Im Skitourismus hatte die Coronapandemie vor zwei Jahren ihren ersten großen Schub erhalten. Unvergessen ist, wie tausende Touristen damals Hals über Kopf aus Ischgl in Tirol abreisen mussten. Umso größere Aufmerksamkeit gilt in diesem Winter den Wintersport-Destinationen: Wie sicher fühlt man sich in Gondeln und an Ticketschaltern? SÜDKURIER-Redakteure berichten von ihren Erfahrungen aus den vergangenen Wochen.
Walther Rosenberger, Lenzerheide/Arosa, Schweiz
Traditionell nutze ich die Vorsaison-Preise im Advent, um mit meinen alten Freunden ein Skiwochenende in den Alpen zu verbringen. Weihnachten 2021 dachten wohl viele so wie wir. Jedenfalls ist es in der Verbindungsgondel zwischen den Schweizer Skigebieten Lenzerheide und Arosa an diesem Wochenende brechend voll. Wohl um die Hundert Leute drängen sich in die Gondel. Eine coronabedingte Begrenzung der Fahrgastzahlen gibt es nicht. Und auf die Maskenpflicht pfeifen einige Eidgenossen.
Mitten in der Menschenmenge stehen manche, für die der Skiwinter wohl ein ganz normaler ist. Maske? Fehlanzeige! Andere haben locker ihren Kragen hochgeklappt oder einen Schal über die Nase geschwungen. Da freut sich das Virus.
Ob es sich von der vor der Seilbahn platzierten Hinweistafel mit der Aufschrift „Maskenpflicht“ abhalten lässt, scheint zweifelhaft. Ich bin jedenfalls froh, tatsächlich die FFP2-Maske eingepackt zu haben. Auch später in der Pizzeria beim Abendessen ist der Laden brechend voll. Immerhin fragt der Kellner nach dem Impfausweis, allerdings so flüchtig, dass es wohl gereicht hätte, ihm die neueste Tetris-App hinzuhalten, um ihn zu überlisten. Der Eindruck bleibt: Skifahren in der Schweiz ist ein Risiko, aber weniger aus sportlicher Sicht.
Verena Wehrle, Schwarzwald
Als ich am 9. Dezember das erste Mal auf der Piste auf meinem heimischen Feldberg stehe, ist die Sicht wegen starken Nebels oben auf dem Gipfel zwar gleich Null, aber das Erlebnis trotzdem wunderbar. Es ist nicht zu viel los: kein Anstehen an den Liften, viel Platz auf den Pisten. Der allergrößte Teil der Skifahrer hält sich an die Maskenpflicht.
Zehn Tage später sieht die Sicht von oben um einiges besser aus: Wir haben Alpensicht, Sonnenschein, dafür aber nicht mehr ganz so gute Schneeverhältnisse. Doch wir genießen die Bewegung an der frischen Luft. Der Betrieb gerade noch angenehm.

Ein ganz anderes Bild erlebe ich am 7. Januar – Ferienzeit. Ewig lange Schlange an der Kasse. Obwohl man die Tickets zuvor online buchen muss, muss ich das Test-Zertifikat meines Sohnes vorzeigen und die Tickets an der Kasse freischalten lassen. Wir warten und warten. Eine Stunde unserer Vormittagskarte geht dafür verloren. Es ist extrem viel los. Als Einheimische fahre ich doch lieber nur auf dem Feldberg Ski, wenn keine Ferien sind.
Eberhard Stadler, Arlberg, Österreich:
Das Anstehen am Kassenhäuschen dauert über eine Stunde. Am Einstieg ins größte zusammenhängende Skigebiet Österreichs sind an der Talstation Alpe Rauz an einem Sonntag gerade mal zwei Kassen besetzt. Es bilden sich lange Schlangen, denn das Personal muss nicht nur die Liftpässe ausstellen, sondern auch jeden Impfstatus kontrollieren. Hat man diese Eintritts-Hürde ins Skigebiet genommen, kann man sich frei bewegen. Bei der Nutzung der Bergbahnen gilt die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske. Fast alle halten sich daran.
Während man sich in Sesselliften sicher fühlt, beschleicht manchen Wintersportler vor allem in den großen Kabinenbahnen ein unbehagliches Gefühl. Die Österreicher pressen die Kabinen voll wie eh und je. Wer gemeinsam mit 100 anderen schwitzenden Skifahrern wie die Heringe in Büchse zusammengepfercht den Berg hinauf befördert wird, fragt sich schon, warum die Kapazität nicht reduziert wird.
Stefan Lutz, 4 Vallées, Schweiz
Meine Familie und mich hält es im Winter an freien Tagen nur selten am See, wir düsen leidenschaftlich gerne in die Berge, um Ski zu fahren. Anfang Januar verbrachten wir einen Kurzurlaub in der französischen Schweiz im 4 Vallées rund um Veysonnaz, Nendaz und Verbier. Und wer ein Gefühl dafür haben möchte, dass es Corona gar nicht gibt, der ist hier genau richtig. Die Schlüssel für unsere Unterkunft bekamen wir ohne Blick auf unsere Impfzertifikate ausgehändigt, die Liftkarten ohne Nachfrage nach unserem Impfschutz überreicht.
An den Liften galt die Maskenpflicht und manchmal wurde auch sehr dezent darauf hingewiesen. Wer sich allerdings nicht daran hielt, erntete bloß ein Kopfschütteln des Personals. Ich hätte mich gefreut, wenn die Maskenmuffel beherzt aus der Schlange herausgezogen worden wären.
Immerhin gab‘s an manchen Hütten eine ordentliche Nachfrage nach Impfzertifikat und Ausweis, sicherer war es aber draußen mit eigenem Vesperbrot.
Andreas Gerber, Ischgl, Österreich
Zu Beginn der Coronakrise ging Ischgl als Superspreader in die Geschichte dieser Pandemie ein. Inzwischen hat sich der Umgang mit Corona komplett geändert. Auf den Liften und in den Gasthäusern gilt 2G-plus. Und es wird strikt kontrolliert. Bereits die Dame an der Liftkasse ist wenig entgegenkommend, als sich die Suche nach dem Impfnachweis in die Länge zieht. Ihre Kollegen an den Liften sind nicht minder streng. Jedem, der ohne Maske durchs Drehkreuz kommt, wird bedeutet: Mundschutz aufsetzen!
Bei einem Abstecher ins benachbarte Samnaun wird der Unterschied deutlich. Am Idjoch betreten wir die Schweiz – in Sachen Infektionsschutz eine andere Welt. Ab hier fragt keiner mehr nach Impfstatus, keinen interessiert die Maske.
Am Abend ist in Ischgl ein Tisch beim Salner reserviert. Alle haben den Impfnachweis mit, nur eine nicht. Die Wirtin kennt keine Gnade: Ausweis holen! Das ist Ischgl zwei Jahre nach Pandemieausbruch.
Folgende Regeln gelten zurzeit auf den Skipisten:
Johannes Bruggaier, Hasliberg, Schweiz
„Dä het aber no Platz!“ Mit dem Ruf erscheint ein Skischuh in der fast schon geschlossenen Tür, kurz darauf zwängt sich ein Hüne in die vollbesetzte Gondel. Seine rechte Hand stemmt brachial den Türflügel wieder auf, die andere winkt eifrig zu Frau und Kindern: „Chömmed! Dä het no Platz!“
Und dann sitzt er auch schon neben dir, schwer atmend, schwitzend, hustend bei all dem Stress. Die Finger nesteln unterm Kinn an einem dünnen Stoff herum, mehr Tuch als Schal, es will sich nicht recht über Mund und Nase spannen. Macht auch nichts: „Da häsch dei Schoggi!“, spricht die Ehefrau und hält ihm einen Schokoriegel entgegen. „Merci, das isch guat jitz!“, ächzt der hustende Hüne und beißt genüsslich vom Riegel ab. Maske? Egal.

Wer in Hasliberg Ski fährt, braucht entweder eine Booster-Impfung oder starke Nerven. Am besten beides zugleich. In Sesselliften zwängt man sich ganz ungezwungen nebeneinander, eine Impfpflicht gibt es nicht. Eine Frau, die durch Tragen einer medizinischen Schutzmaske auffällt, beeilt sich zu entschuldigen: „Ich han des nur wäga der chalte Wind!“
Stefan Hilser, Silvretta-Montafon, Österreich
Die Regeln für Österreich klingen komplizierter und restriktiver als sie sind. Tatsächlich gibt es an der Grenze strengere Regeln als im Skigebiet. Dort angekommen, darf man sich sicher fühlen und genießt viel mehr Platz als in normalen Jahren. Zudem ist die Musi still, kein Remmidemmi an der Schneebar.
Die Gondeln sind auch bei schönem Wetter viel leerer als in früheren Jahren, und wenn man anderen Skifahrern näher kommt, erfolgt dies mit Respekt und nach meiner Beobachtung so, dass jeder brav die Maske trägt.
Meine Erfahrung aus drei Skitagen im Gebiet Silvretta-Montafon um den Jahreswechsel herum: An allen diesen Tagen war es bei etwa jeder dritten Bergfahrt möglich, eine Gondel, die sonst für acht Personen gedacht ist, für sich alleine zu ergattern. Das ermöglicht es, während der Bergfahrt durchzuschnaufen und ein Vesper zu essen. Der Apfelstrudel auf der Wormserhütte in Schruns ist und bleibt auch in der Pandemie der weltbeste.