„Wer ist die Frau, deren Leiche, wie gestern gemeldet, am Donnerstag in einem Erdloch beim Waldparkplatz Weissenbach auf Gemarkung Todtnau-Präg gefunden wurde?“ Bis heute ist die Frage, die der Redakteur der SÜDKURIER-Meldung vom 26. Juli 1997 stellte, unbeantwortet. Es war eine grausame Entdeckung, die Heidelbeersammler vor inzwischen 28 Jahren auf einem Wanderparkplatz machten. Die Frau war getötet, in einem Erdloch verscharrt, mit Brandbeschleuniger übergossen und angezündet worden. Wie sie hieß, wer sie war und wer sie umgebracht hat, ist bis heute ein Rätsel.
Doch das soll sich ändern. Kriminalpolizisten und weitere Experten in mehreren europäischen Staaten haben es sich zur Aufgabe gemacht, nach Hinweisen zu ungeklärten Mordfällen an Frauen zu suchen. Die Kampagne läuft unter der englischen Bezeichnung „Identify-Me“, was mit der Aufforderung „Identifizieren Sie mich“ übersetzt werden kann. Auch die Unbekannte aus Todtnau-Präg ist auf der Liste zu finden. Das Ziel: Den Frauen wieder ein Gesicht zu geben, ihre Namen ausfindig zu machen, ihre Identität zu klären.
Ein Gesicht ohne Namen
Bis ins Jahr 2023 war auch die unbekannte Tote aus Todtnau-Präg ohne Gesicht. Dann gelang der Polizei die Anfertigung einer Gesichtsrekonstruktion, die zeigt, wie die etwa 20-Jährige damals ausgesehen haben könnte. Ein Meilenstein, denn weitere Erkenntnisse zum Aussehen gibt es bislang nicht.

Im Oktober 2023 präsentierte die Kriminalpolizei Lörrach den Fall auch im ZDF bei der Fernsehsendung ‚Aktenzeichen XY – ungelöst‘. Auf den erneuten Zeugenaufruf und die Berichterstattungen zu dem Fall seien bis Anfang August dieses Jahres 176 Hinweise eingegangen, so der Erste Staatsanwalt Tobias Haselwander. „Die Hinweise sind weitestgehend abgearbeitet. Ein paar stehen allerdings noch aus“, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft Waldshut-Tiengen.
Sobald die Auswertung abgeschlossen ist, soll es eine abschließende Bewertung geben. Wie viele Hinweise in dem Fall der unbekannten Toten seit 1997 gesamt eingegangen seien, das lasse sich heute digital nicht mehr nachvollziehen: „Die Aktenlage war 1997 eine andere als heute“, erklärt Haselwander.
DNA-Untersuchungen bleiben ergebnislos
Trotz aller Bemühungen: Die Identität der Frau ist nach wie vor unbekannt, ebenso ist unklar, wer die Frau getötet hat. Doch alle Hinweise auf die Identität des Opfers und des Täters haben nach Überprüfung bis zuletzt keine Erfolg versprechenden Erkenntnisse ergeben.
Ein Ansatzpunkt für die Ermittler war beispielsweise ein Zigarettenstummel, der 1997 am Fundort entdeckt wurde, sowie eine Bauschaufel, mit der vermutlich das Loch ausgehoben worden war, in dem die Frauenleiche lag.
Doch die DNA-Untersuchungen blieben ergebnislos.
Auch wurde beim Gasthaus Präger Böden damals eine Handtasche gefunden. Sie könnte dem Opfer gehört haben und wies Blutspuren auf.
Aber auch hier war es nicht möglich, die Blutspuren auf DNA-Rückstände zu untersuchen und sie so mit der DNA der Frau zu vergleichen.
Der Fall an sich wird trotzdem nicht zu den Akten gelegt. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft handelt es sich um ein unaufgeklärtes Tötungsdelikt, bei dem ein Mord nicht ausgeschlossen werden kann.
Selbst nach Überprüfung aller Hinweise würde das Verfahren nicht abgeschlossen werden, erläuterte Staatsanwalt Haselwander dem SÜDKURIER. Denn, so lautet die Begründung: Mord verjährt in Deutschland nie. Das Verfahren könnte also jederzeit wieder aufgenommen, ein Täter oder die Täter angeklagt werden.
Ermittler setzen auf die Öffentlichkeit
Für Hinweise, die zu einer Aufklärung der Tat nahe Todtnau-Präg und zur Ermittlung des Täters führen, sind 3000 Euro Belohnung ausgesetzt. Für Hinweise zur Identifizierung des Opfers gibt es 2000 Euro.
Für das Bundeskriminalamt zeigt sich, dass die Kampagne zu ersten Erfolgen geführt hat. Eine britische Frau, die vor 32 Jahren in Belgien getötet wurde, hätte ohne Einbeziehung der Öffentlichkeit vermutlich nicht identifiziert werden können. In Deutschland sind es neben der Unbekannten aus Todtnau-Präg acht weitere Frauen, die getötet wurden und deren Identität bislang unklar ist.
Durch die Kampagne „Identify me“ sind in allen Fällen zahlreiche Hinweise eingegangen, die die Ermittler nun prüfen. Zu den deutschen Fällen sind es laut Bundeskriminalamt über 1200 Hinweise.
Doch auch der Zufall spielt in all diesen Fällen eine Rolle: Denn es komme darauf an, dass die richtigen Leute von den Aufrufen erfahren, die richtigen Hinweise geben zu können. Hinweise, die dazu führen sollen, dass die unbekannte Tote vom Wanderparkplatz nicht nur ein Gesicht, sondern auch wieder einen Namen bekommt – und der Fall nach all den Jahren gelöst werden kann.
Wichtig zu wissen
- Die unbekannte Frau, deren Leiche nahe Todtnau-Präg gefunden wurde, war ungefähr 20 Jahre alt, 1,64 Meter groß, hatte lange dunkelbraune Haare. Möglicherweise stammt sie aus Osteuropa, so die Vermutung der Ermittler. Sie trug im Juli 1997 einen dunkelblauen Rock mit hellem Blumenmuster, zudem einen blauen Gürtel mit goldfarbener Schnalle, ein helles Shirt. Sie hatte weiße Sandalen an.
- Der Fundort: Am 24. Juli 1997 wurde die Frau gefunden. Getötet. Verbrannt. Verscharrt in einem Erdloch. Vermutlich lag sie schon mehrere Tage dort, vielleicht sogar zwei Wochen. Möglicherweise wurde der Täter beim Vergraben der Leiche gestört. Der Fundort der Leiche ist der Wanderparkplatz Weissenbach/Präg am Hochkopf bei Todtmoos- Der Parkplatz befindet sich auf Gemarkung Todtnau ganz in der Nähe der Landkreisgrenze zu Waldshut.

- Neue Ermittlungen: Im Mai 2023 wurde der Fall der unbekannten getöteten Frau aus Todtnau-Präg im Rahmen der Kampagne Identify Me des Bundeskriminalamtes neu aufgerollt. Moderne kriminaltechnische Untersuchungen ermöglichen laut dem BKA, neue Ermittlungsansätze zu gewinnen. Vor allem DNA-Analysen, Gesichtsrekonstruktionen oder auch Isotopenanalysen könnten Hinweise auf Herkunft, Aussehen oder Lebensart eines Menschen geben.
- Die Kampagne ist inzwischen auf sechs Länder ausgeweitet (Deutschland, Belgien, Niederlande, Spanien, Italien und Frankreich). Damit sollen mehr potenzielle Hinweisgeber erreicht werden. Hinweise zum Fall in Präg, nimmt die Lörracher Kriminalpolizei unter der Telefonnummer 07621/176800 entgegen. Weitere Informationen zu diesem Fall gibt es auf der Homepage des Bundeskriminalamtes, www.bka.de.
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