Es sind bange Momente auf dem Seerhein: Am Samstag, 9. August, gerät ein Boot durch den Wellengang in Seenot. Für Augenzeugen ist nicht sofort ersichtlich, wie gefährlich die Situation ist. Und alles passiert dann sehr schnell. Ein paar Menschen, die vor Ort waren, haben uns ihre Eindrücke geschildert.

Bernd Ützenhöfer ist Feuerwehrmann aus Berlin und am vergangenen Wochenende mit ein paar Kollegen für einen Austausch in Konstanz. Zum Zeitpunkt des Unglücks haben er und seine Berliner Kollegen gerade etwas Freizeit. „Bei dem schönen Wetter mussten wir einmal im Rhein schwimmen“, erzählt er dem SÜDKURIER am Telefon.

Während sie sich gerade am Holzstämmen am Seebad festhalten, bemerken sie, dass das Boot ins Straucheln gerät. „Wir haben das erst mal ein als unspektakulär abgetan“, berichtet Ützenhöfer. Schließlich sei der Wellengang durch größere Schiffe normal.

„Ich muss jetzt handeln“, beschreibt Bernd Ützenhöfer von der Berliner Feuerwehr seine Gedanken, als er das Boot kentern sieht.
„Ich muss jetzt handeln“, beschreibt Bernd Ützenhöfer von der Berliner Feuerwehr seine Gedanken, als er das Boot kentern sieht. | Bild: Bernd Ützenhöfer

Feuerwehrmann handelt

Doch dann bemerkt der Berliner, der ursprünglich aus Sigmaringen kommt, dass der Mann auf dem Boot versucht, Wasser aus dem Boot zu schöpfen und er sieht, dass ein Teil des Bootes unter Wasser kommt. Der Berufsfeuerwehrmann begreift die Notlage und er fasst einen Entschluss. „Ich muss jetzt handeln“, geht Ützenhöfer durch den Kopf. Da er und seine Kollegen im Wasser waren, konnten sie keinen Notruf absetzen. Also schwimmt er sofort los.

„Ich war selbst erstaunt, wie schnell ich dort war“, berichtet er. Doch das Ganze geht so schnell, dass das Boot schon umgekippt ist, als er bei den Menschen in Seenot ankommt. Seine erste Mission ist, zu klären, ob sich noch Personen im Boot unter Wasser befinden.

Zwei Retter der DLRG (in den gelben T-Shirts) und Bernd Ützenhöfer (mit dem Rücken zur Kamera) ziehen die Verunglückten aus dem Wasser.
Zwei Retter der DLRG (in den gelben T-Shirts) und Bernd Ützenhöfer (mit dem Rücken zur Kamera) ziehen die Verunglückten aus dem Wasser. | Bild: Johannes Zinsmayer

Zuerst Leben retten

Doch dazu muss er die Familie zuerst beruhigen. „Wir müssen erst mal schauen, ob alle raus sind“, erklärt der Feuerwehrmann sein Vorgehen. Dinge seien schließlich ersetzbar. Zum Glück befindet sich niemand mehr unter der Wasseroberfläche. Der ältere Sohn sitzt bereits auf dem Boot und auch die anderen Familienmitglieder kann Ützenhöfer sehen.

Das ganze Geschehen spielt sich innerhalb von Sekunden ab. Im nächsten Moment trifft bereits ein Boot der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) ein, um die Gekenterten in Sicherheit zu bringen. „Ein anderes Boot hatte wohl schon den Notruf abgesetzt“, schätzt Bernd Ützenhöfer.

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„Ich wusste sofort, dass er kentert“

Auch eine andere Augenzeugin bestätigt dem SÜDKURIER, wie schnell die DLRG vor Ort war. Annette Frielitz aus Stuttgart ist für das Seenachtfest in Konstanz zu Gast. Sie sitzt mit einer Freundin am Rheinstrandbad und beobachtet die Situation. „Wir waren fasziniert vom Wellengang“, erinnert sie sich im Telefonat mit dem SÜDKURIER.

Als sie ein Foto machen will, wie sich die Boote an diesem Tag über den Seerhein bewegen, fällt ihr auf, dass ein kleineres Motorboot Probleme durch die Wellen hat. Als sie bemerkt, dass Wasser ins Innere gelangt, ist ihr klar, was passiert. „Ich bin selbst Tauchlehrerin“, erzählt Frielitz. „Da hab ich sofort gewusst, dass er kentert“, schildert sie weiter.

Das Boot geht innerhalb von Sekunden unter Video: Annette Frielitz

Viel Lob für die DLRG-Kräfte

Mit ihrem Handy hält sie diesen Moment in einem Video fest. „Sensationell, dass die DLRG innerhalb von Sekunden dort war“, sagt die Stuttgarterin. „Wahrscheinlich ging das nur, weil die bereits auf dem Wasser waren“, vermutet sie.

Die DLRG-Einsatzkräfte sind zu diesem Zeitpunkt zufällig an der Alten Rheinbrücke, als sie von einem anderen Boot auf die Situation aufmerksam gemacht werden, berichtet Marc Hagen, Einsatzabschnittsleiter der DLRG. „Als wir ankamen, war das Boot schon halb unter Wasser“, erklärt er. Sofort steht fest, dass jetzt die Personenrettung eingeleitet werden muss.

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Dabei gilt es zuerst die Kinder an Bord zu holen, dann die Erwachsenen, macht Hagen deutlich. Zivilpersonen schirmen die Rettungsaktion mit ihrem Boot zusätzlich ab. „Das war Glück“, sagt Marc Hagen. „Das hätte auch ganz anders ausgehen können.“

Feuerwehrmann hilft bei der Rettung

Während die Wasserretter den Vater und die jüngeren Kinder auf das Boot holen, kümmert sich der Feuerwehrmann Bernd Ützenhöfer um die Mutter und das ältere Kind. Sechs Personen waren auf dem Motorboot unterwegs, bevor dieses kenterte. Nun hält sich ein Teil der Familie an der Unterseite fest. Das Boot treibt kieloben den Seerhein hinab.

Die Leistung der Retter sei super, macht auch der Berliner deutlich. Die DLRG, die ihn nach dem Einsatz wieder am Rheinstrandbad absetzt, habe sich bei ihm für sein beherztes Eingreifen bedankt. Dennoch habe er nicht leichtsinnig in dieser Situation agiert. „Wahrscheinlich auch durch meinen beruflichen Blick“, erklärt der leidenschaftliche Feuerwehrmann, der auch auf Instagram einen erfolgreichen Kanal über seine Tätigkeit betreibt.

Kein ungefährlicher Einsatz

„Als normaler Beobachter hätte ich mich nicht zwingend dahinbewegt“, sagt er wenige Tage nach dem Vorfall. Denn die Strömung sei deutlich stärker gewesen, als er vorher angenommen hatte. „Das war sportlich“, so seine Einschätzung. Doch er musste etwas tun. „Mir ist egal, wer da drauf ist“, meint Ützenhöfer.

Inzwischen ist der Feuerwehrmann zurück in Berlin und dort im Dienst. Dieser spontane Einsatz wird ihm aber wohl noch in Erinnerung bleiben. Und nicht nur ihm. „Die Mutter hatte mir noch gesagt, dass es ihr Geburtstag ist“, berichtet Ützenhöfer.