Es wurde schon viel geplant und beschlossen hinsichtlich des Neubaugebiets Südlich Härlen. Auch die künftige Wegeführung steht fest. Jetzt sollte der Ausschuss Bildung, Kultur und Soziales entscheiden, wie die Erschließungsstraße und der mittige Platz des neuen Stadtquartiers künftig heißen sollen. Den Stadträten Vorschläge dafür zu unterbreiten, ist Aufgabe der Abteilung Stadtplanung. Oberbürgermeister Jan Zeitler erinnerte vorab an die Übereinkunft, künftig weiblichen Namensgebern bei der Benennung von Straßen den Vorzug zu geben, männliche gebe es schon genug.

Der erste Vorschlag bezog sich auf die von Nord nach Süd verlaufende Erschließungsstraße. Sie wird eingangs zwischen Pflegezentrum und Kindergarten führen und dann ringförmig durch die Wohnbebauung. Die Räte waren sich einig, dass sie Maria-Löhle-Straße heißen soll. Die Namensgeberin war von 1962 bis 1980 Stadträtin in Überlingen. Für ihr soziales und politisches Engagement erhielt sie das Bundesverdienstkreuz. Besonders mutig war der Einsatz der 1903 geborenen Maria Löhle für die Häftlinge des Konzentrationslagers Aufkirch, denen sie unter großer Gefahr Essen zukommen ließ. Sie und ihr Mann, Metzgermeister Karl Löhle, waren bekennende Sozialdemokraten, er wurde erster Nachkriegsbürgermeister.

Der zweite Vorschlag fiel durch. Die Verwaltung hatte angeregt, den Platz in der Mitte des Gebiets nach der Schriftstellerin und Schauspielerin Barbara Levinger zu benennen. Als Tochter von Hermann Levinger, 1908 bis 1930 Oberamtmann und Landrat des badischen Bezirksamts Überlingen, kam sie im Jahr 1908, mir vier Jahren, nach Überlingen und hatte in den 1920er Jahren ein Engagement am Theater Konstanz. 1930 zog die evangelische Familie nach Wiesbaden und wurde unter der Herrschaft der Nationalsozialisten verfolgt – Hermann Levinger als Jude, Barbara Levinger als sogenannte „Halbjüdin“. Beide nahmen sich 1944 das Leben, um der Deportation zu entgehen.

„Wir haben eigentlich keine Wahl – zwei Straßen, zwei Namen“, beginnt Robert Dreher (FWV/ÜfA) die Diskussion. Bei Barbara Levinger fehle ihm der lokale Bezug. Er hätte einen Ideenwettbewerb gut gefunden. Das sieht auch Günter Hornstein (CDU) so: „Bisher hatten die Namensgeber immer einen Bezug zu Überlingen, der fehlt hier.“ Dem schloss sich Bettina Dreiseitl-Wanschura (LBU/Grüne) an. Sie schlägt vor, die Kulturabteilung oder das Stadtarchiv um Unterstützung bei der Suche nach passenden Namen zu bitten. Dazu regt sie an, die lange Ringstraße zu unterteilen und zur besseren Orientierung mit zwei Namen zu versehen. Das griff OB Jan Zeitler auf und formulierte den dann einstimmig angenommenen Beschluss um: Der Ausschuss soll künftig drei Namen zur Auswahl bekommen und die Teilung der Ringstraße in einen Nord- und Südteil wird geprüft.

Ehrung erst im zweiten Anlauf

  • Der erste Versuch: Schon Ende Oktober 2005 sollte Maria Löhle durch einen Straßennamen geehrt werden. Der damalige Kulturausschuss diskutierte Straßennamen für den Schättlisberg. Eine Straße wurde nach Anton Wilhelm Schelle benannt, von 1948 bis 1969 Überlinger Bürgermeister.
  • SPD-Vorschlag ignoriert: Die von den Sozialdemokraten ins Spiel gebrachte Genossin Maria Löhle, nach der ein kleiner, vom Hildegardring abgehender Weg benannt werden sollte, ließ der Ausschuss unter den Tisch fallen. Obwohl sie zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der Überlinger Geschichte im 20. Jahrhundert gehört. Sie war aufrechte Gegnerin der Nazis und in der Nachkriegsgeschichte spielte sie als langjährige SPD-Gemeinderätin eine zentrale Rolle. Doch das war nicht genug für einen Maria-Löhle-Straße.
  • Bei ihm reichte der Wohnort: Obwohl schon 2005 ein Beschluss bestand, bei Straßenbenennungen Frauen zu bevorzugen, entschied sich der Ausschuss für Christian Lahusen. Der Sohn einer Bremer Kaufmannsfamilie wurde 1886 in Buenos Aires geboren und zog nach einer Karriere als Kapellmeister und Komponist 1931 nach Überlingen, um als Musiklehrer an der Schule Schloss Salem zu arbeiten. Sein Bezug zur Stadt bestand darin, in ihr zu wohnen. (mba)