Die formulierte massive Enttäuschung des Gymnasiums nach der Verschiebung des Realisierungswettbewerbs und einer weiteren Verzögerung bei der Umsetzung des Neubaus selbst, wie sie aus dem ersten Haushaltsentwurf für die Jahre 2024/2025 im Oktober herauszulesen war, scheint eine gewisse Wirkung gezeigt zu haben. Mittel für die Konkretisierung der Planung sind im überarbeiteten Etat, den der Gemeinderat am Mittwoch beraten muss, nun vorgezogen und bereits ab 2027 auch für einen Baubeginn ausgewiesen. Diesen kleinen Lichtblick hatten die Ratsvertreter Ulf Janicke (LBU/Grüne), Günter Hornstein (CDU), Robert Dreher (FWV/ÜfA) und Peter Vögele (FDP) mitgebracht, die sich auf Einladung von Schülern bei einer Diskussionsrunde in der Aula den Fragen stellten. Schülersprecherin Franziska Berger dankte dem Quartett in ihrer Begrüßung für die Gesprächsbereitschaft.

Die Geduld scheint am Ende zu sein

„Der Anstoß zu der Veranstaltung kam tatsächlich von den Schülerinnen und Schülern“, betonte Vertrauenslehrerin Linda Orlowski, die dafür gerne eine Doppelstunde in Gemeinschaftskunde zur Verfügung stellte. Sie freue sich, dass sich Vertreter des Gemeinderats der Diskussion stellten. Nicht nur ihre Achtklässler konnten so ganz praktische Erfahrungen über den Alltag in der Kommunalpolitik machen. Selbst einige jüngere Schüler, aber auch Vertreter aus der Kursstufe und einige Lehrer nutzten die Gelegenheit, um Fragen an die Gemeinderäte zu stellen und zwischendurch auch mal ihrem Frust Luft zu machen. Denn die Geduld, die von den Bürgervertretern mehrfach eingefordert wurde, scheint inzwischen aufgebraucht zu sein.

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Schüler löchern Gemeinderäte mit vielen Fragen

Die Schüler hatten viele Fragen. Geplant werde schon seit so vielen Jahren, warum habe die Stadt nicht das nötige Geld zurückgelegt? Dabei habe die Stadt doch eine hohe Liquidität, weshalb man dann nicht früher anfangen könne? Die Raumnot sei enorm, um Arbeitsschutz und Brandschutz sei es nicht zum besten bestellt, warum die Stadt keinen dringenderen Handlungsbedarf sehe? „Es wird ja immer teurer, je länger man wartet“, sagte der Sechstklässler Jonas Wissmann. Zudem komme es die Stadt am Ende doch billiger, wenn sie einen energieeffizienteren Neubau erstelle.

Von den Jugendlichen hagelt es Kritik

Alles seien im Grunde gute und berechtigte Argumente, waren sich das Quartett aus dem Gemeinderat weitgehend einig. Doch die Stadt habe eben eine Vielzahl von Verpflichtungen. „Der Neubau steht tatsächlich schon lange auf der Liste“, räumte Stadtrat Ulf Janicke ein. Allerdings habe man das Vorhaben noch nie „in voller Schönheit zu Ende gedacht und mit den Kosten konkret durchgeplant“. Eine Frage sei die Größe. Für Überlingen und den Pflichtanteil an auswärtigen Schülern würde eine fünfzügige Schule reichen. Die Ratsmehrheit hat sich im Juli für die größere Lösung entschieden.

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Auch Günter Hornstein gab den Schülern in vielen Punkten recht und zeigte Verständnis für die Kritik. Die Stadt müsse allerdings zahlreiche Pflichtaufgaben in Einklang bringen und finanzieren. Dazu bedürfe der Haushalt einer Genehmigung durch das Regierungspräsidium. Mit der aktuellen Konkretisierung der Planungs- und Bauphase sah er die Verwaltung allerdings auf einem guten Weg. „Wir müssen wissen, wann wir welche Mittel brauchen.“

Peter Vögele: „Regelmäßig in das Gebäude investiert“

Erfreut zeigte sich auch Robert Dreher über das Format der Kommunikation und des Austausches und bedankte sich bei den Schülern. Der Stadtrat nutzte die Gelegenheit, um den Hinweis auf die offenbar noch gut bestückte hohe Kante der Stadt zu relativieren. Im Prinzip sei das ganze Geld schon ausgegeben, sagte Dreher. Allerdings seien viele bereits beschlossene wichtige Projekte noch nicht umgesetzt. „Wir schieben eine große Bugwelle vor uns her.“

Die Stadt habe sich vielleicht nicht immer ganz ehrlich gemacht, räumte Peter Vögele zwar ein, wollte allerdings nicht alle Vorwürfe gelten lassen. Die Kommune habe immer wieder in das Gebäude investiert, sagte er, und erinnerte an die Überbauung des Innenhofes mit der Mensa.

Dieses Mal waren sie ohne Protestplakate gekommen: Aufmerksam lauschten die Schülerinnen und Schüler den Erklärungen der Gemeinderäte, ...
Dieses Mal waren sie ohne Protestplakate gekommen: Aufmerksam lauschten die Schülerinnen und Schüler den Erklärungen der Gemeinderäte, doch zufrieden warfen sie am Ende nicht. | Bild: Hanspeter Walter

Auch die Lehrer sind frustriert

Ganz zurückhalten konnten und wollten sich auch einige anwesende Lehrer nicht. „Es gab eine große Mehrheit für die sechszügige Lösung“, sagte Deutschlehrer Jochen Staudacher. „Doch jetzt passiert nichts. Das gibt ein fatales Bild und deshalb ist der Frust so groß.“ Den Vorwurf, dass die Stadt zurückrudere, wiesen die Räte jedoch vehement zurück. Dennoch habe er den Eindruck, sagte Staudacher, „dass die Stadt zu viel verwalte und zu wenig handle.“