Seit zehn Jahren plant Überlingen den Bau eines neuen Gymnasiums. Im Juni fasste der Gemeinderat einen positiven Grundsatzbeschluss. Schulleiter Hans Weber ging deshalb sicher davon aus, dass jetzt durchgestartet würde. Als im Juli der Gemeinderat über den fälligen Architektenwettbewerb entscheiden sollte, vermutete Weber darin lediglich eine Formsache. Doch er hat sich getäuscht.
Keine Entscheidung über Architektenwettbewerb
Denn Oberbürgermeister Jan Zeitler setzte während der laufenden Juli-Sitzung den Beschluss zum Wettbewerb kurzerhand ab. Zeitler kündigte an, die Abstimmung im September nachzuholen, Was er dann aber nicht tat. Auch für die Sitzung am 18. Oktober steht der Realisierungswettbewerb nicht auf der Tagesordnung. Das macht Schulleiter Weber Sorgen, die er in deutlichen Worten an die Stadtspitze formuliert. Unserer Redaktion wurde ein Brief zugespielt, den Weber an die Chefs im Rathaus und an die Gemeinderatsfraktionen schickte. Darin ist die Rede von „Enttäuschung“ und „Zweifeln an der Verlässlichkeit der Planung“.

Demnach fürchtet der Schulleiter, dass die Stadt, also Verwaltung und Gemeinderat, angesichts der finanziellen Dimension den Mut verlieren könnten. Als der Gemeinderat sich im Juni grundsätzlich für den Neubau entschieden hatte, lag der Kostenrahmen bei rund 53 Millionen Euro. Mittlerweile ist von über 60 Millionen Euro die Rede. Weber appelliert mit für ihn deutlichen Worten daran, das als städtische Pflichtaufgabe anerkannte Projekt „endlich umzusetzen“. Günstiger werde es nicht, vielmehr müssten in den Erhalt der maroden Substanz weitere Millionen gebuttert werden, die in einem Neubau besser investiert seien.
Heutige Standards werden nicht erfüllt
Wenn der Neubau weiter verzögert wird, führe dies, im Vergleich zum jetzt schon vorhandenen Raummangel, zu noch engeren Verhältnissen. Denn die Schülerzahlen steigen. Auch die geplante Realschulsanierung verzögere sich. Denn sie kann erst starten, wenn das bisherige Gymnasiumgebäude als Ausweichquartier frei wird. Webers Prognose bei einer weiteren Verzögerung lautet, dass an den beiden größten städtischen Schulen die Standards für Sicherheit, Arbeitsschutz und Pädagogik, die heute eigentlich schon gelten, „frühestens Mitte der 2030er-Jahre“ erfüllt würden. Seit mehr als zehn Jahren befinde man sich in einem Planungs- und Diskussionsprozess und habe es versäumt, in dieser Zeit die historisch niedrigen Bauzinsen zu nutzen. Jetzt auf ein neues Zinstief und sinkende Baukosten zu spekulieren, sei eine Illusion.
Weber ist bekannt für seien diplomatischen Stil. Was gibt ihm Anlass zu so deutlichen Formulierungen? Es dürfte wohl vor allem der Umstand sein, dass auch für die Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 18. Oktober, die Auslobung des Realisierungswettbewerbs nicht vorgesehen ist. Der Wettbewerb wäre eine logische Folge im Prozess, nachdem der Gemeinderat das Raumfunktionsbuch für einen sechszügiges Schulgebäude im Juni verabschiedete. Doch statt über den Architekturwettbewerb abstimmen zu lassen, kündigte Zeitler für den 18. Oktober eine Erklärung zu der Thematik an. Diese will er zu Beginn der Sitzung unter dem Tagesordnungspunkt „Bericht des Oberbürgermeisters“ abgeben.
Was steht im Haushaltsentwurf?
Wichtig zu wissen: In der Ratssitzung am 18. Oktober ist die Einbringung des Finanzhaushalts für die Jahre 2024/25 vorgesehen. Auf SÜDKURIER-Anfrage, welche Summe im Entwurf für die Planung des Neubaus eingetragen ist, beziehungsweise dem Gemeinderat zur Diskussion gestellt wird, gab Zeitler keine Zahl bekannt, sondern verwies lediglich auf die bevorstehende Ratssitzung.

Zum Sachstand des Verfahrens befragt, antwortet die städtische Pressesprecherin Miriam Lara Robertus: „Ein Zeitplan für den Start des Wettbewerbes erfolgt in Abhängigkeit der Haushaltsberatungen.“ So lange muss sich die Öffentlichkeit noch gedulden, offenbar auch Weber, der zwar jahrelang mit den Planungen beschäftigt worden ist, in die aktuellen Überlegungen aber nicht eingebunden wird. Weber kritisiert in seinem Brief an OB Zeitler, Baubürgermeister Kölschbach, Kämmerer Krause und an die Ratsfraktionen, dass das Vorgehen „intransparent“ sei. Und zum anderen äußert er seine Befürchtung, dass den Beschlüssen „die versprochenen Taten“ möglicherweise nicht folgen. Weber: „Es frustriert in höchstem Maße.“