Die Freikirche der Siebententags-Adventisten (STA) plant in Überlingen die Gründung einer privaten Grundschule. Zum nächsten Schuljahr soll mit den Klassenstufen 1 und 2 begonnen werden. Die Schule richtet ihr Angebot nicht nur an Gemeindemitglieder. Ihre Mission ist es, die Menschen davon zu überzeugen, dass Gott die Erde in sieben Tagen erschaffen hat.
Im Handbuch über Weltanschauungen und Freikirchen, herausgegeben von der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands, wird die im 19. Jahrhundert in Amerika entstandene Freikirche kritisch beleuchtet. Die STA erkenne in der Johannes-Apokalypse einen "biblischen Endzeitfahrplan". Und sie leite aus der Bibel Gesetzmäßigkeiten ab, etwa strenge Essensregeln – wer sie nicht befolgt, der werde vom Himmelreich ausgeschlossen. Dazu Regine Klusmann, Dekanin im evangelischen Kirchenbezirk: "Wir glauben, dass alle Menschen einen Platz im Reich Gottes finden werden und nicht nur besonders rechtgläubige Auserwählte."
Die Gemeinde der STA hat in Überlingen ihren Sitz seit zwölf Jahren im Franz-Sales-Wocheler-Weg, in einem durch eine private Spende entstandenen Gotteshaus. Im Souterrain des Gebäudes sollen die Klassenzimmer entstehen, der Sportunterricht in städtischen Hallen stattfinden, vorübergehend in einem Fitness-Zentrum. Die Gemeinde in Überlingen zählt nach Auskunft von Leitungsmitglied Evelin Veitinger 100 Glieder, zusätzlich 42 Kinder, davon etwa 25 unter zwölf Jahren. In Baden-Württemberg gibt es bereits fünf Schulen in Trägerschaft der Adventgemeinde. Die Kosten für den Schulbetrieb würden zunächst von der Gemeinde und von Spendern und über einen Elternbeitrag bezahlt. Interessierte sind heute, Samstag, zu einem Infoabend eingeladen. Beginn ist um 19 Uhr in der Adventgemeinde.
In einem Flyer formuliert die STA: "Christliche Grundschule steht in den Startlöchern." Das suggeriert, dass die Schule bereits eine Genehmigung hätte, was aber nicht der Fall ist. Ein Antrag ging bei der zuständigen Schulbehörde am Regierungspräsidium Tübingen (RP) bislang nicht ein. Wie Evelin Veitinger sagte, habe es mit der Zusammenstellung der Antragsunterlagen länger als geplant gedauert, nächste Woche würden sie verschickt.
Eine Genehmigung hängt laut Stefan Meißner, Sprecher am RP Tübingen, wesentlich davon ab, dass der Schulträger bestimmte äußere und persönliche Voraussetzungen zur Erfüllung des Bildungsplans erfüllt. Benötigt werden geeignete Räume, auch für den Sportunterricht, und das Lehrpersonal muss eine entsprechende Ausbildung vorweisen. Darüber hinaus werde geprüft, ob der Schulträger nicht im Widerspruch zum Grundgesetz und der Landesverfassung steht. Eine Genehmigung könne, was die äußere Befähigung betrifft, beschleunigt werden, wenn der Schulträger an anderen Standorten bereits einen genehmigten Schulbetrieb führt. In Baden-Württemberg gibt es bereits fünf Schulen in Trägerschaft der Adventgemeinde.
Als Schulleiterin ist Simone Ulamec vorgesehen. Sie kommt von der Pädagogischen Hochschule Salzburg. Den Religionsunterricht würde kein ausgebildeter Lehrer anbieten, sondern Pastor Roland Lachmann: Wie Evelin Veitinger sagte, orientierte sich der Religionsunterricht am evangelischen Unterricht, ihre bestimmten Glaubensinhalte würden aber nicht verschwiegen. "Die Kinder sollen sich dann selbst entscheiden können." Im Klartext: Die Kinder bekommen gemäß der Schöpfungsgeschichte gelehrt, dass die Welt in sieben Tagen entstanden sei. An die Evolutionstheorie und den Urknall glauben die Siebententags-Adventisten nicht.
Wie Stefan Meißner vom RP Tübingen sagte, sieht der Baden-Württembergische Bildungsplan keinen adventistischen Religionsunterricht vor. Vielmehr müsse ein zum Beispiel von der katholischen, der evangelischen oder der orthodoxen Kirche entsandter Religionslehrer Unterricht erteilen. Dieser hat sich an den Bildungsplan zu halten, der wiederum die Schöpfungsgeschichte symbolhaft beleuchtet.
Für Oberbürgermeister Jan Zeitler waren die Pläne neu. "Wir sind nicht die Genehmigungsbehörde, werden also auch nicht gefragt." Am Schulentwicklungsplan der Stadt ändere sich dadurch nichts. "Ich bin der Meinung, dass wir als Schulträger, ergänzt durch den Landkreis und seiner berufsbildenden Schulen, alles anbieten, was man für eine Schulentwicklung braucht. Außerdem haben wir bereits etablierte private Anbieter."
Die Meinung von Dekanin Regine Klusmann zu den Siebententags-Adventisten
Regine Klusmann: „Die Siebententags-Adventisten haben in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen nur Gaststatus. Sie sind keine vollen Mitglieder, weil uns ein sehr unterschiedliches Bibelverständnis trennt. Die Zusammenarbeit auf Landesebene hat sich in den vergangenen Jahren verbessert, Gespräche finden statt. In Überlingen gibt es leider keine Kontakte, im Gegensatz zu den anderen evangelischen Freikirchen, die am Austausch interessiert sind.
Nach unserer Auffassung haben die Siebententags-Adventisten ein fundamentalistisches Bibelverständnis. Sie betrachten die Bibel nicht als historisch gewachsenes Buch und lehnen die historisch kritische Auslegung ab. Sie pflegen einen absoluten Glauben an den Buchstaben der Bibel und leiten daraus eine strenge Ethik ab. So ist für sie die Erde in sieben Tagen erschaffen und die Schöpfungserzählung nicht nur eine Metapher für Gottes Schöpferwillen hinter der Evolution.
Wir als evangelische Landeskirche haben ein anderes Verständnis: Für uns liegt die Wahrheit der Schrift und die Wahrheit Gottes in einer tieferen Schicht, sozusagen hinter und unter den Erzählungen der Bibel: Die Schöpfungsgeschichte in 7 Tagen etwa ist ein Symbol für den Glauben, dass Gott die Welt trägt und erhält und alle Geschöpfe von ihm gewollt sind und von daher Würde und Wert erhalten – ob sie nun historisch in 7 Tagen oder durch Urknall und Evolution entstanden ist, ist für diesen Glauben nicht von Belang."