat zugestimmt, dass ZF und Zeppelin GmbH fortan 18 Prozent ihres Gewinns an die Stadt abführen müssen. Diese Mehreinnahmen von 100 Millionen Euro im Jahr 2018 flossen direkt weiter an die Ferdinand gGmbH, die die Stadt gegründet hat, um eine Kapitalrücklage neben der Stiftung aufzubauen. 2019 fließen voraussichtlich 45 Millionen Euro an die Stiftungs-Nebenkasse.
  • Aber auch der „Rest“ der Dividenden, der im Stiftungshaushalt bleibt, reicht derzeit, um alle Projekte ohne Schulden zu finanzieren. Für Großplanungen bis zum Jahr 2022 wie das Museumsquartier (15 Millionen Euro), Umbau und Modernisierung des Graf-Zeppelin-Hauses (23 Millionen), den Neubau des Karl-Olga-Parks (13 Millionen Euro), enorme Investitionen ins Klinikum (noch nicht bezifferbar) oder den Neu- und Umbau von Kindergärten (rund 20 Millionen Euro) ist die Stiftungskasse bis auf Weiteres gut gefüllt. (kck)