Markdorf soll eine Fahrradstraße bekommen. Dass die Stadt fahrradfreundlicher werden soll, hat der Gemeinderat bereits im vergangenen Dezember beschlossen. Damals hatte Bürgermeister Georg Riedmann vor dem „politischen Sprengstoff“ gewarnt, der sich beim Umsetzen eines städtischen Radverkehrskonzepts ergeben könnte.
Explodiert ist der nun nicht gerade in der jüngsten Ratssitzung. Doch als es Jürgen Hess, der Leiter des städtischen Ordnungsamts, schilderte, was seit Dezember geschehen ist, um den Radverkehr flüssiger beziehungsweise überhaupt erst möglich zu machen, kam es dann doch zu heftigen Reaktionen. Insbesondere, nachdem Hess skizziert hatte, was die Stadt plant, damit die Radler zügiger vom Markdorfer Westen in den Osten oder umgekehrt gelangen. Über die Achse Grivitenstraße, Hahnstraße, Eugenienstraße und Schießstadtweg soll der Radverkehr auf einer sogenannten Fahrradstraße geführt werden.

FDP-Rat Haas vermisst Einbindung in Gesamtkonzept
FDP-Rat Rolf Haas hatte sich daraufhin bei der Abstimmung enthalten. „Nicht, dass ich grundsätzlich gegen eine Fahrradstraße durch Markdorf wäre“, so erläutere er sein Stimmverhalten. Haas kritisierte, dass es schlechterdings zu früh sei, ein Fahrradstraßenkonzept zu zementieren. Müsse das sich doch grundsätzlich in ein übergreifendes Verkehrskonzept einbinden. „Anfang Dezember wird der Kreistag über die Südumfahrung entscheiden“, erklärte der FDP-Politiker, „und das Ergebnis muss doch wohl Auswirkungen haben auf unser Verkehrskonzept in der Stadt“.
Klarheit vermisst Haas bei der Parkplatzsituation. „Wohin weichen die Anlieger der geplanten Fahrradstraße aus?“, stellte er als Frage in den Raum. Überhaupt sei ihm zu wenig, was die Verwaltung erarbeitet habe. Weder gebe es genaue Zahlen zu den Markdorfer Radfahrern. Sind die in ihrer Freizeit unterwegs oder radeln sie zur Arbeit? Des Weiteren vermisst Haas alternative Nutzungskonzepte. Es könnte doch immerhin geprüft werden, ob bestimmte Strecken nur für festgelegte Stunden als Fahrradstraßen ausgewiesen werden. Bürgermeister Georg Riedmann versicherte indes, dass die geplante Fahrradstraße die Parkplatzsituation nicht beeinflusse.

Fahrradstraße hat auch Gegner
Gegen eine Fahrradstraße sprach sich Arnold Holstein von den Freien Wählern aus. „In Wohngebieten ist es völlig überflüssig, eigens etwas für Fahrradfahrer auszuschildern.“ Werde es trotzdem gemacht, dann sei das ein „Etikettenschwindel“, so Holstein, und „dann sind die Probleme vorprogrammiert“. Damit aber, so Holstein, werde „der guten Idee der Fahrradstraße geschadet“. Seine „allergrößten Bedenken“ gegen eine Fahrradstraße äußerte auch Alfons Viellieber (CDU). Er vermutet, dass Autofahrer ausweichen, sich neue Schleichwege durch die ohnehin belasteten Wohngebiete suchen werden. Viellieber prophezeite der Innenstadt deshalb den „endgültigen Verkehrskollaps“, sollte die Fahrradstraße kommen.
Umweltgruppe sieht Bedarf
Joachim Mutschler, Fraktionschef der Umweltgruppe, verwahrte sich gegen Vielliebers Argumentation. Aus seiner Sicht vermenge sein CDU-Kollege „in unzulässiger Weise die Diskussion um die Südumfahrung mit dem Thema Fahrradstraße“. Hier gehe es ausschließlich um eine „funktionierende Ost-West-Verbindung für Fahrradfahrer, die absolut angesagt ist“. Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Radverkehr in der Stadt beständig zunehme.

Diskussion um Sonderrechte
Für Diskussionen sorgte darüber hinaus der Verwaltungsvorschlag, auf der Bussenstraße einen Fahrradschutzstreifen anzulegen, diesen aber an der Einmündung „Zum Burgstall“ enden zu lassen. Das Argument dafür war, dass andernfalls die Parkplatzsituation oberhalb berührt sein könnte. Dort parken in der Regel die Mitarbeiter eines dort ansässigen Unternehmens. Dietmar Bitzenhofer, Fraktionschef der Freien Wähler, kritisierte solche „Sonderregelungen“. Und etliche seiner Ratskollegen befürworteten den Vorschlag, den geplanten Fahrradschutzstreifen auf der Bussenstraße bis zum Ortsende durchzuziehen. Wurde in diesen Punkten recht schnell Einigkeit erzielt, so ließen sich die beim Thema Fahrradstraße entstandenen Kontroversen kaum schlichten. Abgestimmt wurde schließlich erst im wiederholten Anlauf nach einer Sitzungspause und fraktionsinternen Beratungen. Die Fahrradstraße wurde daraufhin mehrheitlich beschlossen.