Noch ehe Stadtkämmerer Stefan Krause in der jüngsten Sitzung mit der Einbringung des Doppelhaushalts für die Jahre 2024/2025 die Dramatik des Investitionsstaus ausbreiten konnte, hatte Oberbürgermeister Jan Zeitler „auf Bitten des Gemeinderats“ zur Verzögerung des Planungsprozesses für den Neubau des Gymnasium Stellung bezogen. Das Gremium hätte bereits am 12. Juli über die Ausschreibung des Realisierungswettbewerbs entscheiden sollen. Doch Zeitler machte damals Widersprüche in der Sitzungsvorlage aus und der Gemeinderat votierte für eine Verschiebung der Entscheidung auf den 27. September.
Allerdings wartete nicht nur Schulleiter Hans Weber zu diesem Zeitpunkt vergeblich auf die erwartete Beschlussvorlage – und tut dies heute noch. Der Rektor wandte sich noch vor der damaligen Sitzung in einem Brandbrief an OB Zeitler, dessen Dezernenten und den Gemeinderat (Der SÜDKURIER berichtete am 17. Oktober). Weber bat darin um einen schnellen Beschluss des Realisierungswettbewerbs.
OB: Schulleitung wurde informiert
Vor diesem Hintergrund betonte OB Zeitler jetzt, er habe die Schulleitung mehrfach über den Sachstand informiert bzw. informieren lassen. Im Haushaltsentwurf seien bis 2028 Investitionen in Höhe von 149 Millionen Euro vorgesehen, die eine Kreditaufnahme von 57 Millionen erforderlich machten. In dieser Form sei der Etat nicht genehmigungsfähig. Wobei die Kostenschätzung für den Neubau des Gymnasiums inzwischen bei 63 Millionen Euro liege. „Wir können keinen Realisierungswettbewerb beschließen“, sagte Zeitler, „solange die Finanzierung und die Umsetzung noch nicht geklärt sind.“ Die Zukunft der Stadt könne sich überdies nicht nur am Neubau eines Gymnasiums ausrichten, sondern müsse allen Belangen Überlingens gerecht werden. Eine Umsetzung des Vorhabens könne erst dann gestartet werden, wenn die Finanzierung mit einem genehmigungsfähigen Haushalt gesichert sei.
Im Entwurf des aktuellen Doppelhaushalts von Stefan Krause ist ein Baubeginn für das neue Gymnasium erst ab 2029 in Aussicht gestellt. Mit einer Summe von 58 Millionen Euro, die erst nach der aktuellen mittelfristigen Finanzplanung zu Buche schlagen und sich so nicht unmittelbar auf die Genehmigungsfähigkeit des nächsten Haushalts auswirken. Bis zu diesem Zeitpunkt sind ab 2026 lediglich 5,8 Millionen für die Planung ausgewiesen. Bislang standen hier schon 9 Millionen für den Baubeginn. Im aktuellen Haushalt waren bis 2025 schon 4 Millionen Euro an Planungskosten eingestellt.
Ungeachtet der Erklärung Zeitlers im Rat bekräftigte der Elternbeirat des Gymnasiums am Freitag noch einmal einhellig die Forderung der Schulleitung nach einer „möglichst raschen Verwirklichung des Neubauvorhabens“. Die Eltern machten sich „die sachliche Argumentation der Schulleitung zu eigen“, sagte Vorsitzender Alexander Bruns, der für die CDU im Gemeinderat sitzt. Das Gremium habe kein Verständnis dafür, dass in dem Investitionsprogramm zum neuen Haushalt „entgegen dem vor der Sommerpause avisierten sofortigen Start des Realisierungswettbewerbes mit den konkreten Planungen für den Neubau erst in den Jahren 2026 bis 2028 begonnen werden soll“. Mit der Folge, dass für die Bauarbeiten ein Zeitfenster bis 2031 beziehungsweise 2032 eingeplant werden müsse. Der Elternbeirat habe die dringende Bitte, appelliert Bruns an Zeitler, „dass Sie sich in den Haushaltsberatungen mit ganzer Kraft für einen wesentlich früheren Beginn des Realisierungswettbewerbs und der Bauarbeiten einsetzen.“ Nur so könne der Gemeinderat „den Bildungsstandort Überlingen zukunftsfähig zu machen“.
Eltern haben kein Verständnis für Vorgehen der Stadt
In klaren Worten stellt sich der Elternbeirat des Gymnasiums hinter Schulleiter Hans Weber. Alexander Bruns als Vorsitzender des Elternbeirats wendet sich in einem Schreiben, das auf den vergangenen Freitag, 20. Oktober, datiert, an Oberbürgermeister Jan Zeitler. Eine dem Schreiben als Anlage beigefügte Liste mit 35 Namen der Elternbeiräte und deren Stellvertreter sämtlicher Klassen und der beiden Kursstufen unterstreicht die Geschlossenheit der gesamten Elternvertretung. Die aufgeführten Personen seien in der Sitzung des Elternbeirates am Tag zuvor anwesend gewesen und mit einer Namensnennung einverstanden, heißt es erläuternd.
Der Brief an Oberbürgermeister Jan Zeitler ging an alle Stadträte und die Ortsvorsteher zur Kenntnis. Alexander Bruns schreibt:
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Zeitler, erlauben Sie, dass ich mich in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Elternbeirates des Gymnasiums im Zusammenhang mit dem geplanten Neubau des Gymnasiums Überlingen an Sie wende. Der Elternbeirat des Gymnasiums für das Schuljahr 2023/24 hat auf seiner konstituierenden Sitzung am 19. Oktober 2023, bei der ich einstimmig erneut zum Vorsitzenden gewählt worden bin, unter anderem auch ein Meinungsbild zur Diskussion über den künftigen Neubau des Gymnasiums hergestellt. Der Elternbeirat hat mich einstimmig damit beauftragt, Sie über das Ergebnis des Meinungsbildungsprozesses zu informieren.
Der Elternbeirat des Gymnasiums unterstützt einstimmig und ohne Enthaltungen die Forderung der Schulleitung nach einer möglichst raschen Verwirklichung des Neubauvorhabens und macht sich die sachliche Argumentation der Schulleitung zu eigen. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Elternbeirat kein Verständnis dafür hat, dass in dem von Seiten der Verwaltung bei der Einbringung des Haushalts vorgelegten Investitionsprogramm entgegen dem vor der Sommerpause avisierten sofortigen Start des Realisierungswettbewerbes mit den konkreten Planungen für den Neubau erst in den Jahren 2026 bis 2028 begonnen werden soll mit der Folge, dass für die Bauarbeiten ein Zeitfenster bis 2031 bzw. 2032 eingeplant werden muss.
Der Elternbeirat hat die dringende Bitte, dass Sie sich in den Haushaltsberatungen im Gemeinderat mit ganzer Kraft für einen wesentlich früheren Beginn des Realisierungswettbewerbs und der Bauarbeiten einsetzen
und dem Gemeinderat damit die realistische Möglichkeit geben, den Bildungsstandort Überlingen zukunftsfähig zu machen.“ (mba)