Weniger Auto fahren und umweltfreundlicher heizen: Das sind zwei der großen Veränderungen, die auf die Bürgerinnen und Bürger der Klimanotstand-Stadt zukommen werden – aber sie können sich darauf verlassen, dabei nicht allein gelassen zu werden. Die Stadt hält am Klimaschutz-Kurs fest, aber in der Verwaltung und im Gemeinderat ist wohl allen klar, dass das alles andere als von selbst geht. Nicht zuletzt hat das die jüngste Befragung der Bürgerinnen und Bürger gezeigt. Die Zustimmung der Klimaschutz-Maßnahmen liegt danach zwar immer noch bei rund 80 Prozent der Befragten – aber sie ist auch um zehn Prozentpunkte zurückgegangen.

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Und die Skepsis wird auch im Gemeinderat größer, wie sich bei der Debatte um den aktuellen Klimaschutzbericht zeigt. Ein unausgesprochenes „Schaffen wir das?“ liegt im Ratssaal, immerhin hat sich die Stadt das Ziel gegeben, bis 2035 weitgehend klimaneutral zu sein. Das bedeutet unter anderem: In zehn Jahren sollen zwei Drittel der Autos elektrisch fahren und die Busflotte komplett, die Heizung der öffentlichen wie auch privaten Gebäude soll weitgehend ohne Öl und Gas erfolgen, bei der Ernährung wird Fleisch wohl eine geringere Rolle spielen.

Am grundsätzlichen Ziel aber, auch das zeigt sich deutlich, gibt es weiterhin großen Konsens unter den Bürgervertretern. Ihnen werden aber in Zukunft Entscheidungen abverlangt, die nicht überall auf Gegenliebe stoßen dürften. Das zeigt sich, als Philipp Baumgartner einige wichtige Handlungsfelder aufzeigt. Er ist Leiter des städtischen Amts für Klimaschutz und wird in der Debatte erst mal kalt erwischt: FDP-Stadtrat Achim Schächtle fordert die Auflösung des Amts und schlägt vor, die Verantwortung für den Klimaschutz in die Fachämter zu verlagern.

Er erklärt es so: „Nicht die Mitarbeiter sind das Problem, sondern die Kompetenzen, die dem Amt eingeräumt werden.“ Kurz herrscht Verblüffung bis Empörung, doch dann reagiert Baumgartner geschickt und sieht den Vorstoß als „verstecktes Kompliment, dass wir noch mehr zu sagen haben sollten.“ So sieht es auch eine Mehrheit im Rat, der Antrag auf Auflösung des Klimaschutzamtes kommt vorerst wohl nicht ernsthaft auf den Tisch. Stattdessen geht es um konkrete Arbeit. Und was da ansteht, macht Baumgartner sehr deutlich. Was kommt also auf die Konstanzerinnen und Konstanzer zu?

  • Autofahren wird weniger bequem und teurer: Nach der fast flächendeckenden Einführung von Tempo 30 oder Tempo 40 – das freilich für den Lärm- und nicht den Klimaschutz – geht es jetzt an Parken. Die Verwaltung will das kostenlose Parken in weiteren Quartieren abschaffen. Bewohner müssen dann eine Gebühr zahlen. Für Gäste soll die Parkgebühr pro Stunde steigen. Auch wenn der Gemeinderat das erst im Frühjahr mit knapper Mehrheit abgelehnt hat, wird das Thema zurückkommen. Und auch der Umbau des Stephansplatzes mit Entfall der Parkplätze dort scheint immer noch mehrheitsfähig im Gemeinderat.
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  • Der Verbrenner wird zurückgedrängt: Schon jetzt werden normale Parkplätze in Ladestationen für E-Autos umgewandelt. Die CDU sieht hier die Gefahr eines Überangebots, aber die Ziele sind ehrgeizig. Nach der Debatte um die E-Zone in der Innenstadt wird es nun auch um Ladepunkte in den Wohnquartieren gehen. Und dass die Stadtwerke noch einmal Diesel-Busse kaufen, obwohl dieses deutlich billiger sind als E-Modelle, scheint fast unmöglich.
  • Auch auf dem See soll Strom der Antrieb sein: Das Thema E-Fähre ist noch nicht vom Tisch, aber der Umstieg wird teuer. Denn im Moment ist es so, dass Diesel durch die staatlichen Subventionen für die Binnenschifffahrt konkurrenzlos billig ist, während für Strom alle Steuern bezahlt werden müssen. „Das ist ein kompletter Fehlanreiz für die Antriebswende“, so Klimaschutz-Chef Baumgartner. Er hofft aber auf Gesetzesänderungen, und Oberbürgermeister Uli Burchardt will sich auch bei den Abgeordneten weiter darum bemühen. Denn: Das sei „einer der größten CO2-Hebel, die wir überhaupt haben“.
  • Jede und jeder sollte über das Thema Heizen nachdenken: Ab etwa 2040, so Burchardt, wird kein Gas mehr an die Haushalte geliefert. Einige große Nahwärme-Netze sollen entstehen, die Kosten werden inzwischen auf 550 Millionen Euro geschätzt. Das schaffen die Stadtwerke nur mit Partnern, und die erste abgeschlossene Partnerschaft mit einem Privatunternehmen für das Wärmenetz bei der Therme stößt laut Baumgartner auf großes Interesse bei anderen Städten. Doch bei weitem nicht überall kann die Wärme ins Haus geliefert werden. Dezentrale Wärmepumpen scheinen derzeit die beste Lösung zu sein.
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  • Politik und Verwaltung wollen es gemeinsam mit den Bürgern schaffen: Klimaschutz geht nicht ohne viele Gespräche und nicht ohne Überzeugungsarbeit, das ist weitgehend Konsens. Doch wie gelingt es, auch Kritiker und Skeptiker zu erreichen und nicht immer nur zu denen zu sprechen, die ohnehin schon überzeugt oder zumindest willig sind? Darin sehen Politik und Verwaltung eine weithin ungelöste Aufgabe – die sie für umso drängender halten, weil in Konstanz mangels industrieller Groß-Energieverbraucher der Hebel vor allem bei den privaten Haushalten und kleineren Betrieben liege. Auch wenn das 140.000 Euro teure Kommunikationspaket für den Klimaschutz wegen der Haushaltssperre auf Eis liegt, wird es hier Ressourcen brauchen.
  • In der Bevölkerung gehen die Meinungen immer weiter auseinander: Auf der einen Seite liegt Konstanz hinter den Klimaschutz-Zielen inzwischen 30 Prozent zurück, und die Schere zwischen Ist und Soll geht jeden Tag weiter auf, das zeigen die Zahlen. Auf der anderen Seite weiß nicht nur Philipp Baumgartner: Er sei sich „bewusst, dass das Wort Klimaschutz polarisiert“ – und zwar nicht nur jene, die sich in Sachen Mobilität oder Heizen bevormundet fühlen.
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Richard Bartscher vom For-Future-Bündnis Konstanz stellt in der Bürgerfragestunde die Frage, wie es mit dem Klimaschutz weitergehe. Zwar heiße es im Rat immer wieder einstimmig, dass etwas getan werden müsse, doch bei konkreten Maßnahmen werde zu oft parteipolitisch gedacht, kritisiert er. „Es geht nicht um ein einzelnes Unternehmen, das hier auf der Kippe steht, sondern die ganze Menschheit steht auf der Kippe“, so Bartscher. OB Burchardt antwortet darauf: Ja, manchen gehe es zu langsam, aber es „gibt tausend Gründe, warum es nicht schneller geht“, so der OB. Für ihn liege der Fokus auf Wämenetzen. Sind sie erst einmal gebaut und Haushalte angeschlossen, wirke ein sehr großer Hebel.