Was ist los mit der einstigen Villinger Partymeile? Am Abend des Fasnetmentig, 3. März, 21 Uhr, sei in der Färberstraße praktisch nichts los gewesen, schreibt ein Leser dem SÜDKURIER. Und das an jenem Tag, der als Höhepunkt der Villinger Straßenfasnet gilt, der morgens um 8 Uhr mit dem Einmarsch der Katzenmusik beginnt und erst endet, wenn das letzte Stüble schließt.
Eine bloße Momentaufnahme oder steckt mehr dahinter? Wer wüsste das besser als diejenigen, die in der Färberstraße mittendrin sind: die Wirte. Nachfrage bei dreien von ihnen.
Das sagt Michael Steiger vom Irish Pub
Michael Steiger, Betreiber des Irish Pub, nimmt in den vergangenen Jahren zur Fasnet durchaus eine Veränderung in der Färberstraße wahr: „Es ist nicht mehr jeden Tag rappelvoll“, sagt er. Am Donnerstag sei diesmal viel los gewesen, der Freitag war hingegen etwas ruhiger. Am Samstag sei wieder mehr los gewesen, während auch der Sonntag ruhiger war.
Dass der Fasnetmontag weniger Gäste anlockte, kann er bestätigen: „Montags ist ja überall etwas geboten, auch in anderen Städten. Und wenn das Wetter dann so schön ist, bleiben die Leute auch relativ lange draußen.“
Viele zieht es in die Stüble
Auch beobachte er, dass sich die Jüngeren zur Fasnet wieder mehr zum Brauchtum hingezogen fühlen und somit dann auch oft in den traditionellen Stüble anzutreffen seien. „Das soll nicht heißen, dass uns die Stüble per se Konkurrenz machen“, betont er. „Wir brauchen die Stüble auch.“
Im Irish Pub seien dafür mehr Speisen über den Tresen gegangen, während sich die Partyzeit im Pub verkürzt habe. Umsatzeinbußen habe er nicht verzeichnet. „Im Gegenteil, es lief sogar leicht besser.“
Ausgehverhalten hat sich gewandelt
Was sich definitiv verändert habe, sei das Ausgehverhalten der Menschen. Generell, aber seit der Corona-Pandemie besonders: „Man geht früher nach Hause und viele junge Leute zocken daheim noch die halbe Nacht, wenn die Datenleitungen schneller sind.“
Auch Clubs und Diskotheken haben es schwer
Generell sei die Gastronomie in keiner einfachen Situation, die Nachtgastronomie wie Diskotheken und Clubs eingeschlossen. Auch für die klassische Bierkneipe werde es nicht leichter.
Allein 2024 hätten im vergangenen Jahr 2000 kleine Kneipen zugemacht, sagt Steiger, der zugleich stellvertretender Kreisvorsitzender bei beim Hotel- und Gaststättenverband Dehoga ist.

Das sagt Domenico Wittkopf vom Gasthaus Ott
Domenico Wittkopf betreibt seit nunmehr 27 Jahren das Gasthaus Ott. Ist in der Färberstraße nichts mehr los? In Wittkopfs Brust schlagen zwei Herzen: „Man hat die Färberstraße in den letzten zwei Jahren ruhig bekommen, aber man hat sie auch kaputt bekommen“, sagt er.
Erlaubten es die Sperrzeiten dem Partyvolk bis vor einigen Jahren noch, bis um 5 Uhr morgens zu feiern, ist jetzt unter der Woche um 1 Uhr und am Wochenende um 3 Uhr Schluss.
Für die ganz kleinen Bars habe sich das nicht mehr gelohnt, sagt Wittkopf. Gleichwohl schätze er als Anwohner der Färberstraße auch die deutlich verbesserte Wohnqualität. „Die Kehrseite ist aber, dass die Färberstraße nun keine Kneipenmeile mehr ist.“
Die einen wollen wenig Party, den anderen ist‘s zu wenig
Im Ott sei die Fasnet „wie immer“ verlaufen und glücklicherweise ohne Zwischenfälle. Gründe, warum Menschen die Färberstraße generell meiden, gebe es vor allem zwei: „Die Älteren sagen: Da gehen wir an Fasnet nicht hin, das ist die Hölle. Die Jungen sagen: Da gehen wir nicht hin, weil die Straße ausgestorben ist.“ Auch Wittkopf hat beobachtet, dass die Zahl der Stüble zugenommen hat. „Das war vor 15 Jahren noch anders.“
Mehr Außenbewirtung für mehr Belebung
Grundsätzlich würde sich der Wirt für die Färberstraße „ein bisschen mehr Belebung“ wünschen. Man müsse eben die Discomusik weglassen, mit der teils die ganze Stadt beschallt worden sei.
Eine Außenbestuhlung, die auch die Gehwege einschließt, wie es zu Corona-Zeiten geregelt war, würde er hingegen sehr begrüßen. Die Gäste hätten die Atmosphäre sehr genossen und durch die höhere Zahl der Sitzplätze habe man auch mehr Umsatz generieren können.
Das sagt Jochen Schwarzwälder vom Restaurant Zum Kuckuck
Wirt Jochen Schwarzwälder zieht eine durchwachsene Bilanz der Fasnacht 2025. „Gefühlsmäßig und finanziell war das eine ganz andere Fasnet als 2024“, sagt er.
Während 2024 sowohl am Donnerstag als auch am Freitag schon Gruppen und Guggenmusiken Station im Kuckuck machten, ging es diesmal erst am Samstag mit Musiker-Besuchen los. Der Kuckuck wolle explizit keine Ballermann-Partys feiern, sondern ein Restaurant sein, an dem zur Fasnet eben Fasnet gefeiert werde.
Frühlingswetter lockt die Menschen nach draußen
Ohne Gruppen sei es jedoch schwieriger, die Leute bei Laune zu halten, sagt der Wirt. Hinzu komme, dass es in den vergangenen Tagen schon fast außergewöhnlich warm war. „Da sind die Leute eher draußen, und wenn dort eine Guggenmusik spielt, dann bleibt man da und holt sich an einem Stand seine Schorle.“
Jochen Schwarzwälder hat auch das Gefühl, dass die Gäste im vergangenen Jahr heißer auf die Fasnacht waren. Ein Grund sei womöglich der späte Termin und die Tatsache, dass schon vor den eigentlichen Hohen Tagen zahlreiche Veranstaltungen und Narrentreffen im Kalender standen und der ein oder andere seinen Fasnet-Hunger schon gesättigt hatte.