Im April 1945 lag das Deutsche Reich weitgehend in Trümmern. Zerbombte Städte, zerstörte Industrie und Infrastruktur, Millionen Tote, Flüchtlingselend, Hunger, Chaos. Das war das Ergebnis von zwölf Jahren Nationalsozialismus und deutschem Herrenmenschentum. Hitlers Versprechungen auf eine glanzvolle, strahlende Zukunft Deutschlands ging unter in einem Meer von Zerstörung, Blut und Elend.

Adolf Hitler befand sich in den letzten Tagen des Kriegs im Führerbunker im hart umkämpften Berlin. Zu seinem engeren Kreis gehörte damals auch Heeresadjutant Willy Johannmeyer. Johannmeyer war 1915 in Iserlohn geboren worden und hatte im Militär Karriere gemacht. Für seine besonderen Verdienste im Krieg erhielt er 1942 das Ritterkreuz und 1943 das Eichenlaub zum Ritterkreuz. Außerdem wurde er damals zum Major befördert.

Nach einer schweren Verwundung konnte er nicht mehr zur kämpfenden Truppe zurückkehren, sondern absolvierte einen Lehrgang zum höheren Offiziersadjutanten. Da Heeresadjutant Heinrich Borgmann beim Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 sehr schwer verletzt worden war, wurde Johannmeyer schließlich dessen Nachfolger bei Hitler.

Letzter Adjudant von Adolf Hitler

Im Führerbunker, am Morgen des 29. April 1945, sprach Johannmeyer zum letzten Mal mit Adolf Hitler. Er erhielt den Auftrag, eines der Exemplare von Hitlers politischem Testament zu Generalfeldmarschall Friedrich Schörner in Prag zu bringen. Dies müsse unter allen Umständen geschehen. Das Testament bestimmte Schörner zum Oberbefehlshaber des Heeres.

Als Johannmeyer sich von Hitler verabschiedete, war ihm klar, dass dieser bald darauf Selbstmord begehen würde. Angesichts der Situation im eingekesselten Berlin musste der Adjutant allerdings erkennen, dass die Erfüllung seines Auftrags unmöglich war. So schlug er sich stattdessen in seine Geburtsstadt Iserlohn durch und vergrub Hitlers Testament im Garten seines Elternhauses.

Hakenkreuz-Fahne vor der Hüssy-Villa

Zu dieser Zeit befand sich Johannmeyers Ehefrau Lore bei ihrer Mutter in Säckingen. Lore stammte aus der bekannten Säckinger Fabrikantenfamilie Hüssy, die in Murg die Buntweberei „Hüssy & Künzli“ betrieb. Ihr Vater Walter Klein war 1941 beim Kriegseinsatz in Norwegen von einer Lawine verschüttet und getötet worden. Nun lebte Lores Mutter Martha, geborene Hüssy, wieder in ihrem Elternhaus in Säckingen, der sogenannten Hüssy-Villa.

Bild aus der Nazi-Zeit in Bad Säckingen: Hier steht die Hitlerjugend, das sogenannte Jungvolk, Spalier im Bad Säckinger Schlosspark.
Bild aus der Nazi-Zeit in Bad Säckingen: Hier steht die Hitlerjugend, das sogenannte Jungvolk, Spalier im Bad Säckinger Schlosspark. | Bild: Nachlass Philipp Rösch

Hier in Säckingen erfuhr Lore Johannmeyer am 30. April 1945 vom Tod Adolf Hitlers und hängte eine Hakenkreuzfahne mit Trauerflor aus. Da Säckingen zu diesem Zeitpunkt schon seit mehreren Tagen von den Franzosen besetzt war, folgte die Strafe auf dem Fuße: Lore Johannmeyer wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, ihre Mutter Martha Klein zu einem Jahr Gefängnis, da sie ihre Tochter nicht von der Tat abgehalten hatte.

Säckingen war Johannmeyers zweite Heimat

Willy Johannmeyer war in Säckingen kein Unbekannter. Bürgermeister August Kuner hatte sich gerne im Glanz des hochdekorierten Frontkämpfers gesonnt. So lud er für den 29. Januar 1944 zu einer erweiterten Ratsherrensitzung ein, deren einziger Tagesordnungspunkt darin bestand, dem in Säckingen weilenden Eichenlaubträger Major Willy Johannmeyer die Grüße und Glückwünsche der Stadt zu übermitteln.

Kuner betonte in seiner Ansprache, dass Säckingen zur zweiten Heimat Johannmeyers geworden sei und die Bürger der Stadt „von innerem Stolz und großer Freude erfüllt“ seien über die Auszeichnung Johannmeyers mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz. Er überreichte ihm ein Bild mit einem Säckinger Motiv und erklärte, dass „nach dem errungenen Endsieg“ eine gebührende Ehrung Johannmeyers durch die Stadt durchgeführt werde.

Nachkriegskarriere in der Industrie

Statt des „Endsiegs“ erfolgte 1945 die Kapitulation und die Befreiung Deutschlands von der Nazi-Diktatur. Johannmeyer wurde zunächst von der britischen Besatzungsmacht verhaftet und studierte nach seiner Entlassung Agrarwissenschaften. Er arbeitete später in einer Frankfurter Maschinenbaufabrik, wo er bis in den Verwaltungsrat aufstieg. Willy Johannmeyer starb im Jahr 1970.

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In den Verhören hatte Johannmeyer von dem in Iserlohn vergrabenen Hitler-Testament berichtet. So gelangte es in den Besitz der Britischen Besatzungsbehörde. Die Villa Hüssy ist nicht mehr im Familienbesitz.