Die Campushalle in Überlingen wird nun seit mehr als 1000 Tagen genutzt. Im Oktober 2020 feierte der Schulsport Premiere. Wegen Corona wurde die offizielle Eröffnungsfeier auf Mai 2022 verschoben. Ein weiterer Profiteur des knapp 25 Millionen teuren Baus ist der TV Überlingen. 2020 sagte Oberbürgermeister Jan Zeitler: „Mit der neuen Sporthalle wird Überlingen über die Stadtgrenzen hinaus als Austragungsort für Sportveranstaltungen interessant. Zusätzlich spielt die Anlage eine wichtige Rolle in der Entwicklung Überlingens als Schulstandort.“

Bei den Handballern gibt es teilweise Wartelisten

Genauso ist es eingetreten. Auch wenn es damals den einen oder anderen Kritiker gab, dass die Halle überdimensioniert sei, vor allem, was die Gerätehalle für die Turner angeht. Die Schulen haben für den Sportunterricht perfekte Voraussetzungen, und der TV Überlingen kann vor allem im Nachwuchsbereich einen wahren Zulauf verbuchen. Der Vereinsvorsitzende Roland Ruf sagt: „Es hätte für uns nichts Besseres passieren können. Vor allem bei den Turnern und den Handballer gab es einen wahren Boom.“ Damit sei der vom TV Überlingen prognostizierte Aufschwung eingetreten.

In der Kinderabteilung und F-Jugend der Handballer gibt es mittlerweile sogar Wartelisten. Die Mitglieder haben sich vervielfacht, sodass es aktuell 18 Mannschaften gibt. Das führt dazu, dass die Kapazitäten in der neuen Dreifachhalle schon wieder knapp sind. „Hier gibt es die Option, auf andere Hallen auszuweichen“, erklärt Roland Ruf. „Der Spielbetrieb findet aber ausschließlich in der Campushalle statt.“ Hier habe sich die Teeküche auch bestens bewährt, damit die Zuschauer versorgt werden können.

Das könnte Sie auch interessieren

Gute Trainingsbedingungen für Turner

Einen kaum zu erwartenden Aufschwung hat aber auch das Turnen. Durch die Gerätehalle, die so in der weiten Umgebung seinesgleichen sucht, bietet es für die Turnerinnen und Turner perfekte Trainingsbedingungen. „Es ist sogar schon so, dass die früher bei den Schülern gehasste Disziplin Turnen zu einer Art Lieblingsfach geworden ist“, berichtet der Vereinsvorsitzende, der auch Sportlehrer ist. „Natürlich stehen vor allem Trampolin, Schwingboden und Airtrack ganz hoch im Kurs.“

Hier erklärt Roland Ruf, dass sich das klassische Turnen etwas gewandelt habe: „Mittlerweile wird hier eher der Parkour-Sport ausgeübt“, sagt er. „Dies kann man als eine normfreie Art des Turnens vergleichen.“ Im Unterricht erlerne man keinen „Rückwärtssalto am Boden“, sondern eher einen „Backflip“, was sich „cooler“ anhöre, aber vom Prinzip her dasselbe sei. Der Verein kann täglich an 15.30 Uhr die Gerätehalle nutzen und tut dies auch. Teilweise sind bis zu 35 Personen gleichzeitig dort. „Uns ist es wichtig, nicht mit wenigen Aktiven in der absoluten Spitze mitzuturnen, sondern mit vielen Aktiven ein durchaus gehobenes Niveau zu erreichen“, betont Roland Ruf. „Ich denke, dass wir irgendwann die dritte Liga mit eigenen Athleten erreichen können.“

Die Campushalle in Überlingen ging 2022 in Betrieb. Sie gehört zum Schulcampus, der bis 2030 neugestaltet werden soll.
Die Campushalle in Überlingen ging 2022 in Betrieb. Sie gehört zum Schulcampus, der bis 2030 neugestaltet werden soll. | Bild: Kleinstück, Holger

Kooperation zwischen Verein und Schule fördert Talente

Ein Geheimnis des Erfolges der Campushalle und des großen Zulaufs von Kindern und Jugendlichen sei die Kooperation „Schule und Verein“ mit der Realschule, dem Gymnasium, der Burgberg- und der Wiestorschule, betont Roland Ruf. Sowohl im Handball als auch im Turnen gebe es insgesamt mehr als zehn Lehrer, die auch als Trainer aktiv sind. „Damit können Talente natürlich ganz anders gefördert und gefordert werden“, sagt er. „Gerade im Turnen haben die Jüngsten durch die optimalen Bedingungen riesige Fortschritte gemacht.“

Auch im Bereich Eltern-und-Kind-Turnen gibt es einen wahren Boom. Gab es vor der Eröffnung der Campushalle eine Gruppe, werden aktuell vier angeboten. Das Kleinkindturnen ist ebenfalls gewachsen und hat anstatt zwei nun vier Gruppen. Diese Kurse werden allerdings aus Kapazitätsgrenzen in der neuen Halle in der Burgberg- und Wiestorhalle angeboten.

Freies Training für alle Altersklassen

Und es gibt noch ein weiteres Aushängeschild: das freie Training. Normalerweise sind Kunstturnhallen den Vereinsmitgliedern vorenthalten. Jeden Mittwochabend zwischen 19.30 und 22 Uhr kann aber jeder, der Turnen möchte, vorbeikommen. „Es ist zwar kein expliziter Trainer da, aber man hilft sich gegenseitig“, erklärt Roland Ruf. „Die Altersspanne reicht von 15 bis 62 Jahren. Von der Leistung her kommen Schüler, die sich auf das Turn-Abitur vorbereiten bis zu Medaillengewinner bei Olympia.“

Daniel Popescu trainiert in Überlingen

Immer wieder vor Ort ist unter anderem der rumänische Spitzenturner Daniel Popescu, der in Radolfzell lebt und für den KTV Straubenhardt in der Bundesliga aktiv ist. In Überlingen findet er perfekte Trainingsbedingungen vor. „Durch das freie Turnen haben viele die Möglichkeit sich auszuprobieren“, erklärt Roland Ruf. „Dadurch haben wir schon einige Vereinsmitglieder gewinnen können – und sogar Trainer.“ Er bekomme auch immer wieder Anfragen für Trainingslager von internationalen Spitzenturnern. Diese lehne er kategorisch ab. Einzelanfragen verweist er dann auf den Mittwochstermin.

„Die Campushalle ist ein Erfolgsobjekt, das so gut wie keine Wünsche offenlässt“, betont der Vorsitzende des TV Überlingen. „Lediglich was die Einrichtung angeht, wünsche ich mir noch ein bisschen mehr Gemütlichkeit, dass man sich auch in der Halle aufhalten kann, ohne Sport zu machen.“ Hier könne er sich eine Sofaecke, einen Schaukasten oder ein Aufenthaltsbereich vorstellen, in dem man auch mal „gemütlich etwas trinken kann“.