Geisingen-Leipferdingen - Für eine nachhaltige Nahversorgung eröffnet sich in Leipferdingen eine neue Perspektive. Zunächst als Versuch bot jüngst auf dem Rathausplatz ein Verkaufswagen ein Sortiment an Grundnahrungsmitteln an. Aus regionaler Erzeugung waren Gemüse, Obst, Eier, Fleisch, Wurstspezialitäten, Backwaren und vieles mehr zu haben. Auch derzeit saisonal gefragte spezielle Tagesangebote wie marinierte Grillschnitzel standen zum Verkauf.
Kaum hatte der Besitzer an seinem Wagen die Klappe geöffnet, kamen schon die ersten Interessenten – nicht nur, um das Angebot zu begutachten, sondern auch, um gleich einzukaufen. Zu den ersten in der Schlange zählte Felicitas Stihl. Sie meinte: „Dies ist eine tolle Bereicherung für unser Dorf, und es gibt auch die Möglichkeit zu einem Schwätzchen.“ Bald bildete sich eine Warteschlage von bis zu 30 Personen, die teilweise auch aus Nachbarorten gekommen waren. Der Treff bot gleichzeitig Gelegenheit, sich etwas auch über das Ortsgeschehen zu unterhalten. Der Verkäufer hatte alle Hände voll zu tun, um die Einkaufswünsche der Leipferdinger erfüllen zu können. Ortsvorsteher Jürgen Keller, der sich selbst mit Waren eindeckte, freute sich über das rege Interesse – trotz der etwas kurzfristigen Ankündigung. Er hatte die Möglichkeit, im Ort wieder Einkäufe tätigen zu können, eingefädelt. Seine Initiativen gingen auf eine Anregung des Leipferdinger Bürgers Rainer Schreiber zurück, der ihn über ein ähnliches Projekt andernorts aufmerksam gemacht hatte.
Der Inhaber des Verkaufswagens, Marco Kernler, kommt aus Aach-Linz. Er hat das Geschäft von seinem Onkel übernommen, der es 40 Jahre mit Erfolg betrieben hatte, wie er erzählt. Auf seinen Touren, die ihn auch über Konstanz, durch Rielasingen, Singen, Villingen-Schwenningen und Rottweil führen, fährt er täglich zwischen 50 bis 100 Haltepunkte an. „Es ist super, wie mein Angebot in Leipferdingen bereits das erste Mal angenommen wurde“, so sein Fazit. Er plant nun die Verkaufsstelle fest in seine Samstag-Tour ein.
Über all die Jahre hatte Leipferdingen bei der Nahversorgung eine komfortable Situation: Bei der örtlichen Metzgerei und der Bäckerei mit Einzelhandelsabteilung konnte der Bedarf im Ort gedeckt werden. Doch vor zwei Jahren änderte sich dies schlagartig. Die Inhaber der Bäckerei und der Metzgerei gingen altershalber und wegen Krankheit in den Ruhestand. Eine Nachfolge war nicht in Sicht. Hinzu kam, dass die Sparkasse Schwarzwald-Baar ihre Filiale im Rathaus ebenfalls schloss. Seitdem müssen die Einwohner für ihre Besorgungen weite Wege in Kauf nehmen.
Die damit bei der Nahversorgung eingetretene betrübliche Situation trieb die Sorgenfalten auf die Stirn des Ortsvorstehers Jürgen Keller. Er bemühte sich mit Nachdruck darum, dass sich im Ort wieder Einkaufsmöglichkeiten bieten. Ein schwieriges Unterfangen. Vor allem, wenn man bedenkt, dass nach Erhebungen bundesweit durch den Strukturwandel beim Einzelhandel bei zwei Drittel der ländlichen Bevölkerung Nahversorgungsmöglichkeiten in fußläufiger Entfernung fehlen. Eine zunächst hoffnungsvoll im Raum gestandene Etablierung eines Selbstbedienungsgeschäftes hatte sich trotz zur Verfügung stehender Räume nicht realisieren lassen. So sieht man nun in der gefundenen Lösung den bekannten Silberstreif am Horizont.