Zum neuen Schuljahr starten in einigen Schulen so viele Kinder wie noch nie. Doch an Lehrkräften mangelt es weiterhin, daher stehen Schulleiter vor einigen Herausforderungen. Es wurden zwar 94 neue Lehrer im ganzen Landkreis Konstanz eingestellt, außerdem gibt es einige Vertragslehrkräfte und Quereinsteiger. Doch die einhellige Aussage in Singen und dem Hegau ist auf Nachfrage, dass es bei Krankheit oder Schwangerschaft sehr eng wird.
Anja Claßen ist Leiterin der Waldeck-Schule und geschäftsführende Schulleiterin in Singen, sie wirkt wenige Tage vor dem Schuljahresbeginn entspannt. „Alle Singener Schulen können gut in den Pflichtunterricht starten“, sagt sie. Ein unausgesprochenes Aber schwingt allerdings mit: Die Lehrerversorgung ist Singen sei laut Claßen zwar besser als im Vorjahr. „Aber es darf nichts passieren, wir haben keine Reserven“, sagt sie. Sobald unvorhergesehene Ausfälle im Lehrerkollegin anstünden, werde es eng.

Bei der diesjährigen Lehrervereidigung am Freitag in der Ekkehard-Realschule schilderte Bettina Armbruster, Leiterin des Staatlichen Schulamts Konstanz, eine ähnliche Situation für alle Schulen im Landkreis Konstanz. „Wir sind froh über den frischen Wind der neuen Lehrkräfte.“ Im Grundschulbereich sei die Lehrerversorgung soweit gut aufgestellt und nicht vakant.
Ein bisschen anders sehe es bei den weiterführenden Schulen aus. Dort spricht Armbruster von einer angespannteren Personalsituation. Hier würden nicht vollumfänglich geschulte Lehrkräfte die Situation entschärfen – also Quereinsteiger. Zum Schuljahresanfang seien die Schulen weitestgehend handlungsfähig, sollte es aber zu unvorhergesehenen Ausfällen kommen, müsse man auf Reservekräfte zurückgreifen oder gar mit Unterrichtskürzungen reagieren.

Mit 508 Kindern gehen zum neuen Schuljahr so viele in die Waldeck-Schule wie noch nie zuvor, wie Anja Claßen schildert. Der starke Zuzug von Familien aus dem Ausland sei in Claßens Augen ein Faktor für steigende Schülerzahlen – sei es durch Zuzug von Fachkräften oder durch Flucht und Vertreibung.
Und was passiert, wenn ein Lehrer ausfällt? „Niemand will Unterricht ausfallen lassen, das ist an allen Schulen die allerletzte Option“, versichert Claßen. Zuerst würden Gruppen zusammengelegt, Vertretungen intern organisiert. „Wir sind kreativ, das sind wir aber schon seit Jahren.“ Vor allem im Grundschulbereich könne man Kinder nicht einfach nach Hause schicken.
Diese zwei Schularten schlagen Alarm
Während es um die Lehrerversorgung an den Singener Grundschulen und Gymnasien recht gut aussieht, schlagen zwei Schularten Alarm: die Werkrealschule und die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ). Oder wie Rektor Marc Laporte-Hoffmann erklärt: „In der Werkrealschule haben wir massiv mit Personalmangel zu kämpfen.“ Das liege mitunter daran, dass sich fertige Referendare bevorzugt für Realschulen oder Gemeinschaftsschulen entscheiden würden, wo sie besser verdienen. „Hauptschullehrer werden als einzige Lehrer der weiterführenden Schulen weiterhin mit A12 bezahlt“, schildert er.
Eine prekäre Lage schildern auch das SBBZ. An der Haldenwang-Schule in Singen ist die Personallage so dünn, dass zum Schuljahresbeginn die ersten Stunden schon gestrichen werden mussten, wie Schulleiter Daniel Baerwind jüngst gegenüber dem SÜDKURIER schilderte. Laut Bettina Armbruster sei die Lage an den Sonderschulen besonders prekär, sodass Unterrichtskürzungen nicht mehr abwendbar seien. Ein Grund dafür sehe sie an den steigenden Schülerzahlen in allen Schularten, besonders aber an den SBBZ.
So ist die Lage an den Hegauer Schulen
Auch Martin Trinkner, Leiter der Peter-Thumb-Gemeinschaftsschule in Hilzingen, skizziert ein ähnliches Bild. „Die Versorgung ist auf Kante genäht“, sagt er. Auf dem Papier gebe es eine 100-prozentige Lehrerversorgung, aber der Alltag mit Erkrankungen oder Schwangerschaften im Kollegium werde zeigen, wie der Stundenplan tatsächlich aussieht. „Wir können alle Stunden abdecken, aber es darf nichts passieren“, so Trinkner weiter.

Ähnlich ist die Situation in Engen. Die Schulleiter Thomas Umbscheiden und Ole Wangerin vom Engener Gymnasium berichten, dass sie Lehrkräfte für 98 Prozent des Pflichtunterrichts im kommenden Jahr haben. Lücken gebe es vor allem in den Fächern Bildende Kunst und Religion. „Nichtsdestotrotz ist die Versorgung mit heißer Nadel gestrickt und bei den ersten Anzeichen von Ausfällen wird es schnell wieder problematisch werden“, sagt Thomas Umbscheiden.
Zahl der Schüler nimmt zu
„Grundsätzlich starten wir positiv“, sagt Holger Laufer, Rektor der Grundschule Engen. Die Grundversorgung sei gesichert. Wie in Singen startet die Grundschule Engen mit so vielen Schülern wie nie ins neue Jahr. Zum ersten Mal gibt es hier vier erste Klassen statt der üblichen drei. „Wir freuen uns auf das neue Schuljahr“, betont Holger Laufer trotz vieler Herausforderungen.
„Die Versorgung ist dieses Jahr deutlich besser am AFS als in den letzten Schuljahren“, meldet Daniel Jedlicka, Schulleiter am Anne-Frank-Schulverbund und geschäftsführender Schulleiter in Engen. Genügend Personal sei wichtig, damit man sich auf die eigentlichen Aufgaben konzentrieren könne. Ständiges Umstellen von Stundenplänen bringe Unruhe in die Klassen und wirke sich am Ende auch negativ auf die Leistungen der Schüler aus. „Daher drücke ich jetzt einfach die Daumen, dass es das ganze Schuljahr so bleibt“, hofft Jedlicka.