Zahlreiche Eltern von Überlinger Kindergartenkindern sind mit einer erneuten Erhöhung der Kita-Gebühren zum kommenden Kindergartenjahr nicht einverstanden. Besonders bitter stößt ihnen auf, dass es im letzten Jahr in zahlreichen Kindergärten häufig Betreuungsausfälle gab. Das in Kombination mit einer Erhöhung der Kita-Gebühren empfinden viele Eltern als unfair.

Deshalb hat sich nun eine Elterninitiative gegründet, deren Sprecherin Karolin Stamp ist. In einer Stadt mit hohem Mietspiegel und überdurchschnittlichem Durchschnittsalter hätten junge Familien ohnehin einen schweren Stand. In einer Zeit zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheit und steigender Lebenshaltungskosten sei dieser Schritt für viele Familien nicht nachvollziehbar, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme.

Junge Familien wünschen sich Staffelung

Sonja Straub kann diesen Kummer gut verstehen, einerseits als betroffene Mutter – ihr Sohn Julius besucht das Kinderhaus Nesselwangen –, aber auch als Stadträtin. Durch diese „Doppelfunktion“ kennt sie beide Seiten und ist der Ansicht, dass ein differenzierterer Lösungsansatz sinnvoll wäre. „Statt einfach pauschal die Kitagebühren zu erhöhen, könnte man auch mehr staffeln“, sagt sie. „Viele Eltern könnten ihre Kinder ja auch später in die Kita bringen. Es wäre nur fair, wenn diese dann auch weniger zahlen müssten.“ Ein solches Staffelmodell gibt es zwar bereits, aber es ließe sich aus Straubs Sicht noch weiter ausbauen.

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Das sagt die Verwaltung

Die Stadt sieht das nicht: „In unseren Einrichtungen bieten wir bereits ein Höchstmaß an verschiedenen Betreuungsmöglichkeiten an. Um die Familienfreundlichkeit weiter zu erhöhen, arbeitet die Abteilung Bildung, Jugend, Sport an einer neuen Betreuungsstruktur inklusive neu ausgerichteten Öffnungszeiten. Es wird jedoch nicht möglich sein, innerhalb vorhandener Öffnungszeiten gebührentechnisch noch Unterschiede zu machen, wann die Kinder gebracht oder nachmittags wieder abgeholt werden“, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt. Bei der geplanten Gebührenerhöhung orientiere sich die Stadt Überlingen, wie andere Kommunen auch, an den Empfehlungen der Spitzenverbände.

Generell habe sich der Personalmangel in den Kindergärten in Baden-Württemberg verschärft, räumt die Stadt ein. Die Folgen seien landesweit eine sinkende Qualität der Betreuung, mehr Belastung für das Personal und eine zunehmende Unsicherheit für Eltern und Kinder. In Überlingen werde der Mindestpersonalschlüssel in allen Einrichtungen jedoch grundsätzlich erfüllt.

Personalausfälle sorgen für eingeschränkte Betreuung

„Wenn dieser unterschritten ist, greift die Stadt Überlingen auf Fremdkräfte zurück.“ Damit seien die „Springer“ jedoch fest eingeplant, weshalb Krankheitsfälle von Erzieherinnen und Erziehern manchmal nicht abgedeckt werden können und „wir bei kurzfristigen, zum Teil geballten Ausfällen das Kindeswohl in den Einrichtungen nicht mehr gewährleisten.“ Daher sei es zwingend erforderlich, die Betreuung im notwendigen Umfang einzuschränken.“ Das habe aus Sicht der Stadt „im Jahr 2024 in den städtischen Einrichtungen in einem vertretbaren Umfang stattgefunden.“

Die Elternschaft des Kinderhauses Nesselwangen sieht das jedoch anders: „Die Bitten, die Kinder aufgrund von ausschließlicher Notbetreuung Zuhause zu lassen, waren im vergangenen Jahr sehr häufig“, heißt es in der Stellungnahme. „Dazu kommen regelmäßige Personalwechsel, die sowohl für Eltern als auch für Kinder belastend sind. Die Stadt Überlingen sollte in Folge ihre Familienpolitik überdenken. Angefangen bei einer verlässlichen, guten Betreuung der Kleinsten zu einem fairen Preis.“

Erhöhung finden Elternvertreter unangemessen

Ausfälle in der Betreuung beklagen auch die Eltern des Rosa-Wieland-Kindergartens. „Die Personaldecke in den städtischen Kitas ist nicht ausreichend gedeckt, eine Erhöhung der Gebühren empfinden wir in dieser Situation als ungerecht und als fatales Signal gegenüber Familien.“ Dem schließen sich die Eltern aus dem Kinderhaus Lippertsreute an, verteidigen aber auch die Erzieherinnen: „Trotz häufiger Personalausfälle, eingeschränkter Betreuungsangebote und verzögert ausgeführter städtischer Instandhaltungsmaßnahmen, erleben wir tolle, motivierte und engagierte Erzieherinnen.“ Eine Erhöhung der Kindergartengebühren sei jedoch weder nachvollziehbar noch familienfreundlich. „Vielmehr sollte vorerst der Personalschlüssel angepasst werden!“

Im Kinderhaus St. Angelus werden Fremdkräfte eingesetzt, um den Betreungsmangel auszugleichen.
Im Kinderhaus St. Angelus werden Fremdkräfte eingesetzt, um den Betreungsmangel auszugleichen. | Bild: Eva-Maria Bast

Kinder sind nicht nur Zahlen in einer Tabelle

„Auch freie Träger sind an städtische Vorgaben gebunden. Eine erneute Beitragserhöhung in so kurzer Zeit belastet Familien spürbar und unerwartet. Steigende Auflagen verdrängen den Blick aufs Kind – die Qualität der Betreuung leidet. Unsere Kinder sind mehr als Zahlen in einer Tabelle“, teilen die Eltern des Waldorfkindergartens gemeinsam mit. Einzeln möchten sie nicht sprechen.

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Für viele Familien entsteht der Eindruck: Sie tragen die Last, während gleichzeitig über ihre Köpfe hinweg entschieden wird.“ Abschließend heißt es in der Stellungnahme: „Unser gemeinsamer Appell an Stadtverwaltung und Gemeinderat: Stoppen Sie die geplante Erhöhung der Kita-Gebühren! Investieren Sie stattdessen in Qualität, Verlässlichkeit und Chancengerechtigkeit. Frühkindliche Bildung muss bezahlbar und zugänglich für alle Familien bleiben – nicht nur für diejenigen, die es sich leisten können.“

Am 1. Juli findet im Rahmen des Beteiligungsverfahrens zum Kindergartenbedarfsplan ein Treffen zwischen der Abteilung Bildung, Jugend und Sport und den Elternbeiräten statt. „Sollten in dieser Besprechung Fragen zur geplanten Gebührenerhöhung aufkommen, werden auch diese selbstverständlich beantwortet“, erklärt die Pressestelle der Stadt.