Die Landesgartenschau (LGS) in diesem Jahr beeinflusst auch das ökumenische Miteinander in Stadt und Region nachhaltig. Wie sehr, das zeigte bereits der Auftaktgottesdienst am vergangenen Sonntag: Gemeinsam mit Stadtpfarrer Bernd Walter stand nicht nur die evangelische Dekanin Regine Klusmann am Altar des Münsters, sondern auch der evangelisch-methodistische Pastor Rouven Bürkle, Pastor Daniel Plessing von der Freikirche Lindenwiese und sogar Karl-Heinz Hübner von der Neuapostolischen Kirche (NAK).
Sie werden gemeinsam auch die historische Fähre „Meersburg ex Konstanz„ als „Kirchenschiff„ betreiben, das während der gesamten Zeit der LGS vom 23. April bis zum 18. Oktober an der „Schiffsanlegestelle Überlingen West“ liegen wird. Das Kirchenschiff ist von 9 bis 18 Uhr für Besucher offen, zum täglichen Abschluss gibt es jeweils eine Andacht, die ebenso vom ökumenischen Team gestaltet wird wie der Gottesdienst mittags in der Silvesterkapelle. „Für uns heißt LGS Liebe, Glaube, See“, fasst Stadtpfarrer Bernd Walter zusammen.
Die beiden großen Kirchen finanzieren
Finanziert wird das Kirchenschiff zur Landesgartenschau von der katholischen und der evangelischen Landeskirche. „Wir zahlen eine Pachtgebühr für das Schiff, die für den ganzen Sommer bei 120 000 Euro liegt“, erläutert die evangelische Dekanin Regine Klusmann auf Nachfrage, „darüber hinaus fallen weitere Kosten an und die teilen sich die beiden Kirchen auch noch“.
Die anderen Kirchen sind so dabei? „Ja, das sind kleinere Gemeinschaften, die haben nicht so die Mittel – woben die erstaunlicherweise wahnsinnig viel Manpower bringen.“ Klusmann leitet die Steuerungsgruppe für das Kirchenschiff gemeinsam mit Jean-Pierre Sitzler, Referent für Kirche und Tourismus am Bodensee der Erzdiözese Freiburg.

Theologische Inhalte spielen keine Rolle auf dem Schiff
Noch vor wenigen Jahren verorteten Kritiker die Neuapostolische Kirche näher am Kreis der in sich geschlossenen Sekten als an der Gruppe der Freikirchen. Eine Mitgliedschaft der NAK in der „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland„ (ACK) wäre undenkbar gewesen. Doch das ändert sich derzeit auf Bundesebene ebenso wie in Überlingen, wo ein ACK-Ortsverband in Gründung ist, wie Klusmann erklärt. „Da haben wir uns gerade erst auf den Weg gemacht.“
In den beiden Treffen, die bereits stattgefunden hätten, sei es auch um theologische Inhalte gegangen, die jetzt auf dem Kirchenschiff aber keine Rolle spielten. „Eines der ersten Gespräche ging darum, wie verstehen wir jeweils Taufe, oder Abendmahl, das sind so Sachen, wo es ans Eingemachte geht.“ Die LGS verstünden die Kirchen indes als Feld, das es ganz neu zu bestellen gelte. „Da stößt man nicht so schnell an diese theologischen und traditionellen Grenzen, weil es keinen gesteckten Rahmen gibt – das ist die große Chance.“
„Es gab ja in der NAK seit einigen Jahren einen Apostel, der eine Kursänderung vollzogen hat“, erläutert Klusmann weiter. In den vergangenen Jahren habe die NAK begonnen, sich für die Gesellschaft und für die anderen Kirchen zu öffnen und suche von sich aus den ökumenischen Kontakt. „Das gab es vorher nicht, da waren die sehr zurückgezogen.“ Erste Kontakte in Überlingen gab es laut Klusmann durch die Einweihung des Neubaus der neuapostolischen Kirche im Oktober 2018. Damals waren die anderen Kirchen eingeladen. In der Folge habe die NAK von sich aus aktiv gefragt, ob es Möglichkeiten der Mitarbeit bei der LGS gebe.
„Mehr Gemeinsames als Trennendes“
In den vergangenen Monaten, in denen sich die Steuerungsgruppe mindestens einmal im Monat traf, habe sich das Miteinander „als ganz positiv herausgestellt, meint die Pfarrerin. „Das ist eine wunderbare Zusammenarbeit. Wir sind unterschiedlich, wir haben unterschiedliche Glaubensvorstellungen, wir haben unterschiedliche Traditionen – und es gibt sicherlich auch den einen oder anderen Punkt, da würden wir uns anfangen zu streiten, theologisch.“ Und dennoch: „Wir finden mehr Gemeinsames als Trennendes und verschweigen das Trennende nicht.“
Die Vertreter der einzelnen Kirchen, die auf dem Schiff in drei Schichten mit je zwei Personen präsent sind, werden bunt gemischt sein, erläutert Münsterpfarrer Bernd Walter. Doch können Besucher dann auch erkennen, welcher Kirche oder Glaubensrichtung jemand angehört, mit dem man auf dem Kirchenschiff redet? „Äußerlich ist man nicht zu erkennen“, sagt Walter. „Erkennungsgzeichen ist ein Schal und ich denke, sie werden vorher auch immer wieder sagen, ich bin Vertreter der evangelischen Kirche, der katholischen, der Methodisten, der Freikirchen.“ Gegebenenfalls müsse man nachfragen, sagt auch Klusmann. „Aber es gibt ein Namensschild.“ Ob da draufsteht, wo man herkommt, wisse sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht. „Grundsätzlich haben wir gesagt, bei den Gottesdiensten treten wir immer gemeinsam auf – aber klar, es verleugnet niemand seine Herkunft.“
Zwei Infoabende für Freiwillige
Während der Landesgartenschau gibt es täglich zwei christliche Andachten. Die eine immer um 12 Uhr in der dafür geöffneten Goldbacher Kapelle, die andere auf dem Kirchenschiff. Diese Andachten gestalten Freiwillige. Für die bisher angemeldeten Andachtsgestalter und alle weiteren Interessierten findet am kommenden Dienstag, 14. Januar, 19 Uhr in der Neuapostolischen Kirche Überlingen ein Infoabend statt.
Auch als Ansprechpartner für Besucher auf dem Schiff werden noch Freiwillige gesucht. Hierzu gibt es am Montag, 3. Februar, 19 Uhr, einen Infoabend im katholischen Pfarrzentrum. Infos im Internet zu dem ökumenischen Auftritt auf der Landesgartenschau und dem Kirchenschiff gibt es auf der „Homepage der Kirchen auf der Landesgartenschau in Überlingen 2020„ sowie auf der Seite www.gottamsee.de