Der Jahreswechsel sei ein Moment zum Innehalten und vergleichbar mit dem Erreichen eines Gipfelkreuzes: Das sagte Ortsvorsteher Michael Nachbaur beim Neujahrsempfang von Kluftern im bestens besuchten Bürgersaal. „Gestern und Morgen befinden sich in der Schwebe.“
„Gehen immer noch viel zu leichtfertig mit unserem Planeten um“
Was ist gut gelaufen? Was steht an? Wie schafft man es, Fehler zu vermeiden? Fragen wie trieben ihn zum Jahreswechsel um, erklärte Nachbaur. „2019 hat mich am meisten geärgert, dass wir immer noch viel zu leichtfertig mit unserem blauen Planeten umgehen“, setzte er an den Anfang seiner Neujahrsansprache. Politiker mit blonden Haaren und orangefarbenem Gesicht leugneten nach wie vor den Klimawandel.
Friedrichshafen baut Klimaschutz weiter aus
Friedrichshafen stehe vergleichsweise gut da, habe die Stadt doch schon seit 2016 den European Energy Award in Gold. „Der Klimaschutz soll weiter ausgebaut werden. 2020 kalkuliert die Stadt mit 50 Euro je Einwohner und 2021 mit 100 Euro.“ In Summe wolle Friedrichshafen 128 Millionen Euro in die Hand nehmen. Außerdem will die Stadtverwaltung bis 2040 CO2-neutral arbeiten.
Bürger sollten selbst mehr Bewusstsein entwickeln
Nachbaur forderte dazu auf, auch selbst mehr Bewusstsein zu entwickeln und zum Beispiel auf den Coffee-to-go-Becher zu verzichten, den englischen Rasen in eine Blumenwiese zu verwandeln oder bei regionalen Anbietern einzukaufen.
Gesellschaft funktioniert nur durch Ehrenamt
In den Mittelpunkt rückte Nachbaur das Ehrenamt, das sich in Kluftern auf sehr vielfältige Art und Weise zeige. „Unsere Gesellschaft funktioniert nur, weil sich so viele Menschen engagieren und mehr tun als ihre Pflicht“, dankte er allen Ehrenamtlichen, vom Babysitterservice über die Agenda-Gruppen bis zur freiwilligen Feuerwehr.
Straßenbau und Nahverkehr Themen der Zukunft
Beim Blick in die Zukunft durften Straßenbau und öffentlicher Personennahverkehr nicht fehlen. Laut Regierungspräsident Klaus Tappeser sei die Vorzugsvariante B1 für die Bundesstraße 31-neu zwischen Immenstaad und Meersburg ein guter Kompromiss. „In Kluftern und vor allem in Lipbach hofft man, dass die Markdorfer Südumfahrung nicht gebaut wird“, sagte Nachbaur.
Weiterer Ausbau von Bus und Bahn
Die Region wachse weiter und der Autoverkehr werde weiter zunehmen, falls sich am Verkehrsverhalten nichts ändere. Wichtig sei deshalb der weitere Ausbau von Bus und Bahn sowie die Verknüpfung der Verkehrswege. Dazu gehöre auch die Einrichtung von Bushaltestellen am Materialwirtschaftszentrum und im Gewerbegebiet Negelsee. „Nötig sind Sofortmaßnahmen am Bahnhof Kluftern, damit wenigstens die alten Fahrpläne eingehalten werden und Schüler pünktlich in die Schule kommen.“ Gleich drei neue Fahrradstraßen sollen 2020 eingerichtet werden, nämlich in der Kloster-, in der Schloss- und in der Aistegstraße. „Gemeinsam müssen wir an vielen Themen dran bleiben. Kirchturmdenken hilft uns nicht weiter“, unterstrich Nachbaur.
Forderung: Arbeiten für Neubaugebiet sollten früher beginnen
Mit Blick auf das Neubaugebiet Lachenäcker, Erweiterung Ost, beklagte er, dass der Satzungsbeschluss gefallen sei, die Erschließung jedoch erst ab 2021 erfolgen soll. „Meiner Meinung nach sollten die Kanal- und Straßenarbeiten früher beginnen.“ Ein Lob hatte er für den Planetenweg, der von Bernd Caesar initiiert worden war. „Packen wir‘s an. Das neue Jahr kann kommen“, sagte Nachbaur und wünschte Gesundheit, Schaffenskraft und Freude.

Dieter Stauber: Thema Verkehr „hohes Unzfriedenheitspotenzial“
Vonseiten der Stadt Friedrichshafen sagte Bürgermeister Dieter Stauber, er schätze den partnerschaftlichen Austausch mit den Ortschaften. Wichtig sei ihm Achtsamkeit im Sinne von gegenseitigem Zuhören. Gerade das Thema Verkehr habe ein hohes Unzufriedenheitspotenzial und eine niedrige Toleranzschwelle. „Ich bitte um Verständnis, dass es bei Ampeln, Zebrastreifen und Kreisverkehren klar definierte Kriterien gibt“, sagte Stauber und sprach sich für Fairness und Kompromissbereitschaft aus. Wichtig sei ihm mit Blick auf Naturkatastrophen und Kriege in anderen Ländern eine gewisse Zufriedenheit. „Leben wir nicht nahezu auf einer Insel der Glückseligen?“ In diesem Sinne forderte Stauber dazu auf, optimistisch ins neue Jahrzehnt zu starten.

Mit dem Badener Lied endete der offizielle Teil des Neujahrsempfangs. Tenor beim anschließenden Umtrunk war das gute Miteinander in Kluftern. „Es ist schön, dass bei uns in Kluftern alle zusammenhalten“, sagte Josef Sulger. Für Ortschaftsrätin Beatrix Popp ist die gegenseitige Unterstützung der Vereine eine Klufterner Besonderheit. Für 2020 wünschen sich Tanja Merkle und Petra Naumann vom Frauenchor „Belle Voci„, der den Neujahrsempfang musikalisch umrahmte, viele schöne kulturelle Ereignisse in der Ortschaft. „Toll ist, wenn Jung und Alt zusammenkommen.“