Der bundesweite Vorlesetag am Freitag will wieder in den Fokus rücken, wie bedeutungsvoll Lesen gerade auch für die Kleinen ist. Wie können Kinder fürs Lesen begeistert werden? Worauf ist zu achten und wo gibt es Büchertipps? Diese und noch mehr Fragen beantworten Sybilla Kleffner und Heidi Rothkegel vom Überlinger Verein Lesezeichen, sowie Büchereileiterin Gertrud Schied.
Gemütlich auf der Couch, Kuscheln inbegriffen
"Je früher ich anfange, desto eher bringe ich Kinder zum Lesen", ist Sybille Kleffner überzeugt. Die pensionierte Lehrerin und vierfache Mutter weiß, wovon sie spricht. Ganz regelmäßig hat sie ihrem Nachwuchs und später den Enkeln Geschichten vorgelesen, gemütlich auf der Couch, Kuscheln inbegriffen. Denn Mama-Nähe und Wärme gehören unbedingt dazu für die Mitgründerin des Lesezeichen-Vereins.
Auch Säuglinge beim Vorlesen im Arm halten
So kann ihrer Meinung nach sogar ein Säugling profitieren, indem er beim Vorlesen im Arm gehalten wird. Die Babys erlebten das Ganze als etwas Schönes und speicherten es als solches ab.
Lesende Eltern als Vorbild
Vorlese-Kollegin Heidi Rothkegel möchte auch die Väter in das Vorlesen einbezogen wissen. "Gerade für Jungen ist es hilfreich, wenn sie sehen: Der Papa kann nicht nur Auto fahren, sondern auch lesen." Überhaupt kommt den Bezugspersonen wie in vielen anderen Bereichen die wichtige Aufgabe zu, die Lesefreude vorzuleben. Gertrud Schied betont: "Prinzipiell spielt das Vorbild lesender Eltern eine entscheidende Rolle." Seit 26 Jahren leitet sie ehrenamtlich die Katholische Bücherei in Salem und bietet häufig Vorlesezeiten an für alte und junge Büchereibesucher.
Vorlesen fördert Konzentration und Wortschatz
Kinder, denen viel vorgelesen wird, hätten viele Vorteile: Sie übten früh ein, sich auf das Gehörte zu konzentrieren, und erweiterten ihren Wortschatz. Ganz zu Schweigen vom "Kopfkino", das durch das Gehörte in Gang gesetzt werde. Getrud Schied betont auch die soziale Komponente des Vorlesens: "Wenn ich mit meinen Kindern zusammen lese, haben wir ein gemeinsames Thema, über das wir im Anschluss reden und auch mal lachen können."
Auch wechselseitiges Lesen ein guter Weg
Bei Langsam- oder Schnelllesern unter den Kindern empfiehlt Schied, dass ein Elternteil mit ihm abwechselnd je eine Seite liest. Es spiele keine Rolle, ob vorgelesen werde oder ob "Selberleser" gemeinsam in einem Raum schmökern, jeder in einem anderen Buch. Auch Hörbücher können das Vorleseprinzip zumindest teilweise ersetzen, sagt sie. Sie seien eine tolle Alternative und förderten die Konzentrationsfähigkeit. "Allerdings fehlt der Kuschelfaktor."
Buch, Comic, Magazin? Das ist eher nebensächlich
Ob die Kinder ihre Nase in ein Kinderbuch, einen Comic oder ein Magazin stecken, ist für die Büchereileiterin eher nebensächlich. Sybilla Kleffner erzählt: "Ich erlebe es oft, dass Kinder einen ganz anderen Büchergeschmack haben als wir Vorlesenden." Hier sollten Väter und Mütter ihrem Nachwuchs eher freie Hand lassen bei der Lektüreauswahl. "Permanentes Ausbremsen blockiert die Lesefreude." Wenn die Kleinen etwas aussuchten, was für sie noch ungeeignet sei, merkten sie das bald selbst.
Beratung und Auswahl in Bücherei und Buchhandel
Für die Suche nach abwechslungsreichem Lesestoff für Kinder empfehlen die lesebegeisterten Frauen einen Besuch in einer Bibliothek oder im Buchladen. Da gebe es ausreichend Beratung und in der Regel ein großes Kinderbuchsortiment. Online seien Lesetipps bei der Stiftung Lesen erhältlich. Für die Allerkleinsten bieten sich nach Ansicht der Leseexpertinnen Büchlein an mit Tierbildern und haptischen Effekten, bei denen beispielsweise das Fell der Tiere erfühlt werden kann. Sogenannte "Unkaputtbar"-Bilderbücher haben laut Gertrud Schied eine extra beschichtete Oberfläche, der Kinderspeichel nichts anhaben kann. Die Buchseiten eigneten sich daher auch für Säuglingsfinger.
Buchtipps der Vorleserinnen vom Verein Lesezeichen
- Für die Allerkleinsten:
Baby Pixi: Viele Titel erhältlich. Unkaputtbar, reißfest, wasserfest. Carlsen-Verlag, 2,99 Euro.
- Ab zwei Jahren:
Eva Dax: Eddie Meisterdieb. Rasante Verfolgungsjagd mit Verschwindeklappen. Verlag Friedrich Oetinger, 15 Euro.
- Ab drei Jahren:
Stephanie Schneider: Mias Bohne. Verlag Fischer Sauerländer, 14,99 Euro.
Céline Claire/Qin Leng: Unsere kleine Höhle. Diogenes-Verlag, 16 Euro.
Sonja Danowski: Smon Smon. Nord-Süd-Verlag, 20 Euro.
- Vier bis acht Jahre:
Claudia Schreiber: Sultan und Kotzbrocken. Carl-Hanser-Verlag, 13,90 Euro.
Anna Woltz: Gips oder wie ich an einem einzigen Tag die Welt reparierte. Carlsen-Verlag, 10,99 Euro
- Für Grundschüler:
Oyvind Torseter: Der siebente Bruder oder das Herz im Marmeladenglas. Gerstenberg-Verlag, 26 Euro
Barbara Iland-Olschewski: Achtung, gruselig! Tiergeister AG. Ars-Edition, 10 Euro.
- Für Jugendliche:
Robin Stevens: Ein Fall für Wells und Wong, Serie. Knesebeck-Verlag, 15 Euro.
Jeff Kinney: Gregs Tagebuch, Serie. Baumhaus-Buchverlag, 14,99 Euro.
- Mehrsprachige Bücher:
Luna Al-Mousli: Eine Träne. Ein Lächeln. Meine Kindheit in Damaskus. Arabisch und Deutsch. Verlag Weissbooks, 12,99 Euro.
Walid Taher: Mein neuer Freund, der Mond. Arabisch und Deutsch. Vorschule und Erstleser. Verlag Edition Orient, 15,90 Euro.
Weitere Leseempfehlungen:
http://www.stiftunglesen.de
Das wird am Vorlesetag in der Region geboten
Der bundesweite Vorlesetag, der zum 15. Mal stattfindet, will Begeisterung für das Lesen und Vorlesen wecken und Kinder früh mit dem geschriebenen und erzählten Wort in Kontakt bringen. Der Tag steht unter dem Motto "Natur und Umwelt." In der Region sind einige Aktionen geboten.
- Die Stadtbücherei Überlingen bietet am Freitag, 16. November um 16 Uhr eine Lesung zu "Mia und das Blumenwunder" an. Im Anschluss basteln die Teilnehmer mit Jana Goldmann (Bücherei) und Christine Aguirre de Kayers (Naturschutzbund). Das Angebot ist für Kinder ab vier Jahren und kostenfrei.
- Die Vorleser von Lesezeichen sind am Freitag und Montag, 16. und 19. November, in fast allen Überlinger Schulen unterwegs.
- Im Kinderhaus St. Nikolaus in Owingen liest Franziska Michel, Auszubildende der Krankenkasse AOK, aus dem Buch „Der Riese Knurr“ vor.
- Auch Meersburg macht am Vorlestag mit. Sieben Vorleser präsentieren bekannte und weniger bekannte Geschichten für junge Zuhörer. Gelesen wird im Rathaus, in der Buchhandlung Kuhn, im Vineum, im Café Pop, im Jufa, im Treppenhaus von Peter Schmid und in der Bibelgalerie, die unter anderem Drucken in der Gutenberg-Druckerwerkstatt anbietet.
- In Salem gibt es zwar keine Veranstaltung , die direkt unter Vorlesetag firmiert. Aber die Gemeindebücherei bietet eine Spaß-und-Spiel-Lesewoche rund um den Termin an: "Kürzestgeschichten schreiben" für Kinder ab zwölf Jahren am Donnerstag, 15. November und ein Spielangebot am Freitag, 16. Novvember mit dem Spiel des Jahres "Azul" für Kinder zwischen fünf und zehn Jahren. Beginn ist jeweils um 15.15 Uhr.
- In der Katholischen Bücherei Neufrach findet am Wochenende, 17. und 18. November die Weihnachtsbuchausstellung statt, bei der ein Schwerpunkt auf Kinderbüchern, Spielen, Hörbüchern und Adventskalendern liegt. Die Ausstellung ist geöffnet: Samstag von 17 bis 20 Uhr, Sonntag von 9.30 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr.