Auch wenn stellenweise der Putz abblättert und der kleine Kirchturm bei genauerem Hinsehen nicht mehr ganz kerzengerade in den Himmel ragt – ein schöner Anblick ist die Heilig-Kreuz-Kapelle in Tiengen noch immer. Leider ist sie derzeit rund um die Uhr geschlossen. Mitte 2019 waren die letzten wöchentlichen Gottesdienste. Früher fanden in der Kapelle auch Taufen und Einschulungsgottesdienste der benachbarten Grundschule statt.

Vergangenes Jahr wurde der Kirchturm auf einer Seite provisorisch mit einer Metallplatte stabilisiert, aber dann kam Corona und die Kirche blieb trotzdem zu. Wann die aktuellen baulichen Mängel beseitigt werden, ist offen. „Es wäre wünschenswert, dass die Kapelle bald instandgesetzt wird, aber in absehbarer Zeit ist es nicht realistisch, die Pfarrkirche hat jetzt Vorrang“, so Martin Jensen. Er und seine Frau Ulrike Jensen verrichten in Tiengen Mesnerdienste in der Heilig-Kreuz-Kapelle und der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt, die derzeit komplett saniert wird. Ihre Aufgabe in der Kapelle beschränkt sich derzeit darin, regelmäßig nach dem Rechten zu sehen. Die Kapelle ist nach Aussage der Jensens ein echtes Kleinod. Allein aus kulturhistorischen Gründen würde sie es verdienen, instandgesetzt zu werden. Die Heilig-Kreuz-Kapelle beherbergt einen besonderen Schatz: Ein altes Wallfahrtskreuz.

Erste Hinweise auf die Heilig-Kreuz-Kapelle als Wallfahrtskapelle stammen aus dem Jahr 1509. Menschen in Not pilgerten zu ihrem Heiligen Kreuz, das heute im Altarraum hängt. Es heißt, dass die Obrigkeit auch Frauen der aufmüpfigen Salpeterer (1719 bis 1755) eine Wallfahrt zur Kapelle als Buße auferlegte. 1681 wurde das Heilige Kreuz restauriert, Wappen und Initialen am Fuß des Kreuzes verweisen auf den Stifter Johann Mauritius Ringnold von Broßwalden, von 1670 bis 1687 Stadtpfarrer von Tiengen.
Die heutige Form der Heilig-Kreuz-Kapelle geht auf den Neubau im Jahr 1631 zurück. Die Kapelle spiegelt vom Baustil her den Übergang von der Renaissance zum Barock. Sie diente im Laufe der Jahre verschiedenen Konfessionen. Von 1871 bis 1883 wurde sie von der evangelischen, danach bis 1960 von der altkatholischen Kirche genutzt, bevor sie wieder in Besitz der römisch-katholischen Kirche überging. 1973 und 1991 wurde die Heilig-Kreuz-Kapelle renoviert. (Geschichtliche Quelle: Manfred Emmerich () auf der Homepage der Seelsorgeeinheit Mitt-lerer Hochrhein St. Verena (www.st-verena.de).