Jana Mantel

Haben Sie Kinder? Nein? Oder sind sie schon erwachsen? Dann können Sie ganz entspannt weiterlesen. Sie haben Kinder so im Alter zwischen vier und zwölf? Dann können Sie auch entspannt weiterlesen, denn dann sind Sie mitten im Thema. Heute geht es hier um Kindergeburtstage.

Wer denkt, dabei handele es sich um eine völlig banale Sache, liegt völlig daneben. Die Zeiten sind vorbei, in denen man mit sieben Kindern am Tisch „Mensch ärgere Dich nicht“ oder gesittet „Blinde Kuh“ gespielt hat, beziehungsweise die Kinder durch die Wohnung zum Topfschlagen oder Eierlaufen schickte.

Geburtstagsgäste zufriedenzustellen, ist heute nicht mehr ganz so leicht.
Geburtstagsgäste zufriedenzustellen, ist heute nicht mehr ganz so leicht. | Bild: evgeny atamanenko - stock.adobe.com

Mindestens ein Motto muss erkennbar auf dem Geburtstagskuchen prangen, dann hat man bei den Geburtstagsgästen unter sieben Jahren noch eine gute Chance auf einen netten Nachmittag daheim.

Angelika Wache aus Allensbach (36, zwei Kinder) findet: „Die Geburtstagsfeiern der Kinder sind schon immer recht anstrengend und die Erwartungen der Gastkinder recht hoch, aber auf der anderen Seite ist es das absolute Highlight des Kindes im Jahr!“

Es muss pädagogisch wertvoll sein

Wie man feiert, das hat sich in den letzten Jahren zunehmend verändert. Inge Bach aus Radolfzell (49), zwei Kinder, erinnert sich: „Unsere Jungengeburtstage fanden immer daheim unter einem Motto statt und ich hatte jede Menge Freude an der Vorbereitung. Heute hat man das Gefühl, dass gar nicht mehr richtig gefeiert werden kann, sondern dass alles unter einem pädagogisch wertvollen Hintergrund stehen sollte. Dabei sind die meisten Kinder doch super glücklich, wenn sie mit ihren Freunden ‚einfach nur mal‘ spielen können...“

Auch Elke Hofmann aus Singen (52), drei Kinder, denkt mit gemischten Gefühlen an die Geburtstage ihrer Kinder zurück: „Die Geburtstage der beiden Jungen im Winter fand ich immer besonders anstrengend, da war es gut, wenn eine Mutter mithalf. Etwas leichter war es mit dem Mädchengeburtstag, da konnte man zusammen auch mal nur etwas basteln. Insgesamt mag ich den Trend, überhaupt nicht außerhalb des Hauses zu feiern, aber man ist ja irgendwie auch etwas im Zugzwang.“

Rätsel und Quizfragen? Ach neee...

Den Nachmittag mit Rätseln und Quizfragen daheim zu verbringen, ist ziemlich out. Es sei denn, es handelt sich um hippe Themen wie Harry Potter. Gaby Fischer aus Stockach (48), drei Kinder: „Meine Tochter hat sich in diesem Jahr explizit eine Feier daheim gewünscht unter dem Motto: Harry Potter. Das Fest und die Vorbereitung waren zwar anstrengend, aber auch schön!“

Daniela Feil ist Erlebnispädagogin aus Konstanz. Sie bietet Kindergeburtstage an, die draußen stattfinden – mit bestem Echo.
Daniela Feil ist Erlebnispädagogin aus Konstanz. Sie bietet Kindergeburtstage an, die draußen stattfinden – mit bestem Echo. | Bild: privat

Die einst so beliebten Schatzsuchen im Wald sind inzwischen, sagen wir mal, grenzwertig. Thomas Wolf aus Konstanz (50), drei Kinder, blickt zurück: „Bei den Geburtstagen der beiden großen Kinder vor zirka zwölf Jahren hing die gesamte Geburtstagsschar an meinen Lippen und träumt wohl heute noch von Trollen, die im Wald hausen. Im vergangenen Jahr, bei der Feier der jüngsten Tochter, haben mich die Mädchen nur mitleidig angesehen und mir erklärt, dass es weder Drachen noch Trolle gibt und ob es nun endlich daheim einen Film zum Anschauen gibt.“

War einst der Ausflug zu McDonald’s oder Burger King der Höhepunkt schlechthin, scheidet diese Variante heute von vornherein aus, da politisch nicht korrekt. Längst aber haben Museen, Kreativwerkstätten, Sportcenter und Kinobetreiber die Lücke erkannt und bieten Geburtstage mit Rundumversorgung an.

Eltern können sich zurücklehnen

„Eltern buchen Kindergeburtstage auf der Mainau, weil sie sich entspannt zurücklehnen können und um nichts kümmern müssen. Wir übernehmen das Komplettprogramm, angefangen beim Versand der Einladungen über die Tischdeko und das Essen bis hin zum Erlebnisprogramm“, sagt Martina Kohl, Bankettkoordinatorin der Insel Mainau.

Ähnliches berichtet auch Lothar Pallaske von der Berolino-Kinderwelt in Steißlingen: „Bei uns im Spieleland werden sehr viele Kindergeburtstage gefeiert. Die Kinder sind ‚quengelfrei‘ beschäftigt und die Eltern haben zu Hause keine Arbeit.“

Oder doch lieber ins Museum? Bitte sehr: Franziska Weber, wissenschaftliche Volontärin beim Archäologischen Landesmuseum in Konstanz, berichtet: „Besonders beliebt bei unseren Kindergeburtstagen ist zum Beispiel die römische Modenschau. Kinder können dann selbst etwas tun und erleben ein lebendiges Museum.“

Bei Regen? Ab ins Kino!

Und wenn es regnet? Dann geht es ins Kino. Sandra Fallscheer, Assistentin der Theaterleitung beim Cinestar Konstanz, erklärt, warum: Das Ausfüllen eines Formulares genüge, zudem sei man wetterunabhängig.

Auch die Tanzschule La Danse in Konstanz ist auf den Geburtstagsfeierzug aufgesprungen. Inhaber Urs Glänzel berichtet, dass die Nachfrage nach Kindergeburtstagen steige. „Es ist bequem, man hat keinen Stress daheim und die Kinder lernen nebenbei auch noch etwas!“

Geschenke per WhatsApp

Auch Geburtstagsgeschenke wollen wohl durchdacht sein. Schließlich soll ja nicht fünfmal das gleiche Geschenk überreicht werden. Also organisiert man das am besten gleich online per Link zum Geschenkwunsch (in der WhatsApp-Gruppe), das geht schnell und spart Nerven auf allen Seiten.

Das klingt alles sehr ernüchternd, was auch die Sozialpädagogin Regina Münch bedauert. Sie ist selbst Mutter und wünscht sich, dass man wieder mehr den eigentlichen Sinn der Feier im Fokus hat. „Ich persönlich mag diese jährlichen Unterbrechungen in Routine und Alltag und genieße alle Geburtstagsfeiern. Mir persönlich macht es Freude, dem eigenen Kind mit der Geburtstagsfeier zu zeigen: Wie schön, dass du geboren bist!“

Verpflegung? Kompliziert!

Das war früher immer eine leichte Übung: eine Runde Kuchen für alle, danach Würstchen und eine Limo. Heute muss im Vorfeld abgeklärt werden, welches Kind welche Unverträglichkeit hat bzw. welches Kind welches Essen nicht so gern isst. Dann heißt es Rücksicht nehmen auf Kinder mit Allergien (meist wenige), Vegetarier (oder solche, die es an dem Tag werden wollen) und fanatische Süßigkeiten-Verweigerer (also die Eltern der Kinder).

Am besten reicht man zum spartanischen Mahl einfach nur Leitungswasser, dann läuft man nicht Gefahr, sich von übereifrigen Eltern beim Abholen Vorträge zum Thema Zahnpflege anhören zu müssen.

Nicht zu vergessen sind auch die Gastgeschenke. Längst genügt es nicht mehr, am Ende der Feier jedem eine Tüte Gummibärchen in die Hand zu drücken. Die Kleinigkeiten sollten bitteschön passend zum Event rechtzeitig im Vorfeld ausgewählt werden. Das heißt, ein Karabinerhaken nach einem Kletterausflug muss schon drin sein…

Alternative: draußen feiern

Am Ende eines solchen Tages fallen nicht nur die eingeladenen Kinder nebst Geburtstagskind halbtot ins Bett, sondern auch die Eltern. Diese Lücke hat die Umwelt- und Erlebnispädagogin Daniela Feil (48) aus Konstanz erkannt: „Berufstätige Eltern haben immer seltener Zeit, die Geburtstage ihrer Kinder vorzubereiten, und nehmen gerne außerhäusige Angebote wahr. Als ich von Kindern hörte, dass doch ein gemeinsames Erlebnis am Geburtstag schöner wäre als Kino oder Bowlen, wurde ich hellhörig.“

Sie fing an, Geburtstage anzubieten, die bei Wind und Wetter draußen stattfinden und erlebt seitdem begeisterte Kinder, die Speere schnitzen, Mammuts jagen oder Stockbrot mit Wildkräuterbutter machen. Natürlich werden die Themen den Wünschen der Kinder angepasst, aber es geht immer um gemeinsame und kreative Erlebnisse in der Natur. „Ich staune immer wieder, was alles entstehen kann, wenn man Kindern diesen Raum und eine liebevoll vorbereitete Umgebung gibt“, so Feil.